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Aufregung vor dem Bau

Riesas Krankenhaus wird fünf Jahre lang um- und ausgebaut. Das Projekt stand kurz vorher noch auf der Kippe.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Das Areal hinter dem Riesaer Krankenhaus gleicht einer Mondlandschaft – oder eher einer Marslandschaft: Rötlich schimmert der Boden, in dem ein Bagger eine riesige Grube aushebt. Jetzt ist es nicht mehr zu übersehen: Am Elblandklinikum in Riesa hat das größte Bauvorhaben seit Jahrzehnten begonnen. Bis 2021 werden dort 55 Millionen Euro verbaut, um das Krankenhaus zu modernisieren.

Frank Willimowski, Architekt bei den Elblandkliniken
Frank Willimowski, Architekt bei den Elblandkliniken © Claudia Hübschmann

Lange schien es ruhig geworden um das Bauprojekt – nachdem man sich am 13. August 2013 vom Plan verabschiedet hatte, das Hochhaus abzureißen, um ein neues Krankenhaus zu errichten. Dabei ging an diesem Tag die Planung für das Bauprojekt los, das jetzt erste unübersehbare Spuren in Riesa hinterlässt. Frank Willimowski kann sich daran ganz genau erinnern: Für den Architekten war jener Augusttag der zweite Arbeitstag am Klinikum – und seitdem ist er ununterbrochen mit dem Bauprojekt beschäftigt. „Wir wussten, dass wir 55 Millionen Euro Budget haben und ein kompletter Neubau damit nicht infrage kommt.“

Die Herausforderung war nicht ohne: Es ging darum, ein Hochhaus aus dem Jahr 1971 für ein modernes Klinikum fit zu machen. „Ursprünglich war dieser Bautyp gar nicht für Krankenhäuser vorgesehen, sondern für Wohnheime“, sagt der Bauprojektsteuerer. Dazu kam, dass das Gebäude lediglich für eine Lebenszeit von 35 Jahren ausgelegt war. Die war theoretisch 2006 abgelaufen. „Außerdem entsprechen die Bauteile in keinster Weise den heute geltenden Normen.“ Wie es hinter der Fassade aussieht, galt es überhaupt erst herauszufinden. „Wir gingen anfangs davon aus, dass das Hochhaus ein Plattenbau ist“, sagt der Architekt. „Aber das stimmt gar nicht: Es wurde in Skelettbauweise gebaut.“

Bei der Erforschung der Details half ein Dresdner Ingenieur, den man ausfindig gemacht hatte. Der hatte – zum Glück für die Elblandkliniken – die Unterlagen für diesen DDR-Bautyp archiviert. „Schließlich ist es für die Statik und den Brandschutz entscheidend, welche Stahl-Bewehrung in den Bauteilen steckt und wie viel Beton sich darüber befindet“, sagt Willimowski. Probebohrungen waren längst nicht überall zulässig. „Bei Spannbetonteilen ist Hineinbohren streng verboten, weil sonst die Stabilität verloren geht“, sagt der 45-Jährige.

Bei der Erforschung des Riesaer Hochhauses half eine Visite in Thüringen. In Nordhausen steht ein Krankenhaus, das in einem ähnlichen Gebäudetyp errichtet wurde. Aber nicht nur die DDR-Bauteile machten Sorgen. Würde sich die 1999/2000 erneuerte Fassade überhaupt weiter verwenden lassen? Die 222 tragenden Riegel – die waagerechten Streifen zwischen den charakteristischen bunten Elementen – erreichten die vorgeschriebene Feuerwiderstandsklasse nicht.

Fast ein Jahr dauerte die Untersuchung, wie man die Riegel umrüsten könne. „Hätten wir die Fassade nicht erhalten können, wäre das ganze Projekt gestorben“, sagt Frank Willimowski. Die Lösung wurde schließlich gefunden: Wo es machbar ist, kommt von innen eine Brandschutzverkleidung dran. Das war nur eine der Herausforderungen für die Planer, die seit 2013 mit Riesas Krankenhaus beschäftigt sind. Für das Bauamt in Riesa haben sie nur Lob übrig, die Baugenehmigung kam im Mai ziemlich schnell. Auch die Archäologen gaben zügig grünes Licht: Auf dem Platz des alten Riesaer Krankenhauses war für sie nichts zu holen.

Umso aufwendiger bleibt es, das Bauprojekt immer wieder neu mit allen Beteiligten abzustimmen – so dass am Ende jede Toilette, jede Steckdose, jede Abstellfläche am richtigen Platz ist. Gut ein Dutzend Beteiligte sitzen alle zwei Wochen an einem Tisch zusammen. „Wir hatten gerade die 38. Planungssitzung“, sagt Frank Willimowski. Rechnet man alle Bau- und Nutzungsgespräche zusammen, wurden schon mehr als 150 Planungsrunden absolviert. „Wir haben das Mehr-Augen-Prinzip, damit die Gefahr von Fehlentscheidungen geringer ist“, sagt der Architekt. Immerhin geht es darum, dass in Riesa ein Krankenhaus entsteht, das für Jahrzehnte fit ist.

Dieser Beitrag ist der Auftakt einer neuen SZ-Serie, die sich in den nächsten Monaten mit einem der größten Riesaer Bauprojekte überhaupt beschäftigt.

Sie stellt in regelmäßigen Abständen vor, wie es mit dem Bau vorangeht – und was für Auswirkungen er für Riesa, die Mitarbeiter und die Patienten hat.