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Aufstieg in die höchsten Kreise

Wie sicherten sich ehrgeizige Bürger einen Adelstitel? Darüber diskutierten jetzt Experten auf Schloss Lauterbach.

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© Kristin Richter

Von Manfred Müller

Lauterbach. Da ist dem rührigen Lauterbacher Schloss-Förderverein wieder ein Coup gelungen: Am vergangenen Sonnabend tagte im Gartensaal die Historische Kommission des Sächsischen Adels. Es ging um den Aufstieg ehrgeiziger Bürgerlicher in die feudale Elite – und die Ahnen der Schlossherren von Lauterbach sind dafür ein Paradebeispiel.

Die Wurzeln der Familie von Palm liegen im Schwäbischen. Erster gesicherter Vorfahre war der 1490 geborene Matthäus Palm, Bürgermeister in einem unbedeutenden württembergischen Örtchen. Aber er und seine Nachkommen verfügten über eine gehörige Portion Ehrgeiz, so dass ihnen innerhalb kürzester Zeit der Aufstieg in höhere Adelskreise gelang. Zwei Jahrhunderte später schaffte es ein Familienzweig bis an den kaiserlichen Hof nach Wien. Mit Johann David Palm, einem Finanzgenie, das während der Türkenkriege die Heeresverwaltung organisierte, stand der Clan in höchster Blüte. Die Geschwindigkeit, mit der die Palms den Aufstieg schafften, sei in Deutschland einmalig, so Henning von Kopp-Colomb, der Präsident des Deutschen Adelsrechtsausschusses.

Danach folgte allerdings der schnelle Absturz, weil sich die Familie mit dem Fürstenstand finanziell übernahm und später die männlichen Nachkommen ausblieben. Der etwas bescheidenere schwäbische Zweig streckte seine Fühler nach Sachsen aus und erwarb 1735 das Gut Lauterbach, wo sich die von Palms bis ins 20. Jahrhundert festsetzten. Der engere Stammbaum der von Palms umfasst mehr als 300 Personen, und Harald Jancke, ein Urenkel der Anna von Palm auf Lauterbach, beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der Familiengeschichte. Beim Adelsworkshop hielt er einen hochinteressanten Vortrag über seine Vorfahren, die sogar einen Märtyrer in ihren Reihen haben: Johann Philipp Palm hatte während der napoleonischen Besatzung eine Streitschrift gegen den Franzosenkaiser verlegt und wurde deshalb im österreichischen Braunau standrechtlich erschossen.

Auch im originär sächsischen Adel gibt es viele Geschichten vom Aufstieg ehrgeiziger Bürgerlicher. Kunsthistoriker Matthias Donat von der historischen Kommission trug eine ganze Reihe davon vor. Eins der bekanntesten Beispiele ist der Riesaer Rittergutsbesitzer Christoph von Felgenhauer. Die Erhebung in den Adelsstand sei nur die erste Hürde gewesen, so Donat. Danach ging es darum, das Privileg für die Nachkommen zu sichern – durch den Erwerb von Grundbesitz, standesgemäße Schlösser, Einheirat in alte Adelsfamilien. Die bürgerliche Herkunft, auch wenn sie in einer reichen Patrizierfamilie wurzelte, galt noch über Generationen als Makel. Einige etwas windige Emporkömmlinge warteten deshalb sogar mit frei erfundenen Stammbäumen auf.

Bei den Lauterbacher Schlossherren war das allerdings nicht der Fall. Die Nachkommen Matthäus Palms setzen eher auf bürgerliche Tugenden wie Tüchtigkeit, finanzielles und organisatorisches Geschick. In diesen Fußstapfen bewegt sich auch der Förderverein Schloss und Park Lauterbach. Voller Enthusiasmus widmen sich die 30 Mitglieder dem Erhalt dieses Kleinods sächsischer Geschichte. Sie betreiben selbst historische Recherchen, knüpfen Verbindungen zu den Nachkommen der Schlossherren und werben unermüdlich Spenden für die Restaurierung des Gebäudes ein. Mit Roland Schwenke haben sie sogar einen eigenen „Hofmaler“ gewonnen, der die Räume mit Porträts der Adelsfamilien ausstattet. Im Moment widmet der 2006 gegründete Verein seine ganze Kraft dem Wiederaufbau des Türmchens, das 200 Jahre lang das Dach des Herrschaftsgebäudes zierte. Etwa 80 000 Euro kostet die Wiederherstellung der 1931 wegen Baufälligkeit abgerissenen Krone – einschließlich einer neuen Turmuhr. „Allein mit den Einnahmen aus unseren Veranstaltungen können wir das nicht stemmen“, erklärt Vereinssprecherin Randi Friese. Deshalb müssten die Lauterbacher jede Gelegenheit nutzen, um ihr Schloss bekannter zu machen und neue Kontakte zu knüpfen. Der Adelsworkshop sei dafür eine gute Gelegenheit. Für den Turmbau haben sich Vereinsmitglieder eine originelle Spendenwerbung ausgedacht. Wer mindestens 100 Euro einbringt, bekommt eine Urkunde für die sogenannte kleine Turmherrschaft, ab 500 Euro winkt dann die große. Die Namen der Geber sollen später in eine Kapsel eingeschlossen und hoch über Lauterbach deponiert werden.