Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Bautzen

Montagsprotest in Bautzen: Weniger Teilnehmer und Kritik am Versammlungsort

Wegen des Wenzelsmarktes wurde die Versammlung vom Kornmarkt auf den Postplatz verlegt. Das kommt vor allem bei der Domowina nicht gut an.

Von Katja Schlenker
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Jede Woche Montag versammeln sich in Bautzen mehrere Hundert Teilnehmer zum Protest gegen die aktuelle Politik.
Jede Woche Montag versammeln sich in Bautzen mehrere Hundert Teilnehmer zum Protest gegen die aktuelle Politik. © Archivfoto: xcitepress/Finn Becker

Bautzen. Ein paar Fenster sind erleuchtet. Ansonsten ist es still im Haus der Sorben in Bautzen. Davor geht es unterdessen ungewöhnlich laut zu. Der allwöchentliche Montagsprotest entlädt sich erstmals auf dem Postplatz, da auf dem Kornmarkt schon die Buden für den Wenzelsmarkt stehen.

So wird an diesem Montag vorm Haus der Sorben zum Widerstand gegen die aktuelle Politik sowie die Bundesregierung aufgerufen, werden schwarz-weiß-rote Flaggen geschwenkt. „Wir haben kein medizinisches Problem, sondern ein politisches“, wird immer wieder gerufen, bezogen auf die Corona-Pandemie und die Entscheidungen der Bundesregierung. Rund 1.700 Personen haben sich laut Polizeidirektion Görlitz diesmal in Bautzen versammelt – und damit weniger als in den Wochen zuvor.

Domowina kritisiert Auswahl des Versammlungsortes

Der Montagsprotest spaltet. „Wir haben Respekt vor der Demonstrationsfreiheit, erwarten aber auch Respekt für unser Haus der Sorben“, erklärte der Domowina-Vorsitzende Dawid Statnik im Vorfeld. „Wir haben der Ordnungsbehörde unsere Bedenken übermittelt.“ Denn das, was ein Teil der Menschen widerspiegele, die am Montagsprotest teilnehmen, wecke schlechte Erinnerungen aus der Vergangenheit.

„Ich möchte daran erinnern, dass der Domowina 1937 von den Nazis jedwede Tätigkeit untersagt wurde, dass das sorbische Leben in jener Zeit mit dem Ziel der Vernichtung des sorbischen Volkes vollständig unterdrückt wurde“, erklärt Dawid Statnik. Und fügt hinzu: „Es ist für uns daher schwer erträglich, regelmäßig in ein Aufmarschgeschehen hineingezogen zu werden, dem es an Distanz zu Kräften in Tradition dieser dunklen Vergangenheit gebricht.“

Für diese Aussagen gibt es Kritik. AfD-Landtagsabgeordneter Frank Peschel erklärt: „Alle Beteiligten der Montagsdemo kooperieren gemeinsam. Die Bedenken vom Domowina-Vorsitzenden Dawid Statnik, dass Bürger auf dem Postplatz demonstrieren, kann ich nicht nachvollziehen. Das ist nichts weiter als eine gezielte Diffamierung von friedlichen Demonstranten.“ Zudem bediene sich der Domowina-Vorsitzende einer unsäglichen und hetzerischen Wortwahl.

AfD-Politiker behauptet: Montagsdemos sind gewaltfrei

Der Politiker betont, dass die Montagsdemos gewaltfrei seien und Sachsens Staatsregierung ihm dies in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage erst kürzlich bestätigt habe. Wer genau nachliest, stellt jedoch fest, dass es sich nicht ganz so verhält. Zwar gab es in der Zeit von Januar bis September 2022 bei den Montagsspaziergängen in Bautzen keine polizeilichen Vorfälle , die einen Abbruch wegen politischer Aussagen zur Folge hatten. Gewaltfrei liefen die Veranstaltungen jedoch nicht ab.

„Insgesamt wurden im Jahr 2022 im Zusammenhang mit den Versammlungslagen 13 Anzeigen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte beziehungsweise tätlichen Angriffs auf Vollzugsbeamte aufgenommen“, teilt Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) in seiner Antwort mit. „Hinzu kommen zwei Verfahren wegen Landfriedensbruchs, nachdem durch nicht angezeigte Aufzüge gewaltsam Polizeiketten durchbrochen wurden.“

Landratsamt registriert geringe Verstöße gegen Auflagen

Bei der jüngsten Versammlung an diesem Montag blieb es friedlich: „Im Rahmen der Versammlung auf dem Postplatz kam es ausschließlich zu einzelnen geringen Auflagenverstößen, welchen unverzüglich durch den Versammlungsleiter und dessen Ordner entgegengewirkt wurde“, erklärt Sprecherin Sabine Rötschke vom Landratsamt Bautzen, das als Genehmigungsbehörde fungiert.

Auch die Domowina zieht ein positives erstes Fazit: „Grundsätzlich können wir dahingehend zufrieden sein, als dass die Behörden unsere Hinweise ernst genommen haben und entsprechende Auflagen erteilt haben“, sagt Dawid Statnik. Verwundert zeigt er sich über die Vorwürfe von Frank Peschel: „Ich habe kein Problem mit der Versammlungsfreiheit, sondern mit den schwarz-weiß-roten Fahnen. Diese stehen für ein Zeitalter, in dem sorbische Bürger Opfer des Nationalsozialismus wurden.“

Sich vor dem Haus der Sorben hinter solch einer Fahne zu versammeln, habe nichts mit Meinungsfreiheit oder dem Wunsch nach politischer Veränderung zu tun. „Diesen Menschen geht es offenbar um die Abwendung der Demokratie und unserer Verfassung“, sagt der Domowina-Vorsitzende. „Dass Herr Peschel sich mit diesen Menschen, ohne diesen geschichtlichen Hintergrund zu beachten, problemlos gemein macht, zeigt mir, welches Interesse er an den Belangen des sorbischen Volkes hat. Offenbar keines.“