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Autobiografisches und Fiktives

Drei Oberlausitzer Familien stehen im Mittelpunkt des Romans „Abschiednehmen“ von Hartmut Zwahr. Der Autor stellte ihn jetzt in Bautzen vor.

Von Carmen Schumann
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Der Buchautor Hartmut Zwahr aus Leipzig stellte jetzt in der Smoler’schen Buchhandlung seinen Roman „Abschiednehmen“ vor.
Der Buchautor Hartmut Zwahr aus Leipzig stellte jetzt in der Smoler’schen Buchhandlung seinen Roman „Abschiednehmen“ vor. © Carmen Schumann

Bautzen. Die Hauptfigur des Romans „Abschiednehmen“ von Hartmut Zwahr heißt Johannes. Sie hat viel mit dem Autor gemeinsam. Dennoch betont er, dass es sich bei dem Roman nicht um eine Autobiografie handelt. Nachdem Hartmut Zwahr die Premiere seines Romans im Oktober 2018 in Hoyerswerda gefeiert hatte, stellte er ihn nun Ende Februar in Bautzen in der Smoler’schen Verlagsbuchhandlung vor.

Zur freudigen Überraschung des Autors, aber auch seiner Zuhörerschaft, war genau an jenem Tag druckfrisch die Fortsetzung „Leipzig. Ein Studentenroman“ erschienen. Doch um dieses Buch sollte es nicht gehen. Schließlich kann man den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun. Auf alle Fälle freute sich Hartmut Zwahr, der 1936 in Bautzen geboren wurde, einige bekannte Gesichter wiederzusehen. Der Sorbe war nach seinem Studium der Geschichte und Germanistik in der Messestadt geblieben. Als Dozent widmete er sich unter anderem der Geschichte der Arbeiterbewegung. Auch die sogenannte Wende erlebte er in Leipzig. Allabendlich notierte er in jenen bewegten Tagen seine Eindrücke. Daraus entstand das Bändchen „Ende einer Selbstzerstörung“. Es sind Texte eines Zeitgenossen, der genau hingesehen hat.

Doch bevor Hartmut Zwahr nach Leipzig ging, absolvierte er ab 1951 eine Lehre als Bibliothekstechniker in der Bautzener Stadtbibliothek. Gerne erinnert er sich an die beiden Bibliotheksleiter, die er dort erlebte. Jakob Jatzwauk hatte die erste sorbische Bibliografie herausgegeben. Auf ihn folgte Erich Lodni. Zu jener Zeit war auch die sorbische Schauspielerin Marja Ulbrichec in der Bibliothek beschäftigt. Sie musste „Schundliteratur“ aussortieren, wie sich Hartmut Zwahr erinnert. Sein Romanheld Johannes arbeitet auch in der Bautzener Bibliothek, als einziger junger Mann unter lauter jungen Frauen.

Miteinander verwobene Familiengeschichten

Der Roman „Abschiednehmen“ erzählt die Geschichte dreier Oberlausitzer Familien und spannt einen Bogen vom späten 19. Jahrhundert bis ins Jahr 1953. Die geschichtlichen Ereignisse wie die beiden Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise, die Nachkriegszeit sowie die offenen Grenzen zur BRD beeinflussen auch das Leben der drei Familien. Die Richters und die Patzigs aus Dörfern im Oberland sind durch die Heirat ihrer Kinder Gustav Richter und Hedwig Patzig miteinander verbunden. Die beiden werden die Großeltern der Hauptfigur Johannes. Dadurch, dass Richters Tochter Edith den Bautzener Verwaltungsangestellten Georg Swora heiratet, wird als drittes die Arbeiterfamilie Swora in den Roman eingeführt. Die beiden bekommen die Kinder Johannes und Jürgen. Die Verwandtschaftsbeziehungen der Sworas greifen weit aus in die sorbischen Familien im Bautzner Land. Doch auch die vielen, älteren Bautzenern noch gut in Erinnerung gebliebene Kindergärtnerin Grete Schattel von der Tzschirnerstraße gehört mit zum Familienkreis der Sworas.

Wie Hartmut Zwahr seinen Zuhörern sagte, ist das Erzählen die Urform der menschlichen Existenz. An einer bestimmten Stelle entstehe daraus Literatur. Der Punkt sei aber schwer zu bestimmen. Wer mit seinem Haupthelden Johannes auf literarische Zeitreise gehen möchte, dem sei das Buch „Abschiednehmen“ empfohlen.

Hartmut Zwahr „Abschiednehmen“, erschienen im Sax-Verlag, ISBN 978-3-86729-229-0