Bautzen. 526 Stimmen beziehungsweise 1,6 Prozent. So klein war bei der Landtagswahl 2019 der Vorsprung von Marko Schiemann von der CDU. Sein Herausforderer ums Direkt-Mandat im Wahlkreis 56 – Bautzen 5 war AfD-Landeschef Jörg Urban, der mit 36,4 Prozent der Stimmen den Kürzeren zog, aber über die Landesliste dennoch in den Landtag einzog.
Zur nächsten Landtagswahl am 1. September 2024 wird es wieder zu diesem Duell kommen, und es könnte ähnlich knapp ausgehen. Wahlberechtigt sind in dem Bautzener Wahlkreis rund 50.000 Menschen aus der Stadt Bautzen sowie aus Doberschau-Gaußig, Großdubrau, Hochkirch, Kubschütz, Malschwitz und Weißenberg.
Der 68-jährige Marko Schiemann ist seit 1990 der direkt gewählte Landtagsabgeordnete im Wahlkreis Bautzen 5. Ende Oktober 2023 wurde er von den CDU-Mitgliedern erneut zu ihrem Direktkandidaten gewählt - mit 100 Prozent. Das starke Votum habe ihn in seiner Entscheidung bestärkt, erneut zu kandidieren, sagte er nach der Wahl.
Er wolle vor allem den Strukturwandel aktiv gestalten und spricht in diesem Zusammenhang von 10.000 neuen Arbeitsplätzen. Weitere Schwerpunkte seien die Anbindung der ostsächsischen Region mit einer leistungsfähigen Infrastruktur aus ausgebauter A4 und elektrifizierter Eisenbahnstrecke Dresden – Görlitz sowie die Stärkung des ländlichen Raums mit dem sorbischen Leben und der sorbischen Tradition.
Für den erfahrenen CDU-Politiker könnte die Wahl im Fall des Gewinns der erfolgreiche Abschluss einer langen Politikerlaufbahn werden. Sollte Marko Schiemann verlieren, wäre das nicht nur völlig neu und ungewohnt, sondern eine harte Niederlage kurz vor dem Karriereende sowohl für ihn als auch die CDU.
AfD will im Kreis Bautzen alle fünf Direktmandate holen
Dies gelte umso mehr, wenn sein wohl größter Herausforderer das Direktmandat gewinnen würde – Jörg Urban. Genau das hat sich die AfD vorgenommen. Die Partei will nicht nur den Wahlkreis Bautzen 5, sondern auch die anderen vier Wahlkreise im Landkreis Bautzen direkt gewinnen, wie es im Anschluss an die Nominierung ihrer fünf Kandidaten hieß. Drei Direktmandate hat die AfD aktuell im Landkreis Bautzen inne.
Wie Jörg Urban selbst seine Chancen einschätzt und auf welche Themen er im Wahlkampf setzen will, dazu äußerte er sich auf Anfrage von Sächsische.de nicht. Wie 2019 geht es auch ums Prestige, aber eine Niederlage gegen den Dauermandatsträger Marko Schiemann wäre wohl trotzdem vertretbar, wenn sie knapp ausfiele. Über die Landesliste wird dem AfD-Landeschef der Einzug in den Landtag ohnehin erneut sicher sein.
SPD-Kandidat wünscht sich AfD-Niederlage
Ob es wieder zum Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU- und AfD-Kandidat kommt, hängt auch davon ab, wie stark weitere Kandidaten den Wahlkampf beeinflussen können. Neben Marko Schiemann und Jörg Urban steht bislang ein dritter Kandidat fest. Der ehemalige Bautzener Oberbürgermeister Alexander Ahrens tritt für die SPD an. Sein Ziel sei es, „ein ordentliches Ergebnis für die SPD zu holen“.
Trotz der bitteren Niederlage bei der vergangenen OB-Wahl in Bautzen brenne er weiterhin für die Stadt und die Region, so Ahrens. Mit einem Sieg rechne er allerdings nicht. „Es wäre eine Überraschung, gewänne ich das Direktmandat. Sollte ich dieses ambitionierte Ziel nicht erreichen, wird mich das nicht umwerfen. Es gibt ja genug andere Wege, sich zu engagieren“, sagt Alexander Ahrens, der auch SPD-Kreisrat ist.
Favorit sei für ihn Jörg Urban. „Ich würde mir allerdings wünschen, dass ein Vertreter der demokratischen Parteien den Wahlkreis holt. Wir erleben schon im Bundestagswahlkreis, wie ein AfD-Vertreter die Region vertritt.“ Gemeint ist Karsten Hilse. Aus seiner OB-Zeit wisse er, „dass dieser sich nicht wirklich für die Themen der Region eingesetzt hat. Bei den Bürgermeistern der Region hat der sich nie blicken lassen“, sagt Ahrens.
Ahrens hofft auf Kandidatur vom Wagenknecht-Bündnis
Er hoffe darauf, dass es noch eine Kandidatin oder einen Kandidaten vom Bündnis Sahra Wagenknecht geben wird. „Das würde die Angelegenheit nochmal spannend machen.“
Ihm gehe es um die Themen der Stadt Bautzen und der Oberlausitz, nicht um einen sicheren Listenplatz für den Landtag, so der Bautzener Ex-OB. Er wolle die Region als Wirtschaftsstandort bewahren und ausbauen, etwa mit der Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden-Bautzen-Görlitz oder dem Güterverkehrszentrum zwischen Bautzen und Doberschau.
Ein weiteres wichtiges Thema sei „Sachsen in Europa. Touristisch, wirtschaftlich und gesellschaftspolitisch haben wir noch viel Potenzial, wenn wir stärker mit unseren osteuropäischen Nachbarn und Partnern zusammenarbeiten. Da müssen wir mehr daraus machen.“
Mike Hauschild will für Freie Wähler kandidieren
Ebenfalls sehr bekannt in Bautzen ist Mike Hauschild. Er saß bereits von 2009 bis 2014 im Landtag, damals noch für die FDP. 2019 war er Direktkandidat im Wahlkreis Bautzen 5, landete aber mit 6,4 Prozent weit hinter Marko Schiemann und Jörg Urban. Der Bautzener Stadt- und Kreisrat ist im September 2023 aus der FDP ausgetreten und nun neues Mitglied der Freien Wähler (FW).
Für die will er 2024 auch zur Landtagswahl antreten. Nominiert ist er bisher noch nicht. Die Freien Wähler wollen ihren Kandidaten im Januar 2024 nominieren. „Das Rennen um die Erststimmen wird sicherlich zwischen der CDU und der AfD entschieden“, sagt Mike Hauschild zum Ausgang der Landtagswahl.
Er selbst mache sich keine Gedanken über Listenplätze oder Posten, er sei durch seinen Handwerksbetrieb finanziell unabhängig von politischen Ämtern. Seine wichtigsten Themen seien die Modernisierung der Verwaltung, der Bildungsstruktur sowie der Vorgaben und Vorschriften von oben. So sollen etwa Kommunen oder Betriebe mehr Freiheiten und Eigenverantwortung erhalten.
Weitere Kandidaten im Wahlkreis Bautzen 5 können noch dazukommen. Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP haben ihre Direktkandidaten im Landkreis Bautzen für die Landtagswahl 2024 in Sachsen noch nicht nominiert.