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Die Ketten der Monarchie: Die Festung Königstein und der Dresdner Maiaufstand von 1849

In den Ketten der Monarchie: Die Festung Königstein setzt sich mit den Geschehnissen des Dresdner Maiaufstandes 1849 auseinander.

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Spartanisch eingerichtet waren die Arrestzellen in der Georgenburg – auch die Einzelzellen der Mairevolutionäre.
Spartanisch eingerichtet waren die Arrestzellen in der Georgenburg – auch die Einzelzellen der Mairevolutionäre. © Archiv Festung Königstein

Schwere Ketten umringen die Gliedmaßen, bewaffnete Männer leiten den Weg in die Kutsche, deren Zielort nicht genannt wird, während Fackeln tragende Soldaten das andrängende Fußvolk zurückhalten. Versucht man, sich die Inhaftierung der 49-er-Mairevolutionäre August Röckel, Otto Heubner und Michael Bakunin vorzustellen, spielen sich automatisch wilde Szenen vor dem geistigen Auge ab.

August Röckel, Otto Heubner und Michail Bakunin waren im 2. Obergeschoss der Georgenburg untergebracht.
August Röckel, Otto Heubner und Michail Bakunin waren im 2. Obergeschoss der Georgenburg untergebracht. © Festung Königstein

Der lange Weg zur Demokratie

Während des Dresdner Maiaufstandes 1849, mitten im Zeitalter der Industrialisierung, verband diese drei Männer unterschiedlicher Herkunft ein gemeinsames Ziel: Der Sturz der Monarchie. Wie bekannt ist, sollte es ihnen nicht gelingen. Erst 1918 wurde die Republik ausgerufen und der Weg für eine deutsche Demokratie geebnet. Zumindest in diesem Sinne waren die blutigen Aufstände vergebens. Und so verband die drei Revolutionäre eine weitere Gemeinsamkeit: Sie waren im Gefängnis der Festung Königstein – der Georgenburg – arretiert. In einer neuen Publikation werden die damaligen Ereignisse und Haftbedingungen beleuchtet, die offenbaren, wie die Festung mit der deutschen Demokratiebewegung von 1848/49 verwoben ist.

Ansicht um 1900: Vor über 400 Jahren war die Georgenburg zum Jagdschloss umgebaut worden.
Ansicht um 1900: Vor über 400 Jahren war die Georgenburg zum Jagdschloss umgebaut worden. © Archiv Festung Königstein

Drei Schicksale im Zeichen der Revolution

Als Bakunin, Heubner und Röckel auf der Festung ankamen, marschierten zahlreiche Infanteristen rechts und links von den Gefangenen, wobei sich diese nicht umdrehen durften. Keinesfalls sollten sie sich die Umgebung einprägen. Am Tor wurden ihnen dann die Augen verbunden. Erst in ihren Einzelzellen in der Georgenburg befreiten sie die Wachsoldaten von den Augenbinden, Hand- und Fußeisen. Das alles zeigt, als wie gefährlich die Revolutionäre eingeschätzt wurden. Doch woher stammten die drei Männer und wie erging es ihnen in Festungshaft?

Otto Heubner: Aus hohem Hause in die Festungshaft

Der Jurist aus gutem Hause, wurde gemeinsam mit Bakunin und Röckel Ende August 1849 von der Gardereiterkaserne in Dresden zur Festung Königstein gebracht. In einem Brief äußerte er sich recht positiv zu seinem neuen Arrestraum: Mein Zimmer ist viermal so groß wie die Zelle in Dresden. Nur der Holzkasten vorm Fenster störte ihn. Doch er wusste sich zu helfen. Er stieg auf den großen Schreibtisch am Fenster, von dem aus er über den Kasten hinweg in die weite Landschaft schauen konnte.

Michail Bakunin: Ein Leben für die Revolution

Der als Begründer des Anarchismus geltende russische Revolutionär, beschreibt seinen Tag so: Um 7 Uhr stehe ich auf, trinke Kaffee und setze mich an den Tisch und betreibe Mathematik. Um 12 Uhr wird mir das Essen gebracht. Danach werfe ich mich aufs Bett und lese Shakespeare oder blättere irgendein mathematisches Buch durch. Um 14 Uhr holt man mich zum Spazierengehen, wobei mir Fußeisen angelegt werden. Nach 30 Minuten kehre ich zurück und studiere bis 18 Uhr Englisch. Dann trinke ich Tee und beschäftige mich bis 21:30 Uhr wieder mit Mathematik. Obwohl ich keine Uhr habe, kenne ich die Zeit recht genau, da eine Turmglocke jede Viertelstunde schlägt. Um 21:30 Uhr erklingt eine melancholische Trompete, deren Gesang der jämmerlichen Klage eines unglücklich Verliebten gleicht. Das ist das Zeichen, das Licht auszublasen und sich ins Bett zu legen. Allerdings schlafe ich nicht gleich ein und bin gewöhnlich bis Mitternacht wach. Diese Zeit brauche ich, um nachzudenken.

August Röckel: Ein enger Freund von Richard Wagner

In den Erinnerungen des ehemaligen Musikdirektors am Dresdner Hoftheater finden sich Hinweise auf die tägliche Versorgung der Inhaftierten: Von Fleisch, Gemüse, Brot und Butter ist die Rede. Nur ein Teil der Verpflegungskosten wurde jedoch aus den Mitteln des Dresdner Stadtgerichts bezahlt. Den Rest mussten Röckel und seine einstigen Mitstreiter aus der privaten Schatulle aufbringen. Sämtliche Briefe, die er schreiben oder empfangen wollte, mussten dem Kommandanten zur Kontrolle vorgelegt werden. So wie Bakunin und Röckel wurde auch er streng abgeschirmt. Sein Freund Wagner, der ebenfalls zu den Aufständischen zählte, hatte rechtzeitig nach Zürich fliehen können.

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Musikdirektor am Dresdner Hoftheater und eine zentrale Figur der Maiaufstände: August Röckel freundete sich insbesondere während der revolutionären Tage mit Richard Wagner an.
Musikdirektor am Dresdner Hoftheater und eine zentrale Figur der Maiaufstände: August Röckel freundete sich insbesondere während der revolutionären Tage mit Richard Wagner an. © Anonyme Fotografie

Neue Erkenntnisse zum Nachlesen

Der Bibliothekar und Archivar Joachim Lau sowie der wissenschaftliche Mitarbeiter Hans-Joachim Rühle sind im Sächsischen Staatsarchiv, dem Stadtarchiv Königstein und im Festungsarchiv auf Spurensuche gegangen. Ihre Fragestellungen: Was geschah mit den Revolutionären auf dem Königstein? Wie waren die Haftbedingungen? Wie ging ihr Schicksal weiter? Die Antworten gibt es demnächst in einer Publikation.

Wissensvermittlung zum Demokratieerhalt: Aktionswoche vom 28. April bis 5. Mai

Was definitiv klar wird, wenn man sich mit dem Thema befasst: Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit.

Anlässlich des 175. Jahrestages des Dresdner Maiaufstandes, der liberale und demokratische Reformen herbeiführen sollte, lädt die Festung vom 28. April bis 5. Mai zur Aktionswoche „Sehnsucht Freiheit“ ein. Dabei wird an die Geschehnisse von 1849 erinnert und im Dialog mit den Besuchern zum Nachdenken und eigenverantwortlichen Handeln angeregt.

Weitere Informationen und das vollständige Programm zu „Sehnsucht Freiheit“ sind unter www.festung-koenigstein.de zu finden.

Öffnungszeiten:

April - Oktober: 9 – 18 Uhr

November - März: 9 – 17 Uhr

Einlassschluss: 1 Stunde vor Schließung

Alle Infos zu den Eintrittspreisen finden Sie hier!

Kontakt

Festung Königstein gGmbH
01824 Königstein

Tel.: 035021 64607
E-Mail: [email protected]

Ticketshop: festung-koenigstein.de/tickets

www.festung-koenigstein.de

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