Merken

Verborgene Werte

Rosenthal-Bielatal beschließt ein Brachflächenkonzept. Das soll den Abriss von Ruinen beschleunigen.

Teilen
Folgen
NEU!
© SZ/Gunnar Klehm

Von Gunnar Klehm

Rosenthal-Bielatal. Das waren noch Zeiten, als in den 1980ern die Zimmer von Feriengästen bewohnt waren und auf der Terrasse ein Café betrieben wurde. Nach der Wende 1990 verkaufte die Treuhand das Gebäude an Private. Seitdem verfällt die Brausensteiner Mühle im Bielatal. Das mögen manche als bedauerlich empfinden, aber man bemerkt es kaum noch. Der Gebäudekomplex dämmert hinter üppig sprießendem Grün dahin und fällt kaum mehr ins Auge.

Wesentlich präsenter dagegen ist das Abrisshaus an der Talstraße 12. Die Obergeschosse mussten von Amts wegen eingerissen werden, weil die Gefahr bestand, dass Teile auf Passanten herabfallen könnten. Direkt vor dem Gebäude befindet sich eine Bushaltestelle.

Solche Ruinen sind nicht nur hässlich, sondern hemmen auch die touristische Entwicklung, heißt es. Deshalb hat die Gemeinde Rosenthal-Bielatal ein Tourismuskonzept erarbeitet, zu dem auch ein „Fachkonzept Brachen“ gehört. Ganz oben auf diese Prioritätenliste hat der Gemeinderat die Talstraße 12 gesetzt. Damit soll es nun möglich werden, dass die öffentliche Hand mit Fördermitteln Ruinen beseitigt, selbst wenn die Grundstücke in privatem Besitz bleiben.

So können Kommunen und Private profitieren

Welche Grundstücke in ein Brachflächenkonzept aufgenommen werden, wird von Stadt- und Gemeinderäten im Rahmen der Planung zur Ortsentwicklung bestimmt. Was Gemeinden als Brachflächen benannt haben, kann im Landratsamt abgefragt werden.

Es gibt eine Richtlinie zur Brachenberäumung, in der im Antragsfall nur durch die jeweilige Kommune derartige „städtebauliche Missstände“ beseitigt werden können. Private sind nicht antragsberechtigt.

Zu den in Aussicht gestellten Fördermitteln muss die Gemeinde Eigenmittel bereitstellen und die Vorfinanzierung der Baumaßnahme übernehmen.

Die Wertsteigerung, die sich aus der Beräumung einer Brache ergibt, muss vom Eigentümer vor einer neuen Nutzung erstattet werden, sofern er Eigentümer des jeweiligen Flurstückes bleibt.

Dies ist ein Weg, Schandflecke im Ort zu beseitigen, was im Sinne der Gemeinde, der touristischen und gemeindlichen Entwicklung wäre.

Als Brachen laut Richtlinie gelten Grundstücke, die ihre ursprüngliche Funktion oder überwiegende Nutzung mindestens vor zehn Jahren verloren haben. (SZ)

1 / 6

Nach mehreren Beratungen und Begehungen vor Ort hat der Gemeinderat fünf Objekte benannt, deren Beseitigung vorangetrieben werden soll. Dazu gehören neben der Talstraße 12 und der Brausensteiner Mühle auch das ehemalige Rapido-Gelände an der Königsteiner Straße in Rosenthal, die alte Mühle – Papierschleife – im Bielatal sowie der Schuttberg Schweizermühle 11-13.

Entwicklung fehlt Dynamik

Das Grundstück der Schweizermühle gehört Tom Letz. „Ich würde diesen Teil des Geländes auch der Gemeinde schenken, wenn dadurch etwas vorwärtsginge“, sagt er. Das sei aber nur eine mehrerer Varianten. Eine andere wäre, dass sich ein Investor findet und ein Bebauungsplan für das Gebiet aufgestellt wird. Ähnlich wie an der Brausensteiner Mühle wächst aber auch auf dem Trümmerberg der eingestürzten Gebäude der früheren Kureinrichtung Schweizermühle immer mehr Grün.

Dass etwas in der Gemeinde passieren muss, wird in dem Tourismus- und Brachflächenkonzept so beschrieben: „Im Vergleich zur Tourismusregion Sächsische Schweiz insgesamt verläuft die Entwicklung weniger dynamisch und auf einem deutlich niedrigeren Niveau.“ Die Landschaft mit ihren ausgedehnten Waldgebieten und einer Vielzahl bizarrer Felsformationen sei ein wertvoller „Gunstfaktor“, der sich in den letzten Jahren jedoch nur unzureichend in Gästezahlen und der regionalen Wertschöpfung ablesen lässt.

Um das zu verbessern, wurde die Ausgangssituation analysiert und wurden in mehreren Workshops 50 konkrete Maßnahmen abgeleitet. An den Gesprächen haben sich neben den Gemeinderäten viele Bürger und Institutionen beteiligt. Einiges wurde auch schon umgesetzt. So wurden bereits Aussichten freigeschnitten. Weitere sollen folgen. Es haben sich acht Paten für Wanderwege gefunden, und auf Wunsch der tschechischen Nachbarn wurde der mit blauem Strich markierte Wanderweg etwas umverlegt. „Wir brauchen aber noch Aktive, die bei der Umsetzung, also den Mühen der Ebene, mithelfen“, sagt Johannes von Korff vom Büro Futour, das mit der Erarbeitung beauftragt wurde. Das komplette Konzept kann auf der Homepage der Gemeinde heruntergeladen werden.

Um die Attraktivität als Tourismusort zu steigern, sollen nun nach und nach die Brachen beseitigt werden. Neben den fünf schon genannten sind weitere zehn Grundstücke im Gespräch. Teilweise müsse dabei aber noch eine Klärung mit den Eigentümern herbeigeführt werden.

Auch wenn die Gebäude niemand mehr sanieren möchte, könnte es dennoch Interessenten geben. Nämlich Bauherren, die eine Entsiegelung als Ausgleich für Versiegelung an anderer Stelle schaffen müssen. Damit sind Ruinen wie die Brausensteiner Mühle teilweise verborgene Werte, die anderen noch nützlich sein können. Das sieht die Gemeinde als gute Chance an.