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Was das Wasser über uns erzählt

Alles, was Menschen zu sich nehmen, landet irgendwann im Wasserkreislauf. Was das für die Zukunft bedeutet, wird an der TUD an einem eigenen Institut erforscht.

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Seit 23 Jahren in Dresden: Prof. Peter Krebs – hier an einem sogenannten Atom-Absorptions-Spektrometer – leitet das Institut für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft.
Foto: Thorsten Eckert
Seit 23 Jahren in Dresden: Prof. Peter Krebs – hier an einem sogenannten Atom-Absorptions-Spektrometer – leitet das Institut für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft. Foto: Thorsten Eckert © Foto: Thorsten Eckert

Die Regenrinne aus Zink, das versiegelte Dach, die Autoreifen auf dem Asphalt – sie alles haben eines gemeinsam: Sie hinterlassen Spuren, die vom Regen weggespült irgendwann im Abwasser und damit im Wasserkreislauf landen. In einer Gesellschaft, in der nahezu jeder mobil ist und deren Flächen dicht besiedelt und dementsprechend bebaut sind, kommt da eine Menge zusammen. Mehr als der Umwelt zuträglich wäre. Die Wasserqualität ist eines der zentralen Themen, wenn esum nachhaltiges Leben geht. An derTU Dresden gibt es die FachrichtungHydrowissenschaften, bei der sich nahezu alles ums Wasser dreht. Hinter dem Begriff der Siedlungswasserwirtschaft, die Teil der Hydrowissenschaften ist, verbirgt sich die Forschung zu jenen Schnittstellen, an denen sich Mensch und Wasser treffen. Trink- und Abwasser stehen dabei ebenso im Fokus wie der Umgang mit Betriebs- und Niederschlagswasser.Schon damit wird klar: Was hier untersucht wird, hat konkreten Bezug zum Alltag und zur Lebensrealität. „Alles, was wir Menschen zu uns nehmen, kommt später im Wasser an“, verdeutlicht Prof. Peter Krebs.

Möglichkeiten wie in Dresden gibt es nicht überall

Der Schweizer kam vor 23 Jahren nach Dresden – des Jobs wegen und ein bisschen vielleicht auch aus Berufung. Denn die Dresdner Hydrowissenschaften sind etwas Besonderes. Die Möglichkeiten zur Forschung ebenso wie zum interdisziplinären Arbeiten gibt es so längst nicht überall. Schon zu DDR-Zeiten seien dafür die Grundlagen gelegt worden, weiß Peter Krebs. „Das war seinerzeit schon sehr vorausschauend“, schätzt er ein. Heute arbeitet das Institut gleichermaßen lokal und international. Gemeinsame Projekte und regen Austausch gibt oder gab es bereits mit der Ukraine, China und der Mongolei ebenso wie mit Dänemark oder Kanada. Dabei wird deutlich: Auch wenn die Wasserqualität genau wie alle Umweltfragen global ist, sind die Probleme vor Ort sehr unterschiedlich, etwa, weil Flüsse in dicht besiedelten Gebieten wie Deutschland stärker reglementiert sind als in der Ukraine, wo Fluss-Verläufe zum Großteil naturbelassen sind, dafür aber die Wasserqualität deutlich schlechter ist als hierzulande. Wie kostbar das Gut Wasser ist, zeigen indes auch Erkenntnisse wie diese: In der Mongolei sind in den letzten Jahren 200 Oberflächengewässer verschwunden – ausgetrocknet. Der Klimawandel ist damit auch Motor für die Wissenschaftler in der Siedlungswasserwirtschaft. Und weil Entwicklung meist im Kleinen startet, arbeitet das Institut immer wieder mit dem Dresdner Umweltamt oder der Stadtentwässerung Dresden zusammen. Die letzten schweren Überflutungen in der sächsischen Landeshauptstadt liegen noch nicht lange zurück. Entsprechend hoch ist die Bereitschaft, gemeinsam Ideen zu entwickeln, wie sich die Stadt schützen kann. Denn, und auch das zeigt die Entwicklung der vergangenen Jahre deutlich, die Gefahr lokaler Überflutungen durch eine Überlastung der Entwässerungssysteme steigt.

Medikamentenrückstände im Abwasser

Ein weiteres – und ein weites – Feld ist die Zusammenarbeit mit der Medizin. Aus dem Abwasser lassen sich zum Beispiel Informationen zum SARS-CoV-2 Infektionsgrad in der Stadt gewinnen. Medikamenten-Rückstände im Abwasser machen immer mal wieder Schlagzeilen im Land – und werden dann oft schnell wieder vergessen. Dabei sind sie ein drängendes Problem in einer alternden Gesellschaft, in der viele auf Medikamente angewiesen sind. „Es geht letztlich darum, Medikamente, soweit möglich, so zu verändern, dass sie bei gleicher Wirksamkeit im Abwasser und in der aquatischen Umwelt besser abbaubar sind“, sagt Peter Krebs. Der Austausch mit Ärzten, aber auch Pharmavertretern dazu sei durchaus hoffnungsvoll. „Das Problem wird in der Regel sofort erkannt. Viele Ärzte schätzen aber auch ein, sich damit bisher wenig befasst zu haben“, so der Professor. Und deshalb gehört es auch ein bisschen zum Job der Forscher, der Medizin, den Unternehmen und der lokalen Politik die Augen zu öffnen. Viele Absolventen des Dresdner Instituts arbeiten bei Behörden, aber zum Beispiel auch in Ingenieurbüros, die mit Infrastruktur- und Städteplanung befasst sind. Das Interesse am Fach ist groß; der internationale Masterstudiengang Hydro Science and Engineering ist inzwischen der gefragteste der Fachrichtung. Die Studierenden kommen aus der ganzen Welt. Für Professor Peter Krebs ist das ein ganz besonderer Mehrwert. Die Lehre, das Weitergeben von Wissen und später manchmal auch das gemeinsame Forschen machen den Reiz der Arbeit aus. Auch deshalb ist der Wissenschaftler aus der Schweiz, der eigentlich nur ein paar Jahre bleiben wollte, inzwischen auch Dresdner. Annett Kschieschan

Optimal vernetzt:

  • Zum Institut für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft gehören u.a. Arbeitsgruppen zur Siedlungshydrologie und zur Abwasserbehandlung.
  • Peter Krebs ist Koordinator des Center for Advanced Water Research (CAWR), hier werden die Kompetenzen der TUD und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig gebündelt. Er ist außerdem Vorsitzender der deutschen Water Science Alliance, deren Ziel es ist, alle wasserbezogenen Disziplinen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Deutschland zu vernetzen.
  • Zu den internationalen Projekten, an denen das Institut mitgewirkt hat, gehört auch die Forschung zu urbanem Wassermanagement in China.

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