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Aufklärung per Wurstblatt

Die Fleischerei Schempp will Verkaufsautomaten für Fleischprodukte aufstellen.

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© Brühl, Montage:SZ-Bildstelle

Von Manfred Müller

Radebeul/Tauscha. Wer könnte wohl stolz darauf sein, ein Wurstblatt herauszugeben? Ein Journalist nicht. Ein Fleischer schon.

Zweimal im Jahr informiert die Tauschaer Landfleischerei Schempp per Depesche über die Feinheiten der Fleischverarbeitung. Aus dem Kundenmagazin erfährt man Wissenswertes über Traditionen, Standards, Herstellung und Inhaltsstoffe der Wurst, aber auch über artgerechte Tierhaltung und Wild-Hege. „Unsere Regeln: keine Geschmacksverstärker, keine Farbstoffe und E-Zusätze nur dort, wo sie zwingend erforderlich sind“, sagt Juniorchef Christoph Schempp. „Fleisch und Wurst sind ja schon mehrfach in die Schlagzeilen gekommen – deshalb ist uns Transparenz wichtig.“ Ab Sommer nächsten Jahres will der 26-Jährige den Familienbetrieb von seinen Eltern übernehmen.

Der diplomierte Wirtschaftsingenieur absolviert noch seine Meisterausbildung – als Abschluss wird er im Februar auf der Handwerksmesse in Leipzig ein Buffet ausrichten. Neuerungen sind auch schon geplant – zum Beispiel ein Fleisch- und Wurstautomat, an dem man sich auch außerhalb der Öffnungszeiten bedienen kann. „Die Leute werden spontaner“, erklärt Schempp. „Oftmals überlegen sie sich erst am Abend, dass sie noch etwas Schönes brutzeln wollen.“ Vor allem in der Grillsaison sei so ein Automat Gold wert, weil man dann auch Sonntag noch Bratwürste und Steaks von seinem Fleischer bekommt.

Abgepackte Produkte zu jeder Tages- und Nachtzeit

Ab April soll es am Stammsitz in Tauscha-Anbau und in der Radebeuler Filiale der Schempps speziell abgepackte und gekühlte Fleischprodukte zu jeder Tages- und Nachtzeit geben. Mit dem Sortiment müsse er dann sicher etwas experimentieren, sagt Schempp junior. Aber es gebe in der Branche gute Erfahrungen. Den Aufwand mit der exakten Gewichtung und Etikettierung des Angebots müsse man eben in Kauf nehmen. Die Diskussion um die gesundheitliche Bedenklichkeit von Wurst und „rotem“ Fleisch ist bisher noch nicht auf Umsatz der Landfleischerei durchgeschlagen.

Schon gar nicht in der Weihnachtszeit, wo niemand so recht auf seine Wiener Würstchen, den Schinken oder die Salami verzichten möchte. „Man sollte alle Lebensmittel in Maßen genießen“, sagt Christoph Schempp. „Lieber weniger, aber dafür etwas Ordentliches.“ Das umstrittene Nitritpökelsalz zum Beispiel werde bei vielen Produkten gar nicht verwendet. Im Hackepeter, in der Bratwurst, aber auch in der Blut- und Leberwurst finde man es nicht. Aber dazu gebe es kaum Fragen von der Kundschaft. „Die interessiert sich eher für die Haltungsbedingungen unserer Schlachttiere“, erklärt Schempp.

Da die Tauschaer noch selbst schlachten, achten sie darauf, dass die Tiere möglichst wenig Transportstress aushalten müssen. Die Schweine etwa kommen aus der Liegaer Mastanlage oder vom Ebersbacher Zuchtbetrieb Tillich. Die Kälber liefert ein Röderner Landwirt und die Lämmer ein Schäfer aus Königsbrück. Der Wurstkonsum sei seit Jahren rückläufig, sagt Christoph Schempp, vor allem in der Stadt. Das könne er deutlich an den Absatzunterschieden zwischen dem Tauschaer und dem Radebeuler Laden ablesen. Während auf dem Dorf zu 80 Prozent Wurstwaren gekauft werden, ist es in der Stadt nur die Hälfte. In Radebeul legt man sich lieber ein Steak in die Pfanne. Dennoch soll das „Wurstblatt“ auch künftig seinen Namen behalten. „Steakblatt“ wäre wohl doch etwas zu weit hergeholt.