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Auch die neuen Geldscheine werden gefälscht

Der Wettlauf zwischen Währungshütern und Geldfälschern geht weiter. Selbst modernste Sicherheitsmerkmale der neuen Euro-Scheine bremsen Kriminelle nicht aus. 

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© Foto: Boris Roessler/dpa

Frankfurt am Main. Nicht immer haben es Falschgeld-Fahnder so leicht wie in folgendem Fall: Einem 22-Jährigen in Österreich kamen die Ermittler im Herbst schnell auf die Schliche, weil der junge Mann seinen mit 50-Euro-Blüten gefüllten Geldbeutel verlor - und seinen Ausweis gleich mit. Bestellt hatte der Mann die Scheine nach eigener Aussage in dunklen Kanälen des Internets, dem sogenannten Darknet.

Zwar sind 2018 die Falschgeldzahlen sowohl in Deutschland als auch in Europa wieder gesunken. Doch gerade junge Menschen scheint die Möglichkeit zu locken, sich gefälschte Scheine oder das Zubehör für die eigene Produktion mit wenigen Mausklicks online zu besorgen.

Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamts (BKA) nimmt die Anzahl junger Tatverdächtiger im Zusammenhang mit Falschgelddelikten in Deutschland seit Jahren zu. Waren es 2013 noch 266 unter 21-Jährige und damit 16 Prozent der Tatverdächtigen in diesem Bereich, hat sich die Zahl im Jahr 2017 auf 752 (23 Prozent Anteil) fast verdreifacht.

"Aufgrund der verhältnismäßig einfachen Verfügbarkeit von Equipment und Handlungsanleitungen für die Produktion gefälschter Banknoten über das Internet/Darknet ist es einem größeren potenziellen Täterkreis möglich, Falschgelddelikte zu begehen", stellte das BKA in seinem Mitte 2018 veröffentlichten "Lagebild Falschgeldkriminalität" fest. "Die jugendlichen Täter sind meist IT-affin, vermutlich mit Vertrauen in die vermeintliche Anonymität im Darknet."

Diesen Trend beobachten auch die Fachleute der Deutschen Bundesbank. "Für eine gewisse Klientel ist es einfacher geworden, an Fälschungen zu gelangen", sagt Sven Bertelmann, Leiter des Nationalen Analysezentrums (NAC) für Falschgeld und beschädigtes Bargeld in Mainz. "Auch Hologramme und gefälschte Porträtfenster werden im Darknet gehandelt."

Das Porträtfenster - von Europas Währungshütern erstmals im November 2015 beim neuen 20-Euro-Schein eingeführt - gilt derzeit als eine der höchsten Hürden für Fälscher. Hält man den Schein gegen das Licht, wird das Fenster durchsichtig und zeigt ein Porträt der Europa.

Doch Kriminelle schrecken auch solche Raffinessen nicht ab. Erste 50-Euro-Fälschungen mit - wenn auch verschwommenem - Porträtfenster sind aufgetaucht. "Fälscher rechnen mit dem flüchtigen Betrachter", erklärt Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann. Die Qualität der nachgemachten Porträtfenster erreiche aber "bislang nicht annähernd das Original", betont er. "Minimale Sorgfalt reicht manchmal schon, um Falschgeld zu erkennen. Zwei Sekunden können bares Geld sparen. Denn falsche Banknoten und Münzen werden nicht ersetzt."

Rund 563 000 Blüten zogen Polizei, Handel und Banken in Europa nach jüngsten Zahlen der Europäischen Zentralbank (EZB) vom Freitag im vergangenen Jahr aus dem Verkehr. Das waren knapp 19 Prozent weniger als 2017, es bedeutete den niedrigsten Stand seit 2013 (670 000 Euro-Fälschungen). Der rechnerische Schaden sank auf rund 31,4 Millionen Euro, nach 36 Millionen Euro 2017.

In Deutschland verringerte sich die Zahl der gefälschten Euro-Banknoten nach Angaben der Bundesbank binnen Jahresfrist um 20 Prozent auf etwas mehr als 58 000. "Die neue Banknotenserie greift", bilanzierte Beermann. Der Schaden durch Falschnoten in Deutschland verringerte sich auf rund 3,4 (2017: 4,1) Millionen Euro.

Am 28. Mai werden runderneuerte 100- und 200-Euro-Scheine die zweite Euro-Banknotenserie vervollständigen. Um es Fälschern noch schwerer zu machen, haben die Währungshüter ein weiteres Sicherheitsmerkmal ausgetüftelt: das "Satelliten-Hologramm". In diesem bewegen sich beim Neigen des Scheins um die Zahl "100" bzw. "200" kleine Euro-Symbole.

Üblicherweise tauchen sehr bald nach der Einführung neuer Scheine erste Farbkopien auf, etwa ein halbes Jahr später dann die ersten Druckfälschungen - zunehmend mit Hilfe aus dem Darknet. Aber auch die Strafverfolger haben aufgerüstet. "Die vermeintliche Anonymität in Darknet-Marktplätzen wird durch eine effektive nationale und internationale Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden durchbrochen" - so das Fazit der Zentralstelle Cybercrime Bayern zu einer Razzia, die Anfang Dezember öffentlich gemacht wurde.

Dabei koordinierten die bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg eingerichtete Einheit und die Falschgeldzentralstelle des Bayerischen Landeskriminalamts 178 Durchsuchungen in allen 16 Bundesländern. Dies war Teil einer europaweiten Aktion, bei der unter Federführung der europäischen Polizeibehörde Europol Ermittler in 13 Staaten gleichzeitig gegen Geldfälscher vorgingen.

Ausgangspunkt für die Razzia: eine Falschgelddruckerei in Leoben (Österreich). Ein 32-Jähriger produzierte dort 10-, 20- und 50-Euro-Falschnoten und verkaufte diese im Darknet. Mehr als 10 000 seiner Blüten sollen Abnehmer in ganz Europa gefunden haben.

Der Wettlauf geht weiter. "Die Falschgeldhersteller sind in der Lage, sich innerhalb kurzer Zeit auch auf neue Anforderungen einzustellen", erklärt das BKA. "Die Falschgeldkriminalität wird aufgrund der Stabilität des Euro auch künftig ein Betätigungsfeld krimineller Organisationen bleiben."