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Gefälschte Banknoten kamen aus der Reichsdruckerei

Der Fall Grünenthal beschäftigte 1898 nicht nur die Justiz im Kaiserreich Deutschland, sondern auch den Reichstag. Eine Geschichte.

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Disclaimer: Bei diesem Artikel handelt es sich um ein Advertorial ohne journalistisch-redaktionellen Inhalt von sächsische.de. Für den Inhalt ist allein der Anbieter verantwortlich.

Gleich Anfang März 1898 verhaftete man den ehemaligen Oberfaktor (Werkmeister, Betriebsleiter) der Reichsdruckerei mit dem bürgerlichen Namen Grünenthal in Berlin.

Was war geschehen?

In der vergangenen Zeit waren immer wieder „etwas merkwürdig“ aussehende Reichsbanknoten zu 100 Mark (Ros. Nr. 15) und 1000 Mark (Ros. Nr. 16) an den Zahlstellen und Kassen im Reichsgebiet angehalten worden. Irgendwas stimmte mit den Geldscheinen nicht und hinzugezogene Experten waren sich bald einig, dass es sich bei den aussortierten Scheinen um solche handelt, deren Druck und deren Papier echt ist. Das Augenmerk richtete sich mehr auf die aufgedruckte Kontrollnummer nebst Serienbuchstaben, denn diese waren unzweifelhaft falsch. Nachträglich hatte man die Buchstaben und Zahlen zum Teil mit einer Handpresse und zum Teil mit einem Handstempel aufgetragen. Eine verzwickte Situation war entstanden, denn die Banknoten waren echt und auch wieder falsch. Vorerst war man ratlos und begann mit verdeckten Ermittlungen im Umfeld der Angestellten in der Reichsdruckerei, welche damals noch der Reichspost unterstand. Fakt war, hier konnte es nur eine Lücke in den gut gesicherten Arbeitsgängen und Vorschriften bei der Herstellung von Banknoten gegeben haben, die hier schamlos ausgenutzt wurde. Man legte sich auf die Lauer, überprüfte peinlichst die bisherigen Sicherheitsbestimmungen, man konnte allerdings vorerst nichts Verdächtiges finden. Ab und zu tauchten erneut echte Hunderter und Tausender mit falscher Kontrollnummer und Serienbuchstaben auf, doch gab es keinen Täter dazu, nicht einmal einen Verdächtigen. Mit der Zeit war man sich aber einig, dass es einem oder sogar mehreren Tätern gelungen war, sich fast fertige Banknoten anzueignen und aus der Reichsdruckerei zu schaffen. Aber wie und zu welchem Zeitpunkt der Herstellung?

Wie viele falsche Geldscheine sind es?

Eine weitere wichtige Frage beschäftigte fieberhaft die Ermittler. Wie groß war der Schaden und wieviele Geldscheine konnten vom Täter beiseitegeschafft und in geschickter Heimarbeit, mit den noch fehlenden Kontrollnummern vollendet werden? Die peinlichst geführten Kontrollbücher, welche die einzelnen Arbeitsschritte mehrfach überwachten, stimmten genau. Auch hier glaubte man vorerst keinen Anhaltspunkt zu haben. Mit der Zeit kamen dann immer mehr Gerüchte in der Bevölkerung von falschen Banknoten auf, die im Umlauf angetroffen wurden. Die Presse war schon damals auf solche Gerüchte begierig und berichtete in den Zeitungen über das Auftauchen von angeblich falschen Geldscheinen. Nun wurde man auch im Reichstag hellhörig und es hagelte Anfragen an die Verantwortlichen.

Dort gab man zwar das Auftauchen von Falschgeld zu, spielte aber alles noch herunter, außerdem hätte man schon verschiedene Hinweise auf einen Täter ermittelt. Und Tatsache, der bisher noch nicht in das Licht der Ermittler gerückte Oberfaktor der Reichsdruckerei, Grünenthal, wurde anscheinend unruhig und machte seinen ersten Fehler. Er wickelte seine selbst ergänzten Reichsbanknoten zu 100- und 1000-Mark in altes Zeitungspapier, brachte alles auf einen Berliner Friedhof und vergrub es in einem frischen Grab. Tote brauchen kein Geld! So glaubte er dort seine Beute in Sicherheit, alles war aus dem Hause und nichts konnte man ihm nachweisen, sollte einmal die Polizei an seiner Türe klopfen. Inzwischen war Grünenthal in den Ruhestand getreten und war kein Mitarbeiter der Reichsdruckerei im Berliner Stadtbezirk Kreuzberg mehr. Er machte keine großen finanziellen Sprünge, war eher ein bescheidener Mann und erfreute sich an den kleinen Dingen des Alltages. Ab und zu zog es ihn zu einem Spaziergang auf den nahegelegenen Friedhof um sich ein Scheinchen vom „stillen“ Konto zu holen. Sicherlich glaubte er an das perfekte Verbrechen, doch wie wir alle wissen, gibt es das eben nicht. Alles kommt einmal an das Tageslicht, denn auch der Fall Grünenthal sollte bald gelöst werden und ein schlimmes Ende nehmen.

Ein Grab begann zu erzählen

Im Reich der Toten braucht man kein Geld, so glaubt man zumindest. War es die Frühlingssonne, die den Schnee des Winters taute, oder war es ein erster emsiger Gewitterregen, oder hatte er gar selbst bei einer Abhebung vom Grabkonto, die Erde nicht wieder genügend angehäuft, wir wissen nicht was die Geldscheine wieder an die Erdoberfläche brachte. Leider wird in den verbliebenen Meldungen zum Fall Grünenthal nichts Konkretes überliefert, allerdings muss jemanden ein Stück Zeitungspapier aufgefallen sein, welches sich auf der Grabstelle befand und das grün der Grabpflanzen erheblich störte. Als sich dieser Jemand bückte um das Zeitungspapier zu entfernen, zog er gleich ein kleines Päckchen mit Geldscheinen heraus. Nun kam die Sache ins rollen. Das Grab wurde durchsucht und man fand darin exakt 40 Reichsbanknoten zu 100 Mark und ebenfalls 40 Reichsbanknoten zu 1000 Mark, also insgesamt 44.000 Mark, alles war fein säuberlich in Zeitungspapier eingewickelt. Ein dummer Zufall half den Ermittlern zu einem ersten Erfolg. Und nun reihten sich schnell Fakten an Fakten, denn schon bald konnte man mit Sicherheit die gefundenen Scheine zuordnen. Es handelte sich demnach um Geldscheine welche alle am 14. Januar 1897 offiziell vernichtet worden sind, aber wie es sich hier zeigt, wohl nicht wurden. Wie konnte das passieren, warum waren diese Scheine einer vorherigen Entwertung, durch zweifache Lochung und mehrfachem Nachzählen, entronnen? Diese Frage stellte man nun auch den Beamten in der Reichsdruckerei. Dort wälzte man mit der Polizei die Unterlagen um eine Antwort zu finden. Man fand anhand der gewissenhaften Aufzeichnungen schnell heraus, welche Mitarbeiter an diesem Tage mit der Vernichtung beauftragt waren.

Die Schlinge zieht sich um Grünenthal enger

Nun kam es zu den ersten Vernehmungen der damals beschäftigten Mitarbeiter. Auch dem schon im Ruhestand befindlichen ehemaligen Oberfaktor Herrn Grünenthal, machte man mit Fragen seine Aufwartung. Man besuchte ihn dazu in seiner Wohnung. Zunächst sah alles so aus, als ob auch Herr Grünenthal wohl nichts auf dem Kerbholz hat und seine Arbeit in der Reichsdruckerei, immer ohne Tadel verrichtet hatte. Seine Vorgesetzten hatten dieses auch schon vorher bestätigt und in Grünenthal immer einen guten fleißigen Beamten gesehen. Man war des Lobes voll. Beim Verlassen der Wohnung, fielen einem Ermittler, mehrere alte Zeitungsstapel auf, die recht gut sortiert in einer Ecke standen. Plaudernd nahm er sich einige Zeitungen davon und begann darin zu blättern. Dann fragte er nach einem bestimmten Datum einer Zeitung und Grünenthal machte sich sogleich daran, sie im Stapel zu suchen. Er fand sie aber nicht. „Ach das macht nichts, geben Sie mir doch die Zeitung vom Freitag eine Woche später.“ Aber auch diese konnte Grünenthal nicht finden. Eine dritte vom Ermittler verlangte Zeitungsausgabe war ebenfalls nicht im Stapel. „Na, dann kommen Sie einmal mit auf das Revier, wir müssen uns dort leider weiter unterhalten!“, sagte der Ermittler. Dort angekommen, legte man Grünenthal alte Zeiungsseiten vor, es waren die Seiten indem die gefundenen Banknoten auf dem Friedhof eingewickelt waren. Dabei handelte es sich um genau die Nummern der Zeitung, welche Grünenthal nicht mehr in seinem Zeitungsstapel finden konnte! Der Treffer saß und Grünenthal legte ein Schuldgeständnis ab.

Das unvollständige Geständnis

Nachdem man am 16. März 1898 den ehemaligen Oberfaktor der Reichsdruckerei festgenommen hatte, musste selbiger auch sein Domizil wechseln, denn er zog von seiner Wohnung in das Berliner Gefängnis Moabit um. Noch war man sich nicht im Klaren, wie es denn überhaupt möglich war, solch eine dreiste Tat zu vollbringen. Die Befragungen liefen nun auf Hochtouren und langsam kam etwas Licht in die Sache. Dabei war es ganz wichtig, genaue Einblicke in die Sicherheitsvorkehrungen und Arbeitsabläufe der Reichsdruckerei zu bekommen. Deshalb wurde auch vom Reichstag ein Abgeordneter Berichterstatter mit Ermittlungen in die Reichsdruckerei gesandt, um sich einen Überblick zu verschaffen.

Obwohl sich Grünenthal zu den gefundenen Geldscheinen auf dem Friedhof bekannte, hielt er sich weiterhin bedeckt, was wichtige Einzelheiten betraf. Er stritt allerdings ab, dass es sich bei seinem Verbrechen, um Millionenbeträge handelte. Nur langsam kam man mit den Ermittlungen voran. Auf alle Fälle war man sich bei den Ermittlern und der Reichsdruckerei sicher, dass es sich nur um eine einzig in frage kommende Tatzeit handeln konnte und das war der 14. Januar 1897. Verhöre reihten sich an Verhöre und die Ermittlungen zogen auch die nähere private Umgebung von Grünenthal mit ein. Man wollte endlich wissen, was da am 14. Januar 1897 in den Räumen der Reichsdruckerei gelaufen ist. Der ehemalige Oberfaktor wollte und sollte dabei allerdings keine große Hilfe mehr sein. Er nahm sich am Morgen des 18. Oktober 1898 im Gefängnis Moabit das Leben.

Nachdem er dort dem Morgengottesdienst beigewohnt hatte und wieder in seine Zelle zurückgeführt wurde, riss er sich von seinem Wärter los, schwang sich über das Geländer des Ganges und sprang in die Tiefe. Es konnte nur noch sein Tod festgestellt werden. Nahm er ein Geheimnis mit in den Tod? Die Ermittlungen liefen weiter, denn zu groß war inzwischen das Interesse der Öffentlichkeit. Wie hoch war nun wirklich der Schaden und wie war die Tat möglich? Es dauerte noch eine ganze Weile, bis man endlich Klarheit hatte.

Der Fall Grünenthal kam im Reichstag zur Sprache

Als Beauftragter Abgeordneter des Reichstages erstattete Dr. Paasche den Reichstagsabgeordneten am 7. Februar 1899 Bericht über die angestellten Ermittlungen im Fall Grünenthal.

Ich bin beauftragt worden von der Kommission, etwas eingehender, als das sonst wohl geschehen würde, über die Erklärung des Herrn Staatssekretärs auf die Frage, die an ihn gestellt wurde, hier zu berichten, um Beunruhigungen im Lande zu vermeiden. Ich will das so knapp wie möglich an der Hand des vorliegenden Protokolls thun, muß aber doch für kurze Zeit die Aufmerksamkeit des Hauses dafür erbitten.

Es wurde – ich brauche auf den traurigen Fall wohl nicht im einzelnen zurückkommen; ich setzte voraus, dass derselbe den Herrn bekannt ist – an den Herrn Staatssekretär die Anfrage gestellt, welchen Umfang die Defraudationen haben, in welchem Betrage sie durch das Vermögen des Grünenthal gedeckt seien, wer den übrigen Schaden zu decken habe, ob eine Kontrolle stattgefunden habe, die genügend gewesen sei, wie sich der zweite kontrollierende Beamte rechtfertigen könne, und welche Maßregeln inzwischen getroffen seien, um die Wiederholung solcher Zustände für die Zukunft vorzubeugen. Die Erklärungen des Herrn Staatssekretärs darauf hin lautenden – ich glaube, ich thue am besten, wenn ich sie einfach nach dem gedruckten Protokoll verlese, dann werde ich am schnellsten darüber hinwegkommen. Ich bemerke vorweg: die Defraudationen haben stattgefunden, als der Herr Staatssekretär noch nicht im Amte war. Die Reserve, die er sich im vorigen Jahre auferlegte, entsprang der Erwägung, dass er Rücksicht auf die Kreditfähigkeit der Noten der Reichsbank zu nehmen hatte. Es musste seinerzeit angenommen werden, dass nur ein Fall vorlag; es sind jetzt aber zwei Fälle konstatiert worden. Grünenthal hat nur den einen Fall vom 14. Januar 1897 zugestanden.

Auf die einzelnen Fragen wurde dann Folgendes geantwortet:

Es sind bisher an Grünenthalischen Banknotenfälschungen

454 Stück zu 1000 Mark = 454.000 Mark

und 343 Stück zu 100 Mark = 34.300 Mark

zusammen = 488.300 Mark

bekannt geworden.

Davon gehen ab die auf dem Grabe gefundenen

40 Banknoten zu 1000 Mark = 40.000 Mark,

40 Banknoten zu 100 Mark = 4.000 Mark

zusammen = 44.000 Mark;

bleiben 444.300 Mark, die von der Reichsbankhauptkasse eingelöst worden sind.

Der Reichsbank mit Beschlag belegte Nachlaß Grünenthals wird auf rund 300.000 Mark geschätzt, sodaß 144.300 Mark ungedeckt sein würden. Die Höhe des wirklichen Schadens steht bis jetzt nicht fest. Die Reichsbank hat daher an die Reichsdruckerei noch keine Ansprüche erhoben; letztere wird für den durch die Grünenthalschen Verbrechen veranlaßten nachgewiesenen Schaden aufzukommen haben.

Wegen der Kontrolle wurde dann geantwortet:

Die Kontrollen haben regelmäßig stattgefunden. Das Grünenthal sein Verbrechen unbemerkt ausführen konnte, war nicht die Folge einer unterbliebenen oder ungenügend ausgeführten Kontrolle oder unzulänglicher Sicherheitsmaßregeln bei Anfertigung der Reichsbanknoten. Die Taht war vielmehr dadurch möglich, daß Grünenthal als Betriebsleiter unter Nichtachtung der beschworenen Dienstpflicht ihm in seiner Stellung zugängliche Notenblankets bei Seite schaffte und deren Fehlen durch Abgabe unrichtiger amtlicher Auskunft, bei Gelegenheit der Vernichtung des Ausschusses, vertuschte.

Es ist vereinzelt vorgekommen, daß vorschriftswidrigerweise zweiseitig bedruckte Blankets zu Reichsbanknoten, ohne vorher durchlocht zu sein, dem zu vernichtenden Ausschuß hinzugefügt worden sind. Das ist unter der Verantwortlichkeit des Grünenthals geschehen, der für die einzelnen Geschäfte im letzten Stadium der Anfertigung der Banknoten einzustehen hatte. Am 14. Januar 1897 sollte Banknotenausschuß vernichtet werden; dieser war auch bereits dem Tresor entnommen. Die Vernichtung konnte am bezeichneten Tage aus einem Grunde, welcher sich nicht mehr hat feststellen lassen, nicht stattfinden; sie wurde vielmehr auf den folgenden Tag verschoben. Der Ausschuß wurde nicht wieder in den Tresor gelegt, sondern einstweilen in einem für Betriebszwecke bestimmten, mit Doppelverschluß versehenen Verwahrgelaß niedergelegt. Zu diesem Verwahrgelaß führte Grünenthal den einen Schlüssel; der zweite Beamte, welcher den anderen in Verwahrung hatte, erkrankte vor Dienstschluß so schwer, daß er nach Hause gebracht werden musste. Er gab den Schlüssel an den Vorsteher des Büreaus, Grünenthal, ab. Dieser erstattete keine Meldung von dem Vorgange, sondern behielt den Schlüssel an sich. Der damals erkrankte Beamte ist inzwischen an der Schwindsucht gestorben und hat daher nicht zu Rechenschaft gezogen werden können.

Eine Wiederkehr von Betrügereien, wie sie Grünenthal verübt hat, ist dadurch vorgebeugt, daß

1. Das Durchlochen des Ausschusses anderweit geregelt, und dadurch jede Unterlassung desselben ausgeschlossen ist;

2. Nach Vereinbarung mit dem Reichsbankdirektorium der Banknotenausschuß nicht mehr in der Reichsdruckerei verbleibt und dort zur Vernichtung gelangt, sondern mit den guten ausgabefähigen Noten an die Reichsbank abgeliefert wird, und daß diese darüber wacht, daß sie das für jede Banknotenbestellung der Reichsdruckerei gegen Quittung übergebene Papier bis zu Erledigung der Bestellung vollzählig wieder zurückerhält. Überdies sind die zur Sicherung des Geschäftsbetriebes bei Anfertigung und Verwaltung geldwerther Papiere bestehenden Bestimmungen einer eingehenden Prüfung unterworfen worden. Diese Bestimmungen sind, soweit erforderlich, verschärft; ihre Durchführung ist durch vermehrte Aufsicht gesichert.

Das waren die Erklärungen, die von Seiten der Reichspostverwaltung zu diesem betrübenden Falle abgegeben worden sind. Die Kommission, die in eingehende Debatten darüber eintrat, erklärte sich mit dieser Auskunft zufrieden und sprach die Hoffnung aus, daß es in der Zukunft gelingen werde, ähnliche Fällen vorzubeugen.

Soweit die Ausführungen des Dr. Paasche. Allerdings wäre es kein richtiger Reichstag, wenn da die Abgeordneten nicht auch noch zu solcher Erklärung Fragen hätten. Alles klang da sehr einfach erklärt und auch etwas oberflächlich betrachtet. Man war nun aufmerksam geworden und wollte den Dingen nun erst recht auf den Grund gehen. Viele Fragen waren nicht beantwortet, sollte hier etwas mit Absicht verborgen bleiben? Zumindest kam plötzlich heraus, dass die Banknoten des Herrn Grünenthals wohl kein Ausschuß, sondern eher ein planmäßiger Überschuß war. Es waren also echte Banknoten, die man bei einem Auftrage gleich mit herstellt, um eventuell, beim Druck entstandenen Ausschuß, ausgleichen zu können. Erst auf eine entsprechende konkrete Anfrage im Reichstag, gab der Staatssekretär des Reichspostamts von Podbielski, darüber Auskunft und erklärte:

...Dabei ist es nothwendig, daß über den zu druckenden Betrag der fertiggestellten Stücke hinaus, ungefähr 10 Prozent mehr einzelne Papierstücke zugezählt werden, weil bei der Herstellung durch weniger gut ausgeführten Scheine ein Verlust eintritt. Dieser Überschuß wird am Schluß der Fabrikation als Ausschußwaare nach den Bestimmungen durchlocht.

Weiter spricht er von einer Verkettung unglücklicher Umstände, nur so konnte Grünenthal an beide Schlüssel kommen, die ihm die Manipulation erlaubten. Doch wie ging es weiter? Erst folgende Tage wurden nachweislich die überschüssigen Banknoten erst zur Vernichtung (Verbrennen) gebracht. Grünenthal war wiederum als Oberfaktor vor Ort und die zur Vernichtung vorgesehenen Banknoten wurden ja nochmals gezählt. Kam es erst hier zum Diebstahl oder schon am Vortag? Wie gelang es Grünenthal, welcher auch als Zähler der Scheine eingesetzt war, die schon manipulierten Pakete mit den fehlenden Scheinen direkt auf seinen Zähltisch zu lotsen? Konnte er das alleine vollbringen? Die Bücher belegen es, die zur Vernichtung vorgesehenen Scheine, wurden vollständig gezählt und vom einzelnen Zähler laut mit „richtig“ ausgerufen. So war die Betriebsvorschrift jedenfalls dem Papiere nach eingehalten worden. Außerdem hatten die beauftragten Oberverwaltungsbeamten sämtliche Banknotenpakete auf deren Unversehrtheit vor der Zählung begutachtet. Und niemand hatte etwas bemerkt, fast unglaublich!

Es ist schon interessant, wie sich hier ein Fehler an den anderen reiht. Am Ende war nur Grünenthal alleine Schuld und die gestohlenen und mit Seriennummern nachträglich ausgestatteten Banknoten bekamen mit Einverständnis zwischen der Reichsbank- und der Reichspostverwaltung ihre Echtheit garantiert und konnten vom Publikum eingelöst werden. Ein Schaden soll nachweislich nicht für die Reichsbank entstanden sein.

Doch irgendwo traute man der Sache wohl doch nicht, denn bereits am 1. Juli 1898 gab man beide Reichsbanknoten (Ros. Nr. 17 und 18), mit neuen Sicherheitsmerkmalen heraus.

Am Ende bleibt das Schicksal des Oberfaktors der Reichsdruckerei Grünenthal, dem die Gier nach Geld, das Leben kostete. Die offenen 444.300 Mark, welche die Reichsbankhauptkasse einlöste hatte, hat man dagegen nie gefunden.

Reiner Graff / numiscontrol

Literatur: Rosenheimer Anzeiger: 19.10.1898, 06.03.1908, 10.03.1910;
Reichstagsprotokolle: 21.03.1898, 31.03.1898, 07.02.1899.

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© Autoren: Jörg Schaldach, Kristina Ruppert

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