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Außer Kontrolle

Die Stadt sagt, eine lebendige Szene an Straßenkünstlern sei ihr wichtig – aber mit Regeln.

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© J.-M. Schulter

Von Andreas Weller

Knapp sieben Monate nach der Einführung der Einschränkungen für Straßenmusikanten, Feuerspucker, Pantomimen und Maler rudert die Verwaltung ein Stück zurück. Bei den auferlegten Regeln gibt es Änderungen. Kulturbürgermeister Ralf Lunau (parteilos) hat mit Künstlern, Gastronomen, Anwohnern und Bediensteten der anliegenden Gebäude gesprochen. „Als Kulturpolitiker sage ich, Straßenkunst gehört zur Atmosphäre einer Stadt“, so Lunau. „Aber es muss einen Ausgleich zwischen Künstlern und Anrainern geben.“

Weit mehr als 120 Beschwerden habe es gegeben, berichtet Baubürgermeister Jörn Marx (CDU). Zum Teil, weil Ruhezeiten nicht eingehalten wurden, spät abends gespielt oder einfach nur immer wieder dasselbe Lied gedudelt wurde – stundenlang. Aber zumindest die allseits abgelehnte Drangsalierung der Künstler wird nun etwas abgemildert. Die Stadt will 20 statt der bisher sieben Plätze für Künstler zulassen. Insgesamt werden sechs Plätze für Pantomimen freigegeben, sieben für Musiker ohne Instrument, drei mit Instrumenten und CDs, zwei für Klavierspieler und zwei für Maler.

Aber die Künstler müssen sich immer noch morgens im Amt anmelden und für fünf Euro eine Genehmigung holen. Ab 11.30 Uhr dürfen sie dann eine halbe Stunde spielen. Dann ist Pause, und der Musiker muss weiterziehen. Der Nächste darf dann wieder eine halbe Stunde spielen – bis 13 Uhr und dann wieder von 15 bis 20 Uhr. Außer sonn- und feiertags. Diese Regelung gilt für den 26er-Ring, also die Innenstadt. Die Augustusbrücke wird freigegeben.

„Dort will aber auch niemand lange auftreten“, sagt Georg Gräßler. Er ist Seifenblasen- und Feuerkünstler und Sprecher der Initiative Artists of Dresden. Auf der Brücke sei es zugig, Touristen verweilen dort kaum. „Mit uns hat auch niemand gesprochen.“ Gräßler lehnt auch die neue Regelung ab. „Wir haben mit drei Stadtratsfraktionen eine sinnvolle Lösung gefunden.“ Er meint Linke, Grüne und SPD, die einen gemeinsamen Änderungsantrag zur Straßenkunst vorbereitet haben. Dieser sieht vor, dass Künstler, die nicht singen oder Musik machen, ohne Genehmigung überall auftreten können. Musik, Instrumente und Verstärker wären generell erlaubt, wenn die Musiker in mindestens 150 Metern Abstand auftreten. Und zwar egal wo, ohne vorgegebene Orte. Sie dürfen dann, wie bei dem Vorschlag der Stadt, nur von der halben bis zur vollen Stunde spielen. Danach ist Pause. Die Musiker brauchen keine Genehmigung, sparen somit auch die Gebühr von fünf Euro.

Piano-Spieler Arne Schmitt nennt den Vorstoß der Stadt „absolut nicht befriedigend“. Lunau dagegen kritisiert den Vorschlag der Künstler und Räte. „Das ist so, als gäbe es keine Regelung. Musiker im Abstand von 150 Metern möchte ich mir nicht vorstellen.“ Straßen- und Tiefbauamtsleiter Reinhard Koettnitz fürchtet dann neue Beschwerden. „Das wäre absolut nicht kontrollierbar, wenn quasi alles freigegeben wird.“ Gräßler sagt, das regele sich, weil kein Künstler nah am anderen stehen wolle. Lunau sieht die Regulierung als normale Verwaltungstätigkeit. Sollte der Stadtrat Änderungen beschließen, wolle er das rechtlich prüfen und dagegen vorgehen.