Anzeige

Klimawandel: Jeder Ort leidet anders...

In Tharandt entwickeln Wissenschaftler Informations-Angebote, um gezielt lokale Klimagefahren aufzuzeigen und sich darauf einzustellen.

 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Schön, aber zu wenig Wasser: Die Elbe in Dresden ist schon jetzt im Sommer immer wieder ziemlich leer. Das könnte sich weiter verschärfen. Foto: pixabay.com
Schön, aber zu wenig Wasser: Die Elbe in Dresden ist schon jetzt im Sommer immer wieder ziemlich leer. Das könnte sich weiter verschärfen. Foto: pixabay.com

Auch, wenn beim Thema Klimawandel die Meinungen und Interpretationen von Statistiken hier und da weit auseinandergehen, die Zahlen sind jedenfalls, wie sie sind: Allein zwischen 1961 und 2019 hat die gemessene Jahresdurchschnittstemperatur in Dresden um ein Grad Celsius zugelegt. Von durchschnittlich 8,8 Grad auf 9,8 Grad im Mittel. Die Anzahl der durchschnittlichen jährlichen Sommertage mit mehr als 25 Grad Celsius stieg in dieser Zeit von 39 auf 46; also sieben heiße Tage mehr pro Jahr … Wobei 2019 eines der wärmsten Jahre war – die Temperatur lag 2,3 Grad Celsius über dem Mittel der vergangenen Jahrzehnte. „Und Jahre wie 2019 werden wahrscheinlich im Jahre 2050 die neue Normalität sein“, ist Dr. Rico Kronenberg vom Institut für Hydrologie und Meteorologie der TU Dresden überzeugt. Denn das Ganze ist ein Trend, der sich fortsetzen wird, sind sich die Klimaforscher sicher, die mit ihrem Institut am Campus der Forstwissenschaften in Tharandt sitzen; mitten im zumindest äußerlich noch fast intakten Tharandter Wald also. „Aber die Temperatur kann bis 2100 um weitere 2,4 Grad Celsius in Dresden steigen.“

Ein Ergebnis, das die hochkomplexen Computermodelle der Forscher errechnet haben, die mit Messungen der vergangenen Jahrzehnte gefüttert wurden – und werden. Ein Ergebnis, das massive Auswirkungen nicht nur auf die Natur, sondern auch auf die Lebenswirklichkeit der Menschen haben wird. Vor allem die steigende Treibhausgaskonzentration trägt die Schuld an diesem deutlich spürbaren Klimawandel, machen die Tharandter Experten deutlich. „Und die Auswirkungen des globalen Klimawandels zeigen sich dann auch regional und lokal – wenn auch sehr unterschiedlich.“ Zwischen einzelnen sächsischen Regionen gibt es schon jetzt durchaus erkennbare Unterschiede. Gerade, was das Thema sommerlicher Starkregen betrifft, was eine der Auswirkungen dieses Wandels ist.

Dr. Rico Kronenberg vom Institut für Hydrologie und Meteorologie der TU Dresden
Dr. Rico Kronenberg vom Institut für Hydrologie und Meteorologie der TU Dresden

Die sind besonders im Vogtland und im Chemnitzer Raum am südwestlichen Rand der Mittelgebirge zu finden. „Noch jedenfalls“, deutet Dr. Rico Kronenberg an. Denn klar ist schon jetzt, dass alle Regionen mit den Auswirkungen zu kämpfen haben werden: Und das sind eben nicht nur steigende Temperaturen, sondern wie erwähnt immer häufigere und stärkere Wetterextreme – sogenannte Klimagefahren – wie Starkregen, Hitzewellen und länger anhaltende Trockenheit. Auswirkungen, „die dabei auch noch unmittelbar die Lebensqualität vermindern werden“. Und für die es deshalb Vorsorge zu ergreifen gilt, machen die Tharandter Forscher deutlich. Und auch hier sprechen die gesammelten Zahlen eine klare Sprache: Die Hitzewelle 2022 zum Beispiel, mit 60.000 Todesopfern in ganz Europa und 8.000 in Deutschland, gilt nicht ohne Grund als eine der größten europäischen Naturkatastrophen.

Zu den Gefährdeten gehören dabei nicht nur ältere und kranke Menschen, sondern auch Kleinkinder, Menschen mit Arbeiten im Freien und Sportler. Und so verweisen die Tharandter Wissenschaftler auf Handlungsbedarf zur Anpassung zum Beispiel beim Bau neuer Gebäude. Hier sollte schon von vornherein darauf geachtet werden, „dass sie durch Verschattung, Begrünung und Strahlungsschutz der Sonne möglichst wenig Angriffsfläche bieten“. Dabei muss es nicht immer gleich Klimatisierung sein, auch Wärmepumpen können im Sommer eine kühlende Wirkung haben, sagt Dr. Rico Kronenberg. Zudem sollten Kommunen und Landkreise unbedingt an Klimaanpassungskonzepten und Hitzeaktionsplänen arbeiten, unterstreicht der Tharandter Experte.

Gerade hier sind dann auch lokale und regionale Unterschiede zu beachten, „Regelungen sollten so einheitlich wie nötig, aber Lösungen so individuell wie möglich sein“, empfiehlt er. Hierbei kommt auch eine wichtige Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst ins Spiel: Die Wetterexperten haben ein Hitzewarnsystem entwickelt. Auf Grundlage der gefühlten Temperatur und einem Simulationsmodel zur Berechnung der Wärmebelastung in Innenräumen werden hier Landkreise vor starker oder extremer Wärmebelastung gewarnt.


Und überhaupt forschen die Tharandter TUD-Experten nicht im sprichwörtlichen „stillen Kämmerlein“. Ihre Erkenntnisse und die gesammelten Daten haben sie vielmehr in einem Klima-Informationsportal dann für alle zugänglich hinterlegt und ausgebreitet.

rekis.hydro.tu-dresden.de

© https://tu-dresden.de/