Sohland lockt mit 30 Kilometern Loipe

Sohland. Jürgen Beutlich wirkt gelassen, als sich der feuerrote Pistenbully am Vereinshaus des Sohlander Skiclubs rumpelnd in Bewegung setzt. Fast senkrecht fährt er den Hang neben der Tännicht-Schanze hinauf. "Das muss er schon machen", sagt Beutlich schmunzelnd, als er die leichte Panik seiner Beifahrerin bemerkt. Seit 60 Jahren ist er im Wintersport aktiv, seit 45 Jahren ist er hier der Loipenchef - und kennt als solcher Technik und Strecken wie kein Zweiter.
Seitdem im Sohlander Oberdorf vor fünf Wochen der Winter Einzug hielt, sind Beutlich und seine Mitstreiter im Dauereinsatz: Gemeinsam mit den Vereinskollegen Dirk Braasch, Uwe Gladis, Andreas Knobloch und Mirko Harig sorgt er seither ehrenamtlich für beste Langlaufbedingungen. Mehr als 30 Kilometer Loipe wollen hier in Schuss gehalten werden.
Nebenher kümmern sich die vielen Freiwilligen, die schon im Herbst mit der Vorbereitung der Waldwege beginnen, auch um beste Bedingungen auf Rodelpisten und Wanderrouten. Mehrmals pro Woche sind sie dafür zwischen Tännicht und Oberdorf unterwegs. Statt der Strecke am Sohlander Bauhof lockt neuerdings eine neue Loipe an die Wehrsdorfer Turnhalle. All diese Spuren sollen jetzt, vor dem sonnigen Winterwochenende, noch einmal besonders schick gemacht werden.

Der Pistenbully ist dabei seit drei Wintern ständiger Begleiter. "Er erleichtert die Arbeit enorm", schwärmt Jürgen Beutlich, während er an Joystick und Knöpfen Druck und Frästiefe einstellt und die Spurplatte des Pistenbuggys hinunter lässt. Mit dem Schneemobil Skido habe das vorher alles deutlich länger gedauert. "Man musste die Strecken doppelt so oft abfahren - erst mit der Walze, ein zweites Mal mit dem Spurgerät", erklärt Beutlich. Außerdem habe man im Freien gesessen. Für ihn sei das bei Temperaturen bis minus zehn Grad noch machbar gewesen: "Auf dem Skido ist man schon im Einsatz und kommt nicht so schnell ins Frieren", sagt er. Aber die Technik, die habe geächzt - und ihm ein bisschen leidgetan.
Mit der Pistenraupe ließen sich hingegen 30 Kilometer Loipe in etwa dreieinhalb Stunden präparieren. Aber auch das will gelernt sein: "Wenn der Schnee zu pappig ist und der Untergrund nicht gefroren, kann man sich schnell mal einwühlen", sagt der Streckenchef.
Streckenchef: "Loipen wie in Oberhof"
Diese Gefahr droht am Freitagmorgen nicht. Mit gemächlichen acht Kilometern pro Stunde lenkt Jürgen Beutlich den Bully über den flockigen Pulverschnee in Richtung Prinz-Friedrich-August-Baude. Auf den Loipen ist da schon einiges los. Die Langläufer machen der Raupe Platz und nicken. Viele winken freundlich. "Die Leute wissen das schon zu schätzen, was wir hier machen", sagt Beutlich und gibt ganz leise zu: "Ein bisschen habe ich mir dieses Jahr schon einen richtigen Winter gewünscht."
Corona sorge zwar dafür, dass der Skilift in diesem Jahr nicht in Betrieb genommen; der Verein also auch keine Einnahmen durch Glühwein- und Bratwurstverkauf erwirtschaften kann. Aber die guten Schneeverhältnisse spülen Langläufer nach Sohland, und die sollen, wenn es nach Jürgen Beutlich geht, eine Erkenntnis mitnehmen: "Unsere Loipen sind fast so gut wie die in Oberhof."
Während er das sagt, deutet er auf das große Schneeplateau bei der Prinz-Friedrich-August-Baude. "Das ist die Wettkampfstrecke, auf der in diesem Jahr normalerweise der Sachsenpokal ausgetragen worden wäre", erklärt er. Die Spur sei hier deshalb besonders breit. Damit ist sie auch wie gemacht für Anfänger: "Hier gibt es keine großen Abfahrten," erklärt Beutlich, und außerdem sei genau jetzt der perfekte Zeitpunkt, um mit dem Langlauf zu beginnen: "Wenn man unter solchen Bedingungen mit dem Training anfangen kann, das ist doch herrlich." Ausreden lässt er dabei nicht gelten: "Wenn die Bedingungen stimmen, muss man im Winter alles stehen und liegen lassen - egal, wie's zu Hause aussieht", findet er und lenkt den Pistenbully zum Rodelhang.
Auch Wanderwege und Rodelhänge sind präpariert
Gemächlich zieht er dort mit der Walze breite Spuren den Berg hinauf und hinunter. Als er weiter fährt, steht er plötzlich vor einem Verkehrszeichen. Nur noch zur Hälfte schaut dessen Stange aus dem Schnee. "Jetzt machen wir den Wanderweg. Mal sehen, ob wir den finden", sagt er mit einem Schmunzeln. Natürlich kennt Beutlich hier die Tricks: Links und rechts des Weges ragen Holzstangen in die Höhe. "Die habe ich alle selber gesetzt, deswegen weiß ich schon ganz genau, wo der Weg langgeht. Aber meine Kollegen, die haben nach starkem Schneetreiben schon manchmal Probleme."
Gleich darauf wird Beutlich wieder ernst: Es sei schon ärgerlich, sagt er, wenn Wanderer die Loipen zerstören oder sie mit Schneemobilen zerfahren. Wie zum Beweis zeigt Beutlich auf eine Rasthütte. Im tiefen Schnee haben sich deutlich die Spuren von Kufen und Kette eines Schneemobils ins Weiß gegraben. "Man muss schon Rücksicht aufeinander nehmen. Auch deshalb machen wir ja die Wanderwege mit", sagt Jürgen Beutlich und lässt die Spurplatte wieder hinunter.
Noch reichlich 500 Meter Loipe wird er ziehen, bis seine erste Tour vorbei und er wieder am Vereinshaus ist. Auf dem Weg dahin gerät er ins Schwärmen: Fünf mal, verrät er, sei er in diesem Winter selber schon mit den Langläufern unterwegs gewesen, bei strahlendem Sonnenschein und glitzerndem Schnee. Das sei jedes mal toll gewesen.
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