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Austauschjahr mit Happy End

2007 kam Maria Michel-Suarez nach Deutschland und fand die große Liebe. Dabei half moderne Technik.

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© René Meinig

Von Nora Domschke

Deutsch spricht sie schon seit der sechsten Klasse. Als Maria Suarez vor zehn Jahren nach Deutschland kam, hatte die damals 16-Jährige deshalb kaum Probleme, sich mit ihrer Gastfamilie zu verständigen. Als Austauschschülerin lernte die junge Bolivianerin das Land und die Menschen kennen und lieben. Für die Liebe kehrte sie einige Jahre später zurück nach Europa – und blieb. Nun will Maria Michel-Suarez Jugendlichen aus ihrer Heimat die Chance bieten, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern und die Kultur kennenzulernen. Sie organisiert einen Schüleraustausch für die deutsche Schule in Santa Cruz de la Sierra.

Schon Mitte September werden sie und ihr Mann Franz-Josef Michel die nächsten Gastschüler am Berliner Flughafen abholen. Bis Anfang Januar 2018 werden die Jugendlichen bei Familien in Dresden und anderen deutschen Städten leben, dort zur Schule gehen, mit in den Urlaub fahren. Um den Schüleraustausch besser organisieren zu können, haben Maria und Franz-Josef einen Verein gegründet.

Es ist ein Herzensprojekt des deutsch-bolivianischen Ehepaars, denn ihre eigene Liebesgeschichte hängt eng damit zusammen. „2011 wohnte mein kleiner Bruder als Gastschüler bei den Eltern von Franz in Thüringen“, erzählt die 26-Jährige. Weil sie ihren Bruder oft über Videotelefonate im Internet kontaktierte, lernte Maria dabei auch dessen Gastbruder Franz kennen. War es Liebe auf den ersten Blick? „Das vielleicht nicht“, sagt Franz schmunzelnd. Als er sie wenige Monate später in Bolivien besucht, springt der Funken aber sofort über. Damals studiert Maria in ihrer Heimat bereits Wirtschaftsingenieurwesen. Es folgen Videotelefonate, ein Weihnachtsbesuch von Maria in Deutschland, ein zweiter von Franz in Bolivien. „Dann habe ich ihren Vater gefragt, ob ich Maria heiraten darf“, erinnert sich der 27-Jährige. Im Frühjahr 2014 läuten in Thüringen die Hochzeitsglocken, bis Ende 2016 lebt das Paar in Görlitz. Dort macht Maria ihren Master in Informatik, heute arbeitet sie als technischer Consulter in einem Dresdner Unternehmen. Mittlerweile wohnen beide in einer gemeinsamen Wohnung mit Blick auf den Großen Garten. Dass Franz-Josef Michel Kultur und Management studiert hat, erleichtert ihm die Vereinsarbeit. Denn es sind vor allem die vielen Anträge, die das Austauschprojekt so schwierig gestalten. So müssen Visa und Versicherungen organisiert, Schulen und Gastfamilien gefunden und vorbereitet, die Kinder nach ihrer Ankunft betreut werden. „Im vergangenen Jahr hatten wir 38 Austauschschüler“, sagt Franz-Josef. „Das war enorm viel Arbeit.“ Vor allem für Maria, die für ihre Landsleute eine wichtige Ansprechpartnerin vor Ort ist, wenn es mal Probleme gibt.

„Wir wollen, dass die Kinder richtig eintauchen in das deutsche Familienleben“, sagt Maria. Deshalb haben sie auch keinen Kontakt zu den anderen bolivianischen Gastschülern. In einem dreitägigen Seminar werden die Jugendlichen über den deutschen Jugendschutz aufgeklärt. Welche Regeln gelten zum Beispiel für Disko-Besuche und Alkoholkonsum? „Für einige junge Frauen ist auch die Verhütung ein Thema“, weiß Maria. Um die passende Familie zu finden, erstellen die Eltern in Bolivien ein Profil mit Hobbys, Berufswünschen, Eigenheiten ihres Kindes. „Wir können erst ein Visum beantragen, wenn wir eine deutsche Gastfamilie gefunden haben“, sagt Franz-Josef. Diese kümmert sich dann um Kost und Logis – für die restlichen Ausgaben wie Bustickets, Schulmaterial, Handy und Kleidung bekommen die Kinder Taschengeld von ihren Eltern. Eine wichtige Voraussetzung für den Aufenthalt in Deutschland: Die bolivianische Familie verpflichtet sich dazu, auch ein deutsches Kind bei sich aufzunehmen. „Für beide Seiten gilt, das ausländische Kind voll in die Familie zu integrieren. Es ist weder Haushaltshilfe noch Babysitter“, betont Maria.

Dabei erklären sich längst nicht nur Menschen dafür bereit, die selbst Kinder haben. „Wir hatten auch schon ältere Paare, mit denen das sehr gut geklappt hat.“ Auch mit den Schulen habe es bislang nie Probleme gegeben. „Ganz im Gegenteil: Die Schulleiter in Dresden sind meistens ganz begeistert von dem Projekt.“

Wer den Verein „Amigos de la Cultura“ als Gastfamilie oder Vereinsmitglied unterstützen will, findet den Kontakt auf der Internetseite: www.amigos-cultura.de