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Bautzen
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Auf den Spuren von Heinrich Böll

1.000 Schüler spielten am Montag in Bautzen Theater – darunter auch eine Gruppe mit einer besonderen Botschaft.

Von Carmen Schumann
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In der Szenenfolge „Nie wieder Krieg“ nach Texten von Heinrich Böll und Wolfgang Borchert spielten unter anderem Marie Matschie und Falco Birke.
In der Szenenfolge „Nie wieder Krieg“ nach Texten von Heinrich Böll und Wolfgang Borchert spielten unter anderem Marie Matschie und Falco Birke. © Carmen Schumann

Bautzen. Die Aula des Beruflichen Schulzentrums für Wirtschaft und Technik in Bautzen ist bis auf den letzten Platz besetzt. Und dennoch herrscht gebannte Stille. Die Schüler verfolgen mit angehaltenem Atem dem Geschehen auf der Bühne. Es sind Gleichaltrige, die jede Woche Theater proben. Und dies in ihrer Freizeit. Jeden Mittwoch arbeiten Schüler des Beruflichen Gymnasiums und der Fachoberschule an ihren Stücken, um später damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Sogar den Sonntag vor dem Schüler-Welt-Theatertag opferten die Amateur-Schauspieler für die Generalprobe. Und auch in den Winterferien gab es keine Proben-Pause.

Mit ihrem Stück „Nie wieder Krieg“ berührten die jungen Leute ihre Altersgenossen. Die Lehrerin Martina Liebsch, die die Theatergruppe schon seit 19 Jahren mit viel Herzblut leitet, hatte zusammen mit den Schülern Texte von Heinrich Böll und Wolfgang Borchert ausgesucht, um sie szenisch umzusetzen. Um dem Ganzen eine Klammer zu geben, erfanden sie eine Rahmenhandlung: Eine Gymnasiastin bereitet sich auf die Abi-Prüfung in Deutsch vor. Sie will eigentlich keine große Mühe hinein investieren. Dann vertieft sie sich in die Kurzgeschichten der genannten Autoren. Für die nun folgenden Szenen wird sie gleichsam zum „Nummern-Girl“. 

Aber es ist keine leichte Kost. Die Autoren lassen Episoden aus der Nachkriegszeit lebendig werden, die den Schülern weit weg vorkommen müssen. Da ist das Schicksal des Kriegsversehrten, der mit seinem zerschossenen Bein um seine karge Rente kämpfen muss. Oder die junge Frau, der nach dem Kriegsgeschehen außer einer alten Küchenuhr nichts geblieben ist. Eine nicht ganz so dramatische, sondern eher lustige Angelegenheit ist die Szene, wo eine Touristin einen faul am Strand liegenden Fischer auffordert, doch mehr zu arbeiten, worauf der antwortet: „Wozu denn?“ Und die Touristin meint, wenn er viel Geld verdient, könne er irgendwann faul in der Sonne liegen. Worauf der Fischer sagt: „Aber das kann ich doch auch jetzt schon!“ Nachdem die Szenen an ihr vorübergezogen sind, resümiert die Abiturientin: „Ich hoffe, dass ich so etwas nie erleben muss und kein Kind jemals bis drei zählen muss, was die Weltkriege betrifft.“

Nachdenkliche Schauspieler

Die jungen Schauspieler hat die Arbeit an dem Stück sehr nachdenklich gemacht. Falco Birke, der den „faulen“ Fischer spielt, sagt: „Wenn man bedenkt, dass es momentan 30 Kriegsgebiete gibt, sind 70 Jahre Frieden nicht selbstverständlich.“ Und Franziska Timmermann ergänzt: „Das Thema Krieg und Nachkrieg wird zwar schon in der Schule behandelt, aber durch so ein Theaterstück kommt einem die Problematik emotional viel näher.“

Dass Schüler mit ihren Stücken die Zuschauer emotional berühren können, sei auch ein Hauptziel des Schüler-Welt-Theatertages, sagt Theaterpädagogin Heide-Simone Barth, die das Ereignis organisiert, das dieses Jahr zum 20. Mal stattfand. Wenn das Publikum mitgeht, sei das für die Darsteller der größte Ansporn, weiterzumachen. Sie freut sich, dass diesmal außergewöhnlich viele ganze junge Theatergruppen aus den Grundschulen dabei waren, die mit viel Liebe, Aufwand und Fantasie spielten. Schön sei es auch zu beobachten, wie die Gruppen sich untereinander austauschen. Insgesamt waren am Montag rund 1.000 junge Darsteller an 14 Spielstätten in Bautzen zu erleben. Gespielt wurde nicht nur auf Deutsch und Sorbisch, sondern auch auf Englisch, und erstmals gab es sogar ein Stück auf Arabisch.