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Auf Großwildjagd

Einen echten Elefantenfuß, Flinten und Hirschfänger. Das und mehr zeigt eine Adels- Ausstellung im Schloss Nossen. Einige Gäste sind davon empört.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Nossen. Wie dem Braunbären, dessen Torso derzeit ausgestopft an der Wand in den Prinzenkammern von Schloss Nossen hängt, erging es vor über 100 Jahren in Siebenbürgen vielen seiner Artgenossen. „Diesen hier hat der Adelige Egon von Posern 1912 geschossen. Zwischen 1611 und 1717 wurden in Siebenbürgen über 700 Bären erlegt“, sagt Peter Dänhardt. Der 36-Jährige muss es wissen.

Der Museologe beschäftigt sich seit Jahren mit der Geschichte des Adels. Gleich mehrere Ausstellungen sind zu diesem Thema auf Schloss Nossen zu sehen. Doch die etwa 100 Exponate der Sonderausstellung „Flinte, Korn und blaues Blut“ sind schon etwas Besonderes. Die Gestaltung der Vitrinen und die Ergänzung einzelner Exponate hat Dänhardt mit zu verantworten. „Wir wollten etwas zum sächsischen Adel und der Jagd machen. Dank zahlreicher Leihgaben von nach Sachsen zurückgekehrten Adelsfamilien oder Institutionen wie dem Barockschloss Rammenau, konnten wir das verwirklichen“, erzählt der studierte Historiker.

Besonderes Augenmerk habe man auf die Zeit vom 16. Jahrhundert bis Mitte des 20. Jahrhunderts gelegt. Der Besucher erfährt dabei, wo Großwildjäger in und aus Sachsen bei ihren Jagden erfolgreich waren, welche Tiere mit welcher Art von Waffe getötet wurden und welche Regeln Jäger zu befolgen hatten.

„Wir thematisieren auch die Afrika- und Asien-Expeditionen im 19. Jahrhundert“, so Dänhardt. Von einer solchen stammt beispielsweise ein originaler Elefantenfuß aus dem Jahr 1898, der noch bis zum Ausstellungsende am 16. Oktober zu sehen ist. „Er wurde von Leopold Freiherr von Münchhausen geschossen. Das Exponat hat uns die Adelsfamilie Carlowitz zur Verfügung gestellt“, berichtet Dänhardt. Dass solche Ausstellungsstücke und speziell das Thema Jagd nach Tieren auch Proteste auslösen können, sei den Verantwortlichen bewusst gewesen.

Bis auf ein paar empörte oder auch mal rüde Kommentare ins Gästebuch hätten sich diese aber in Grenzen gehalten. Außerdem könne man das Thema ja nicht totschweigen, sondern müsse es wissenschaftlich fundiert und informativ aufbereiten. „Leider gibt es bis heute noch Großwildjagden. Ich erinnere nur an Bilder des spanischen Königs Juan Carlos, der sich vor nicht allzu langer Zeit als Großwildjäger hat fotografieren lassen“, meint Peter Dänhardt.

Dass es in Afrika noch einen echten Markt für diese Industrie gebe, davor dürfe man nicht die Augen verschließen.

„Ein Statussymbol sind heroische Bilder mit toten Wildtieren zum Glück nicht mehr. Das war aber lange anders. Und das möchten wir in unserer Ausstellung auch zeigen.“

Darüber hinaus gibt es im Schloss durchaus Überraschendes – wenn auch manchmal Grausames – zu erfahren. Das reicht von der ungeschönten Wahrheit über die Funktionen von bei der Jagd eingesetzten Waffen bis hin zu rechtlichen Grundlagen der Jagd. „Wir zeigen zum Beispiel sogenannte Kugelschnapper, die zur Vogeljagd eingesetzt worden, Hirschfänger oder Saufedern, mit denen man Wildschweine erlegte“, sagt der Museologe.

In Sachen Jagd- und Herrenrecht unterschied man früher in niedere, mittlere und hohe Jagd. Während Rebhühner, Füchse und Rehe zur niederen Jagd gehörten und von vielen Lehensbesitzern geschossen werden durften, war die hohe Jagd wichtigen Persönlichkeiten wie Rittern vorbehalten. „Sie hatten dann das Recht, Kraniche, Bären oder Damwild zu jagen“, so Dänhardt. Besonders unter Sachsenkönig August dem Starken sei der Jagd eine starke soziale Komponente beigemessen worden. Die Schau „Flinte, Korn und blaues Blut“ zeigt auch, welche Strafen illegale Wilderer zu erwarten hatten.

„Wurden etwa Bauern, die wegen ihres Standes nicht jagen durften, erwischt, mussten sie sich auf hohe Geldstrafen oder sogar Zuchthaus gefasst machen“, erzählt der Historiker. Einzigartig macht die Ausstellung neben den bei der Jagd eingesetzten sogenannten Jagdlappen – von ihnen stammt der Spruch „Durch die Lappen gegangen“ – auch ein historisches Jagdhandbuch von Johann Friedrich von Flemming, dem Wildmeister und Oberförster unter August dem Starken. Für die kleineren Gäste haben die Ausstellungsmacher außerdem eine interaktive Ecke eingerichtet.

„Hier können sie mit einer Spielzeugwaffe auf einen Papphirsch zielen, aus dessen Geweih ein Glöckchen-Baum wächst“, sagt Peter Dänhardt. Der Hirsch sei an die Mär von Baron Münchhausen „Der Hirsch mit dem Kirschgeweih“ angelehnt“. Nicht nur diese Station macht die Schau auf Schloss Nossen besuchenswert, die Informationen anschaulich aber ohne ellenlange Texte vermittelt.

Geöffnet: Dienstag bis Freitag, 10 bis 17 Uhr / Sonnabend und Sonntag, 10 bis 18 Uhr. Eintritt ist im Gesamtpreis für das Schloss (4 Euro) mit inbegriffen.