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Anwalt: Giftstoffe im Technischen Rathaus

Rechtsanwalt Holger Rostek und Architektin Regine Töberich erheben schwere Vorwürfe gegen die Stadt. Mitarbeiter seien in Gefahr.

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Von Bettina Klemm

Mindestens sechs Tote und 15 Menschen, die an Krebs oder neurotoxischen Erkrankungen leiden, die Bilanz sei erschreckend. Das Technische Rathaus in der Hamburger Straße sei hochgradig mit Schadstoffen belastet, der Brandschutz fehle. Diese Vorwürfe haben gestern Rechtsanwalt Holger Rostek und die Dresdner Architektin Regine Töberich erhoben.

„Die Stadtverwaltung leugnet die akute Gefahr. Es wurden auch nach meiner Strafanzeige keine Sofortmaßnahmen eingeleitet, und es gibt massive Einschüchterungsversuche“, sagte der Bielefelder Anwalt. So habe Verwaltungsbürgermeister Winfried Lehmann stets auf Luftgutachten verwiesen, nach denen keine Gefahr für die Mitarbeiter bestehe. In einem Brief vom 19. März 2008 hatte er aber vor einer Verlängerung des Mietvertrages gewarnt. „Es ist bekannt, dass die Grundbausubstanz durch Chemikalienanwendung bis in den Beton hinein kontaminiert ist“, schrieb er damals.

Fehlender Brandschutz

Anhand von Fotos und Dokumenten legte Regine Töberich dar, was nach ihren Recherchen im Argen liegt. Beim Brandschutzgutachten von 2007 seien die Decken des mehr als hundert Jahre alten Hauses nicht untersucht worden. Die Tragkonstruktion erfülle keine Feuerwiderstandsklasse. „Im schlimmsten Fall würde das Gebäude innerhalb von 15 Minuten zusammenbrechen“, sagte Töberich.

Gifte im Mauerwerk

Vor der Sanierung haben Gutachter 49 Proben genommen. Alle waren hochgradig belastet. Mehr als hundert Giftstoffe seien in dem Gebäude vor der Sanierung festgestellt worden. Darunter Trichlorethen und Nickel in einer sechs- bis siebenfachen Konzentration über dem sogenannten C-Wert, der ein sofortiges Handeln erfordere. Zudem sei das Erdreich unter dem Technischen Rathaus hochgradig belastet. Töberich belegt anhand von Bohrkernen, dass die Sanierung nicht vorschriftsmäßig erfolgt sein muss. In dem Metallbetrieb gab es früher Triwäsche, Beizen und Galvanik, bei denen mit Giften gearbeitet wurde. Möglicherweise ist das auch ein Grund, warum sich die Krankheitsfälle auf wenige Bereiche konzentrieren. So seien in einer Abteilung im Haus X acht von 32 Mitarbeitern erkrankt. Gestern sprachen zwei Mitarbeiterinnen und die Witwe eines Amtsleiters von den Erkrankungen (SZ vom 10. September). Aber sie wollen ihre Namen nicht veröffentlicht wissen.

Kein Sanierungsnachweis

Ob das Rathaus 1992 ordnungsgemäß als Verwaltungsgebäude übergeben wurde, ist fraglich. Auf Anfrage der SZ wolle die Verwaltung jetzt nach den entsprechenden Akten in den Archiven forschen, bestätigt Rathaussprecher Kai Schulz. Die Stadt sagt, dass es keine Gefahr für die Gesundheit gibt. Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft liegen noch nicht vor.