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Schneidern fast wie anno dunnemals

In den Kleidern von Elke Köcher aus Olbersdorf kann man sich fühlen wie eine Königin. Und man sieht darin auch fast so aus.

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© Rafael Sampedro

Von Elke Schmidt

Olbersdorf. Reißverschlüsse sind bei ihrem Hobby gar nicht gern gesehen. Natürlich kann Elke Köcher die auch. Stilgerecht wäre das aber nicht, denn Kleider aus dem Barock oder dem Rokoko hatten nun mal keine Reißverschlüsse. Der wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts erfunden.

Für die Olbersdorferin sind solche Details wichtig. In ihrem Atelier „Tiziana“ fertigt sie historische Kleidung aus allen Stilepochen Europas an. Auch wenn das für sie nur ein Hobby ist, arbeitet sie dabei möglichst originalgetreu. Zum Beispiel arbeitet sie gerade an einem Kleid aus der Zeit der Marie Antoinette. Sie hat ein Gemälde der französischen Königin gefunden, auf dem sie ein ähnliches Modell trägt. Zufällig hat sie einen Stoff herausgesucht, der fast dieselbe Farbe hat.

Solche Kleinigkeiten sind wichtig. Das Kleid wird sie selbst tragen. Es gibt inzwischen immer mehr Gelegenheiten dazu. Auf solchen Bällen und Kostümtagen auf den verschiedensten Schlössern gibt es jedoch ein teils sehr fachkundiges Publikum. Diese Leute schauen ganz genau hin, sagt Frau Köcher. Sie sind eine eingeschworene Gemeinschaft, schneidern alle ihre Kleider selbst und achten auf die möglichst genaue Umsetzung. „Wer da angesehen werden will, sollte so authentisch wie möglich arbeiten“, sagt die Olbersdorferin.

Dazu gehört eben auch, dass die Kleider keinen Reißverschluss haben. Wenn man es ganz genau nimmt, dürfte es nicht einmal eine Rückenschnürung sein. Dadurch wurde das Ankleiden zu einem kleinen Problem. Früher wurden Kleider in mehreren Teilen hergestellt und diese dann zusammengesteckt. Damals hatten die Damen eine Kammerzofe, die dabei half. Heute muss man das alleine schaffen. Daher werden viele Kleider zumindest mit Rückenschnürung gearbeitet. Dabei achtet die Schneiderin jedoch penibel darauf, dass man diese neumodischen Details nicht sieht. Auch mit den Stoffen von damals ist das so eine Sache. Oft wurde Spitze und Seide verwendet, die man nicht waschen konnte. Das heißt, die Kleider waren nach ein paarmal tragen nicht mehr schön anzusehen. Das könne man heute niemandem mehr zumuten. Daher nimmt sie meistens moderne, relativ pflegeleichte Stoffe.

Die alten Techniken sind dazu sehr zeitaufwendig. Zum Beispiel hat man früher Saumabschlüsse mit einem sogenannten Zäckeisen hergestellt. Auch Elke Köcher hat eins. Das verwendet sie aber selten. Es wird auf den Stoff gesetzt und die Saumbögen mit einem Hammerschlag ausgestanzt. Damit ist exaktes Arbeiten gar nicht so einfach, sagt die Hobbyschneiderin. Es kostet sehr viel Zeit und auch Kraft. Daher nimmt man heute eine Bogenschere.

Seit über sechs Jahren schneidert Elke Köcher Kleider im Stil alter Epochen. Das ist nicht immer ganz einfach, denn es gibt kaum Anleitungen, wie etwas gemacht wurde. Im Schneiderhandwerk wurde nur selten etwas dokumentiert. Immerhin gäbe es Schnittmuster, wenn auch meist in englischer Sprache. Oft hat sie nur eine Zeichnung oder ein Foto. Anregungen und Tipps findet sie im Internet, aber vor allem in entsprechenden Büchern. Sie sitzt auch oft stundenlang in Museen und guckt sich dort die Tricks der Schneiderinnen ab. Allerdings näht sie nicht wie diese damals alles komplett per Hand. Sie kennt zwar Frauen, die das tatsächlich so machen. In Berlin gäbe es dafür sogar Kurse, sagt sie.

Aber reine Handarbeit sei nicht eben wirtschaftlich. Schon mit dem Einsatz von modernen Geräten wie der Nähmaschine sind ihre Kleider nicht gerade ein Schnäppchen. Aber der Kunde bekommt auch etwas für sein Geld. Das ist tatsächlich wörtlich gemeint, denn Elke Köcher fertigt auch Herrenbekleidung. Alle ihre Stücke sind so originalgetreu wie möglich und sie macht niemals etwas zweimal. So kann man sich sicher sein, dass kein anderer dasselbe trägt. Wer will, kann von ihr auch mehr als nur ein Kleid oder eine Jacke bekommen. Sie fertigt außerdem die passenden Hüte und andere Accessoires dazu an.

Wer etwas bei ihr kaufen will, sollte allerdings Zeit mitbringen. Bis zu einem halben Jahr kann es dauern, bis man die Kleider mitnehmen kann.

www.atelier-tiziana.de