"Wir brauchen im Tourismus zusätzliche Kapazitäten"

Bautzen. Laut Buchungsportal Booking.com gehört Bautzen zu den gastfreundlichsten Städten Deutschlands. Im Ranking des Reiseportals kam die Stadt auf Platz 5. Sächsische.de sprach dazu mit Oberbürgermeister Alexander Ahrens (SPD) – aber auch über fehlende Hotelbetten, die Erwartungen der Touristen – und den Ruf der Stadt.
Herr Ahrens, wie steht es um die Tourismusbranche in Bautzen?
Wir haben tatsächlich auch zu Corona-Zeiten eine deutliche Nachfrage gehabt. Im vergangenen Sommer hatten wir mit mangelnden Kapazitäten zu kämpfen. Wir haben Rückmeldungen von Leuten bekommen, die hier gerne übernachtet hätten, aber kein Hotelzimmer bekommen haben. Solche Rückmeldungen habe ich sonst nie bekommen. Zu keinem Zeitpunkt.
Wieso gibt es zu wenige Hotelbetten?
Das ist ein Mischeffekt: Zum einen mussten einige Hotels aufgrund der Corona-Maßnahmen ihr Personal und ihre Bettenkapazitäten kürzen. Zum anderen hat es mit dem verstärkten innerdeutschen Tourismus aufgrund von Corona zu tun.
Wie ist die Lage bei den Campern?
Die stärkste Nachfrage hatten wir bei den Wohnmobilstellplätzen. Deswegen steht das Thema jetzt auch verstärkt auf der Agenda, und wir arbeiten an einer Erweiterung des Angebots. Beim Schliebenparkplatz soll es zusätzliche Stellplätze für Wohnmobile geben. Wir brauchen im Bereich Tourismus erstens zusätzliche Kapazitäten, und zweitens müssen wir uns auf eine steigende Inlandsnachfrage vorbereiten.
"Wenn Leute nach Bautzen kommen, sind sie geplättet"
Das Buchungsportal Booking.com hat kürzlich die gastfreundlichsten Städte Deutschlands gekürt. Bautzen liegt auf Platz 5. Wie haben Sie reagiert?
Zunächst freut uns alle das Ergebnis. Ich finde es, ehrlich gesagt, gar nicht so überraschend. Wenn Leute nach Bautzen kommen – ich nenne sie die Leute, die trotzdem kommen, also trotz der zum Teil überzogenen Berichterstattung über Bautzen –, sind sie vollkommen geplättet und sagen: Mensch, wenn ich gewusst hätte, dass das so eine schöne und gemütliche Stadt ist!

Woran liegt das?
Viele Leute kommen mit eher gemischten Erwartungen nach Bautzen und sind dann umso überraschter. Fakt ist: Die Stadt muss sich wirklich nicht verstecken. Sie ist städtebaulich ein Juwel, landschaftlich gut gelegen in der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft.
Wir sind hier im Herzen Europas. Man ist in zwei Stunden in Berlin, in Prag oder in Breslau. Durch den innerdeutschen Tourismus verstärkt sich die Wahrnehmung, dass das hier eine extrem attraktive Ecke ist. Es ist nicht die Stadt Bautzen allein, es ist die Region, das Gesamtpaket.
Besucher sollen sich eigenes Bild von der Stadt machen
Wie lässt sich der Ruf der Stadt verbessern?
Anfang 2017 hat mich eine Sache ins Grübeln gebracht: Ein Ehepaar aus Westdeutschland hat sich damals beschwert, es sei extra nach Bautzen gekommen, um Nazis zu sehen, und jetzt seien gar keine auf der Straße zu finden.
Es muss uns gelingen, mehr Leute in die Stadt zu holen, damit sie sich ein eigenes Bild machen. Dann werden sie merken, dass die Erzählungen über stumpfe, rückwärtsgewandte und rechte Menschen in der Region nicht stimmen, sondern dass es tatsächlich eine sehr differenzierte Stadtbevölkerung und aktive Zivilgesellschaft gibt. Das sind Sachen, die man aus der Ferne nicht beurteilen kann.
Welche Rolle spielen dabei Reiseunternehmen?
Bisher gibt es in Bautzen nur sogenannte Outgoing-Reisebüros – also Unternehmen, die Leute von hier in alle Welt bringen. Wir müssen uns mit der Branche austauschen, inwieweit wir in Bautzen ein Incoming-Geschäft mitorganisieren sollten. Sprich für Menschen, welche die Region besuchen wollen.
Wieso ist das wichtig?
Es gibt zum Beispiel eine beträchtliche Anzahl an chinesischen Touristen, die Wochentouren buchen. Die fliegen nach Prag und fahren auf dem Landweg eine Woche Richtung Berlin, wo sie dann zwei Tage bleiben, bevor sie wieder zurückfliegen. Da könnte unsere Region ein Zwischenstopp sein. Dieses Geschäft geht bald wieder los. Hier könnte es sich lohnen, dass das ein privates Unternehmen mitorganisiert.