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Meisterstück mit Tiefgang: Wie ein offenes Buch

Die Bremer Raumausstatterin Emma Dannhäuser kam für ihre Meisterausbildung nach Dresden in njumii - das Bildungszentrum des Handwerks. Aus ihrem Meisterstück lässt sich lesen: Hier verbindet sie Handwerk und einen kritischen Blick auf die Gesellschaft.

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Emma Dannhäuser in ihrer "Koje", wie der Raumausschnitt für die Prüfungsarbeiten der Raumausstattermeister genannt wird. Im Boden eingelassene Intarsien lassen auf ein geöffnetes Buch schließen.
Emma Dannhäuser in ihrer "Koje", wie der Raumausschnitt für die Prüfungsarbeiten der Raumausstattermeister genannt wird. Im Boden eingelassene Intarsien lassen auf ein geöffnetes Buch schließen. © Foto: Handwerkskammer Dresden/Cynthia Meißner

Ein gemütlicher Sessel, bodenlange Vorhänge, ein weicher Teppich – dazu jede Menge Bücher im Regal und auf dem Beistelltisch sowie Bilder an der Wand. Nicht irgendwelche Bücher und nicht irgendwelche Bilder. Eines zeigt zum Beispiel die deutsche Frauenrechtlerin Louise Otto-Peters. Keine Frage, wer die sogenannte Koje – das Meisterstück der frischgebackenen Raumausstattermeisterin Emma Dannhäuser – sieht, merkt schnell: Hier steckt mehr dahinter.

Und genau das war auch die Absicht. „Das Meisterstück sollte so gestaltet werden, dass wir uns damit identifizieren können. Wir sollten also eine Thematik wählen, welche uns interessiert und inspiriert, um möglichst viel Leidenschaft für das Projekt an den Tag zu legen. Das habe ich gemacht“, erzählt Emma Dannhäuser. Das Thema Feminismus beschäftigt sie schon lange und das nicht nur theoretisch. Als junge Frau, die nicht nur einen Handwerksberuf erlernt hat, sondern schnell auch Meisterin ihres Faches werden wollte, sei sie schon öfter anders behandelt worden als männliche Kollegen. Und auch das Vorurteil, im Handwerk ginge es vor allem um eher einfache Tätigkeiten, die ohne viel Komplexität und Reflexion auskommen, ist Emma Dannhäuser schon mehr als einmal begegnet.

Kurs-Teilnehmer aus ganz Deutschland

Ihre Antwort heißt „Jenseits des Frauenzimmers – Ein geöffnetes Buch als Zugang zur Historie der Frau" und ist ein Meisterstück, das vielschichtig ist, mit Ebenen spielt und den Aspekt des entspannten Leseabends im bequemen Sessel mit gesellschaftlich und politisch hochaktuellen Inhalten verbindet. Entstanden ist es als Prüfungsprojekt nach dem Meisterkurs in njumii - das Bildungszentrum des Handwerks. Für den fünfmonatigen Vollzeit-Kurs reiste die Bremerin gern in die sächsische Landeshauptstadt. „Ich bin nach Dresden gegangen, um neue Erfahrungen zu machen“, erzählt sie und war nicht die einzige Meisterschülerin, die dafür einen weiten Weg zurückgelegt hat. Am jüngsten Kurs nahmen auch Raumausstatter aus Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Brandenburg und Schleswig-Holstein teil.

Die Bandbreite der Meisterstücke reichte vom Strandkorb über den Showroom im Weltall bis zum Zirkuszelt oder eben zum „Frauenzimmer“. Herzstück der Prüfungskoje - wie der Raumausschnitt heißt, den die Prüflinge gestalten müssen - war jeweils ein klassisches gepolstertes Sitzmöbel. Hier liegt ein Schwerpunkt der Ausbildung in der Meisterschule in Dresden. Außerdem mussten die Absolventen zeigen, dass sie mit Wandbespannungen, Bodenbelägen, Intarsien und Dekoration umzugehen wissen. Das alles setzte Emma Dannhäuser als geöffnetes Buch um: Ihre Vorhänge sowie die Intarsien im Teppichboden ließen auf geöffnete Buchseiten schließen.

Herausfordernd bis zum Schluss

Die Werkstätten in njumii boten dafür beste Bedingungen. Die Umsetzung des anspruchsvollen Meisterthemas von Emma Dannhäuser war trotzdem nicht so einfach. Feminismus ist vielschichtig. Nach langem Überlegen stand die Idee eines Lesezimmers. Doch wie stellt man die Frauenbewegung auf drei Quadratmetern dar? Die angehende Handwerksmeisterin musste einen Fokus setzen. Sie entschied sich für das Thema Bildung und legte den Schwerpunkt dabei auf die drei historisch bedeutsamen Frauenrechtlerinnen Louise Otto-Peters, Anita Augspurg und Helene Stöcker. „Es gab viele Tage an denen ich verzweifelt war, weil das Thema viel zu groß ist und nicht wirklich zu fassen war“, erinnert sich Emma Dannhäuser. Doch sie stellte sich der Herausforderung – und das buchstäblich bis ganz zum Schluss. „Die praktische Prüfung hat schweißtreibende sechseinhalb Tage gedauert und die Zeit habe ich auch bis auf die letzte Minute genutzt, um meinen Entwurf umzusetzen.“

Pläne für die Zukunft

Das ist der 25-Jährigen gelungen. Inzwischen hat sie viel positive Resonanz für ihr Meisterstück bekommen, zum Beispiel für die besondere Raumaufteilung und das Spiel mit den Perspektiven. Nicht immer sei allerdings der inhaltliche Aspekt so deutlich wahrgenommen worden, wie es sich Emma Dannhäuser gewünscht hätte. Ein hochkomplexes und historisch wie aktuell vielschichtiges Thema mit handwerklicher Präzision verbunden zu haben, war trotzdem eine ganz besondere Erfahrung für die junge Frau. Zurück in ihrer Heimat will sie nun erst einmal in ihrem Beruf weiterarbeiten, später vielleicht noch ein Studium in Sozialer Arbeit dranhängen. So ließen sich die Liebe zum Handwerk und das Interesse für gesellschaftliche Fragen noch intensiver verbinden.

Kontakt und weitere Informationen:

njumii – Das Bildungszentrum des Handwerks
Handwerkskammer Dresden

Am Lagerplatz 8
01099 Dresden

Axel Heymann

Tel. 0351-4640212
Mail [email protected]

Der nächste Meisterkurs beginnt am 22. Januar 2024.

Hier gelangen Sie zur Unternehmenswelt von njumii - das Bildungszentrum des Handwerks.