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Zu wenig Nachwuchs, zu viel Bürokratie: Was den Bäckern zu schaffen macht

Im Landkreis Bautzen gibt es immer noch mehr Bäcker als in anderen Regionen. Doch die Zahl der Betriebe geht zurück. Woran das liegt und wie sich das ändern könnte.

Von David Berndt
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Die Zahl der Bäcker geht im Landkreis Bautzen seit Jahren zurück. Zwischen 2013 und 2023 haben pro Jahr im Schnitt 2,2 Betriebe geschlossen.
Die Zahl der Bäcker geht im Landkreis Bautzen seit Jahren zurück. Zwischen 2013 und 2023 haben pro Jahr im Schnitt 2,2 Betriebe geschlossen. © Symbolbild: dpa

Bautzen. Seit Jahren geht die Zahl sächsischer Bäckereibetriebe zurück. Laut den drei großen Handwerkskammern Dresden, Leipzig und Chemnitz gibt es derzeit 270 Betriebe weniger als noch vor zehn Jahren. Ende 2023 seien es noch 871 gewesen.

Dieser Trend zeigt sich auch im Landkreis Bautzen, wie Sabine Gotscha-Schock bestätigt. Sie ist die Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Bautzen. So die Zahl der Betriebe von 127 im Jahr 2013 auf 105 Ende 2023 zurückgegangen.

0,35 Bäckereien pro 1.000 Einwohner im Landkreis Bautzen

Das liege erstmal daran, dass es immer weniger Bäcker gebe. „Trotzdem steht der Landkreis Bautzen im Kammerbezirk Dresden bezogen auf die Dichte an Bäckereien sehr gut da“, sagt Sabine Gotscha-Schock.

Demnach kämen hier 0,35 Bäckereibetriebe auf 1.000 Einwohner. In Dresden seien es 0,11, und in den Landkreisen Görlitz 0,28, Meißen 0,27 und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 0,32. Die Zahlen beziehen sich auf die Betriebe, nicht auf sämtliche Filialen.

Die Gründe für Schließungen seien unterschiedlich. So musste etwa die Bäckerei Petzold aus Großröhrsdorf mit 13 Standorten und 70 Mitarbeitern 2023 Insolvenz anmelden. Neben wirtschaftlichen Schwierigkeiten gibt es aber auch unerwartete Krankheits- oder Todesfälle. So starb in Bischofswerda Bäckermeister Steffen Haufe Ende 2023 an einem unheilbaren Hirntumor sieben Wochen nach der Diagnose mit 60 Jahren. Bei anderen Kollegen fehle es an potenziellen Nachfolgern, sei es nun inner- oder außerhalb der Familie, erklärt Sabine Gotscha-Schock.

Mehr als die Hälfte der Bäckerei-Inhaber ist älter als 50

52 der 105 Bäckereibetriebe im Landkreis Bautzen seien auch in der Innung vertreten. Von den 52 Inhabern seien 28 zwischen 50 und 60 Jahre und elf bereits über 60 Jahre. „In Dresden werden die Bäckermeister ausgebildet. Dort gibt es potenzielle Nachfolger und wir versuchen sie dafür zu gewinnen“, sagt die Geschäftsführerin der Bautzener Kreishandwerkerschaft.

Es gebe verschiedene gute Beispiele für Neugründungen oder Übernahmen von Bäckereien im Landkreis Bautzen wie etwa in Räckelwitz 2022 als Therese Martin den Betrieb von Michael Schlappa übernahm oder in Bautzen 2023, als Martin Reck etwas mehr als einen Monat nach Schließung der Bäckerei Katzer am selben Standort neu eröffnete.

Von den 13 Filialen Bäckerei Petzold übernahm der Ottendorfer Mühlenbäcker eine in Pulsnitz und mehrere Mitarbeiter. So eine Übernahme müsse aber auch logistisch passen, sagt Geschäftsführer Robert Meyer. „Wir sitzen in Ottendorf und werden keine Filiale etwa in Bautzen eröffnen oder übernehmen. Unsere Backwaren sollen so frisch wie möglich den Weg vom Ofen in die Läden finden.“ Bei der Bäckerei Pech in Cunewalde steht schon fest, dass die Tochter des Inhabers und ihr Lebensgefährte den Betrieb übernehmen sollen.

Bäcker klagen über zu viel Bürokratie

Aber selbstverständlich ist das nicht, sagt Bäckermeister Andreas Bäns aus Bautzen. Er führt zusammen mit seinem Bruder ein Geschäft. Beide sind älter als 60 Jahre. Sein Sohn habe ebenfalls den Meisterbrief und sei Backstubenleiter in einem Betrieb mit mehreren Filialen. „Dass er mal den Betrieb übernimmt, halte ich für unwahrscheinlich“, sagt Andreas Bäns.

Denn als Inhaber müsse man immer mehr Auflagen erfüllen und Pflichten der Hygiene oder Berufsgenossenschaft nachkommen und es kämen immer neue Sachen hinzu. „Da brauchen wir uns nicht wundern, wenn selbst Meister lieber in Anstellung in einem großen Betrieb gehen, dort geregelten Urlaub und ihren freien Tag haben.“

Bis vor Kurzem habe Andreas Bäns noch Meisterprüfungen in Dresden abgenommen. „Aber 80 Prozent der Absolventen übernehmen keinen eigenen Betrieb mehr, weil die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen.“

Weniger Bäckermeister machen sich selbstständig

Diesen Trend bestätigt der Landesobermeister in Sachsen und Inhaber einer Bäckerei in Kubschütz, Stefan Richter. Er unterrichte Betriebswirtschaft im Meisterkurs. „Dort herrscht unter den Teilnehmern ein großer Druck, bei Steuern und anderen Verpflichtungen nichts falsch zu machen.“

Dem stehe ein eher komfortables Arbeitnehmersein entgegen mit geregeltem Feierabend und keinen Verpflichtungen. Und auch da werden genug Fachkräfte gesucht. In den Nachwendezeiten hätten sich die meisten Meisterabsolventen noch für die Selbstständigkeit entschieden. Dieses Verhältnis habe sich umgekehrt.

Zwar sei es durch die demografische Situation schwierig, Personal zu finden, doch man müsse mehr tun, um etwa Geflüchtete zu qualifizieren und generell Menschen für den Bäckerberuf zu begeistern.

Jammern bringe jedenfalls nichts, findet Stefan Richter. „Dann finden wir erst recht keinen Nachwuchs, sondern wir müssen deutlich kommunizieren, warum wir das machen und dass es Freude bereitet.“

Sächsischer Landesobermeister fordert weniger Regulierungen für Bäcker

Wie viele Kollegen würde der Kubschützer weniger Bürokratie begrüßen. „Wir müssen zu nachvollziehbaren Regelungen kommen. Generell sind die Regulierungen so gewachsen, dass sich die Leute nicht mehr orientieren können.“

Wie lange das noch gut gehe, fragt sich auch Lutz Kahre, der mit seiner Frau Bianka eine Bäckerei in Kamenz betreibt. So sei vor Jahren etwa der zweite Kassenbon eingeführt worden, den so gut wie keiner seiner Kunden brauche, der aber doppelte Kosten bedeute.

Und Personal zu finden sei fast unmöglich. Das liege auch am Bürgergeld und den Sozialleistungen. Diese müssten reduziert werden, damit auch Fachkräfte wieder mehr Anreiz hätten, zu arbeiten.