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Diese Dresdner Forscher wollen mit Daten Krebs heilen

Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz erkennen Nikolas Kather und sein Team Muster der Erkrankung – eine große Chance für Diagnose und Therapie gleichermaßen.

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Jakob Nikolas Kather (r.) leitet eine Forschungsgruppe, mit Narmin Ghaffari Laleh (M.) und Marco Gustav (l.).
Jakob Nikolas Kather (r.) leitet eine Forschungsgruppe, mit Narmin Ghaffari Laleh (M.) und Marco Gustav (l.). © Steffen Unger

Es geht darum, schneller zu sein als der Krebs. Eine neue Forschungsgruppe an der TU Dresden um den Professor Jakob Nikolas Kather will Informationen über individuelle Krankheitsverläufe nutzen, um intelligente Computersysteme zu trainieren. Die Maschinen könnten auf diesem Weg in Zukunft frühzeitig Risikopatienten erkennen oder die erfolgversprechendsten Behandlungsmöglichkeiten aufzeigen. Was die Wissenschaftler dafür brauchen: eine riesige Menge an Daten – eine nicht immer einfache Aufgabe.

Die Faszination für das Programmieren wuchs bei Kather bereits während seiner Schulzeit. Er war jedoch kein Technikbesessener, der ausschließlich vor dem Computerbildschirm sitzen wollte. „Mich interessierten auch damals schon soziale Aspekte“, erinnert er sich. Nach dem Abitur entscheidet er sich deshalb für ein Medizinstudium, um Menschen zu helfen und ihre Erkrankungen zu behandeln. Wenig später setzt er noch einen weiteren Abschluss oben drauf – in Medizinphysik.

Es ist eine Kombination, die ihm seine interdisziplinäre Arbeit ermöglicht. Die eine Brücke schlägt zwischen Behandlung, Forschung und ausgefeilten Computeralgorithmen. Seit 2018 war Kather an der Uniklinik Aachen tätig, bekam ab 2021 an der RWTH Aachen eine Juniorprofessur. Seine Forschungsgruppe „Computational Oncology“ entwickelt auf Basis Künstlicher Intelligenz neue Methoden für die Krebsmedizin. Dann lockte ihn eine neue Aufgabe nach Dresden.

Seit Frühjahr 2022 besetzt Kather die neue Professur für „Clinical Artificial Intelligence“. Eingerichtet wurde sie am bereits 2019 gegründeten Else Kröner Fresenius Zentrum für Digitale Gesundheit der TU Dresden. Zehn Jahre lang unterstützt die Kröner-Fresenius-Stiftung die Einrichtung mit insgesamt 40 Millionen Euro. Ziel ist die Entwicklung innovativer Technologien für die Anwendung in der Medizin.

Digitale Erfassung der Daten von Patienten ist ein Problem

Kathers Team will genau das tun. Einige seiner Aachener Kollegen sind mit ihm nach Dresden gekommen. Andere arbeiten von dort aus weiter. Neueinstellungen gibt es auch. Für den Professor alles völlig normal. „Meine Vision ist ein internationales Team, das an ganz verschiedenen Orten tätig ist.“ Letztlich brauche es Menschen mit guten Ideen. Woher diese kämen und wo sie lebten, sei dabei zweitrangig.

Die Ingenieurin Narmin Ghaffari Laleh ist seit zwei Jahren Teil der Forschungsgruppe. Ihr Spezialgebiet: maschinelles Lernen, also die Frage, wie der Mensch Computer trainieren kann, damit diese Antworten auf komplexe Fragestellungen finden. Viel schneller als es Menschen je möglich wäre. „Grundlage dafür sind zum Beispiel Patientendaten aus verschiedenen bildgebenden Verfahren“, sagt sie. Das sind Daten vom Röntgen, aus MRT und CT oder auch aus der Analyse von Tumorgeweben unter dem Mikroskop. Hinzu kommen Informationen zu Vitalwerten, zum Verlauf der Heilung oder auch zu Rückfällen. Je mehr solcher Daten die KI sieht und verarbeitet, desto mehr Verknüpfungen schafft sie zwischen den Informationen, erkennt mögliche Muster. Ein Problem ist aktuell aber noch, dass manche Patientendaten gar nicht digital erfasst werden. „Es gibt leider immer noch Fälle, da gehen Faxe zwischen Kliniken hin und her“, sagt Kather. Da müsste sich dringend etwas tun.

Ausgründungen sollen Technologie auf den Markt bringen

Im Fokus der Arbeit der Forschungsgruppe stehen momentan vor allem Darm- und Magenkrebs. Künftig soll die KI auch auf andere Krankheiten trainiert werden. Eine neue Herausforderung auch für Maschinenbauer Marco Gustav, der seit Juni neu im Team dabei ist. „Wenn ich mal etwas nicht weiß, frage ich einfach meinen Kollegen im Zimmer“, sagt er. Der wäre schließlich Mediziner – ein Vorteil bei einem interdisziplinär aufgestellten Team, in dem auch Informatiker, Ingenieure und Biologen mitarbeiten. Sie lernen voneinander.

Gemeinsam wollen sie Ärzten und Patienten gleichermaßen auch die Angst vor neuen Technologien nehmen. „Unser Ansatz wird schließlich Früherkennung, Diagnose und Therapie verbessern“, ist der Teamleiter überzeugt. In Zukunft wollen sie mit ihrem Wissen neue Medizinprodukte entwickeln und über eigene Ausgründungen auf den Markt bringen. Das hätte laut Kather noch einen großen Vorteil. „Solch ein Schritt in die Wirtschaft wäre nach drei Jahren auch eine spannende Perspektive für unsere Doktoranden.“ Um die Menschen mit guten Ideen zu halten.

www.tu-dresden.de