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Bannewitz: Motel-Gelände mit Uran-Vergangenheit

An der B170 erinnert ein Relikt an die Bergbaugeschichte. Was die Pläne zur Herberge mit Western-Restaurant angeht, gibt die Wismut Entwarnung.

Von Gabriele Fleischer
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Carsten Wedekind, Bereichsleiter bei der Wismut GmbH, zeigt alte Grubenrisse vom Döhlener Becken und vom Bannewitzer Bergbaurevier.
Carsten Wedekind, Bereichsleiter bei der Wismut GmbH, zeigt alte Grubenrisse vom Döhlener Becken und vom Bannewitzer Bergbaurevier. © Steffen Unger

Carsten Wedekind breitet einen Kartonriss in seinem Büro bei der Wismut GmbH in Königstein aus. Der Tisch reicht gerade so aus. Auf dem Papier ist das Döhlener Becken skizziert mit all seinen Auffahrungen, Flözen, Stollen, Strecken, Grubenbauen.

Insgesamt ist das einstige Bergbaugelände 25 Quadratkilometer groß und erstreckt sich zwischen Possendorf, Freital, Coschütz fast bis an den Tharandter Wald. Alle Veränderungen, ob Tagesbrüche, Setzungen oder Abbrüche werden bis heute per Hand ergänzt. 660 solcher Karten lagern noch bei der Wismut in Königstein. "Das sind wahre Schätze", sagt der Bereichsleiter Sanierung in den Revieren Aue und Königstein. Als studierter Markscheider weiß er, von welchem Wert er spricht. Es sind sozusagen Landkarten vom Gelände unter Tage. Inzwischen würden solche Risse längst digital erstellt.

Baugeschehen um den Schacht

Aber den vom Döhlener Becken gibt es eben noch schwarz auf weiß, zum Teil mit farblichen Markierungen. Und mittendrin ist das 1,5 Quadratkilometer große Bannewitzer Revier mit dem 100 bis 200 Meter abseits gelegenen Wetterschacht Nummer 402. Bei der Wismut wurde fast alles, nicht nur die Schächte, mit Nummern versehen. Nummeriert wurde in der Reihenfolge der Entstehung.

Das Gelände mit dem Wetterschacht in einer Aufnahme der Wismut von 2011. Das Stück Land gehört inzwischen dem Unternehmen Timberjacks, was hier Motel und Restaurant bauen lassen will.
Das Gelände mit dem Wetterschacht in einer Aufnahme der Wismut von 2011. Das Stück Land gehört inzwischen dem Unternehmen Timberjacks, was hier Motel und Restaurant bauen lassen will. © Foto: Wismut GmbH

Um dieses Relikt aus der jüngeren Bergbaugeschichte soll noch in diesem Jahr gebaut werden. Ursprünglich hatte die Wismut GmbH als Nachfolgerin der einstigen Sowjetisch-Deutschen-Aktiengesellschaft ein etwa 1,2 Hektar großes Gelände unterhalb von Real und Obi an das Baumarktunternehmen verkauft, dessen Pläne aber offenbar gescheitert waren, sodass weiterverkauft wurde.

Der Spielplatz ist ausreichend zu sichern

Nun planen die neuen Eigentümer von Timberjacks neben Motel und Westernrestaurant Parkplätze und Spielplatz. "Den Schacht zu sichern und trotzdem weiter zugänglich zu lassen, ist Sache des Investors", sagt Wedekind. So hatte er es auch in der Stellungnahme der Wismut zum geplanten Bauvorhaben formuliert. Denn ein Spielplatz in der Nähe sei nur dann ratsam, wenn er ausreichend abgetrennt wird.

Alle sechs Monate kontrollieren Wismut-Mitarbeiter den 1995 mit 9.000 Kubikmeter Schotter verfüllten Schacht. Die Kontrollöffnung sei zwar durch ein Gitter gesichert, aber als Abenteuerspielplatz ungeeignet. In den letzten 15 Jahren hätte nichts nachgefüllt werden müssen, aber das könne sich ändern, deshalb die regelmäßigen Kontrollen, so Wedekind.

Ab 1968 Abbau im Auftrag der Sowjetunion

1971 wurde der durch die SDAG Wismut, abgeteufte, also in die Tiefe gebaute, Wetterschacht in Betrieb genommen. Bis 1989, dem Ende des Bergbaus in diesem Gebiet, war er dort im Bereich der Wismut der einzige Abwetterschacht, durch den die verbrauchte Luft aus den Gruben abgesaugt wurde.

So sah das Gelände mit dem Wetterschacht vom einstigen Bergbaugebiet Bannewitz an der B 170 in Bannewitz noch 1995 aus. Ende dieses Jahres soll begonnen werden, dieses Gebiet zu bebauen.
So sah das Gelände mit dem Wetterschacht vom einstigen Bergbaugebiet Bannewitz an der B 170 in Bannewitz noch 1995 aus. Ende dieses Jahres soll begonnen werden, dieses Gebiet zu bebauen. © Foto: Wismut GmbH

1968 hatte die Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft nach ersten früheren Versuchen mit der Förderung der Erzkohle begonnen, aus der Uran für die Atomkraft der Sowjetunion, auch für Kernkraftwerke in der DDR, gewonnen wurde. Und zwar im Erzgebirge, in Thüringen - und eben in Gittersee und Bannewitz.

Dafür übernahm die Wismut den Bergbaubetrieb "Willi Agatz", benannt nach einem Bergarbeiter aus dem Ruhrgebiet, der in die DDR übersiedelte. Aufgearbeitet wurde das Uran anfangs in Gittersee, später in Crossen und Seelingstädt in Thüringen.

Magere Ausbeute bei hohem Aufwand

"Der Aufwand war um vieles höher als der Nutzen", sagt Wedekind, der nach seinem Studium 1984 als Ingenieur beim Bergbaubetrieb "Willi Agatz" gearbeitet hat, auf der ersten Sohle in 250 Meter Tiefe. "Es ist erstaunlich, dass sich der Betrieb bis 1989 gehalten hat." Denn das Ende dort hatte nichts mit dem Ende der DDR zu tun. Das war schon eher besiegelt. Die Ausbeute war mager und der Abbau zu teuer.

Zudem wuchs der Abraum durch die qualitativ schlechte Steinkohle. Aufzeichnungen zufolge lag der Urangehalt bei gerade mal durchschnittlich 0,1 Prozent. Laut Wismut-Akten seien aus dem Bannewitzer Revier zwischen 1949, als es die ersten Anfänge gab, bis 1989 lediglich 3.900 Tonnen Uran gefördert worden.

Der Untergrund ist sicher

Heute erinnert nur noch wenig an die Geschichte, sind einige Anlagen wie der Turm des Marienschachtes in Bannewitz erhalten geblieben. Überall hat die Natur die Haldengebiete zurückerobert.

Im Auge behält die Wismut-Nachfolgegesellschaft, die sich weiter mit der Sanierung einstiger Bergbaugebiete beschäftigt, die Abbaugebiete bis heute. Für die Bebauung, wie sie jetzt an der B 170 in Bannewitz geplant ist, gibt Wedekind aber Entwarnung: "Auf der Fläche ist nur der Wetterschacht, der bei entsprechender Sicherung kein Problem darstellt". Der Untergrund sei sicher.

Bergbaugeschichte wach halten

Natürlich gebe es hinsichtlich der Schäden durch den Bergbau Regularien, wie damit umzugehen ist, so der Bereichsleiter für die Sanierung bei der Wismut. Das betreffe zum Beispiel auch Hinweise zu Rissen an Häusern in ehemaligen Abbaugebieten, die es immer wieder gibt. Denen müsse nachgegangen und geprüft werden, ob sie mit dem einstigen Bergbau zusammenhängen. Gegebenenfalls sei dem Eigentümer Schadenersatz anzubieten. "Das war nach DDR Bergrecht so und ist es jetzt nach Bundesberggesetz", sagt Wedekind.

Zudem sind Sanierungen einstiger Bergbaugebiete und damit verbundene Umgestaltungen, wie sie auch die Wismut heute praktiziert, für Natur und Menschen wichtig.

Trotzdem, um diese Bergbaugeschichte in Gittersee und Bannewitz wach zu halten, sind Vereine und Enthusiasten aktiv. Vielleicht findet auch der Investor Timberjacks dafür eine Möglichkeit.