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Entsteht hier der rechte Treff von Chris Ares?

Anwohner berichten, dass sich der rechtsextreme Musiker in Weifa niedergelassen hat. Auch in Cunewalde ist er aktiv, doch die Gemeinde wehrt sich.

Von Franziska Springer
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Dieses alte Umgebindehaus in Weifa soll Chris Ares bezogen haben. Früher wurde die Immobilie als Kinderferienheim genutzt.
Dieses alte Umgebindehaus in Weifa soll Chris Ares bezogen haben. Früher wurde die Immobilie als Kinderferienheim genutzt. © SZ/Uwe Soeder

Weifa/Cunewalde. Zwei Themen beherrschen die Gespräche der Anwohner in dem kleinen Ort Weifa, südlich von Bautzen: die Bürgermeisterwahl am kommenden Sonntag und der neue Nachbar. Zwar werden neue Einwohner in dem 180-Seelen-Dorf schon mal argwöhnisch angeschaut. Doch der jüngste Zuzug hätte eine besondere Brisanz: Denn es soll sich um  Christoph Aljoscha Zloch handeln, besser bekannt als Chris Ares.

Der sächsische Verfassungsschutz stuft den Musiker als rechtsextrem ein. Er steht der Identitären Bewegung nahe und verbreitet in seinen Texten Rache- und Gewalt-Fantasien. Ursprünglich stammt der 28-Jährige aus Bayern, doch schon seit Monaten versucht er, im Raum Bautzen Fuß zu fassen. 

Laut eigener Aussage gehören zu seinen Plänen ein Tattoo-Studio, der Verkauf von Szene-Kleidung, Kampfsport-Training und ein Wohnprojekt für Gleichgesinnte. Die Rede ist von bis zu 25 Bewohnern.

In Bischofswerda und Bautzen traf Ares mit seinen Plänen auf erheblichen politischen Gegenwind. Nun scheint er südlich der Kreisstadt fündig geworden zu sein. Anwohner berichten, Ares sei in den vergangenen Wochen fast täglich in Weifa gewesen. Ein Eintrag auf seinem Instagram-Profil vom 31. August zeigt ihn mit einem dunkelgrünen Kleintransporter auf der Hauptstraße des Ortes.

Nicht weit von dort befindet sich das ehemalige Areva Kinderferienlager, ein vierstöckiges Umgebindehaus. Container voller alter Möbelstücke und ein Baumarkt-Anhänger zeugen von Renovierungsarbeiten. Mehrere Autos, unter anderem mit Kennzeichen aus Nordrhein-Westfalen, stehen in der Einfahrt. Im Garten weht eine Deutschlandflagge. Hier soll Ares laut Anwohner-Berichten eingezogen sein.

Keine offizielle Bestätigung

Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür nicht. "Ich weiß darüber gar nichts", sagt etwa der scheidende Steinigtwolmsdorfer Bürgermeister Guntram Steglich (parteilos). Weifa ist ein Ortsteil der Gemeinde. Andere Quellen berichten: Die Vorgänge seien im Gemeinderat bereits Thema gewesen - im nicht-öffentlichen Teil.

Aus dem Bautzener Landratsamt heißt es: "Es gibt Hinweise, über einen Immobilienerwerb aus dem Umfeld des Herrn Zloch." Der Musiker selbst will auf Fragen offenbar nicht antworten. Ein Telefongespräch mit Sächsische.de bricht er ab, weitere Anrufe im Anschluss drückt er weg.

Ein Eintrag auf seinem Instagram-Profil vom 31. August zeigt den rechtsextremen Musiker Chris Ares auf der Hauptstraße von Weifa.
Ein Eintrag auf seinem Instagram-Profil vom 31. August zeigt den rechtsextremen Musiker Chris Ares auf der Hauptstraße von Weifa. © Screenshot: SZ

Über die fragliche Immobilie selbst ist wenig bekannt. Alte Postkarten zeigen einen großzügigen Treppenaufgang und einen weitläufigen Speisesaal in der ehemaligen Blockstube. Nach seiner Nutzung als Kinderferienlager, sagen Anwohner, habe das Objekt lange zum Verkauf gestanden. Fakt ist: Aufgrund seiner Größe würde es sich für die Nutzung als Wohnprojekt eignen.

Cunewalde wehrt sich gegen Chris Ares

Weifa ist allerdings nicht der einzige Ort, an dem Ares aktiv ist. Ein weiterer Baustein seiner Pläne ist die Eröffnung eines Tattoo-Studios in Cunewalde. Das hatte er zuvor auch schon in Bautzen versucht. Am Mittwochabend kam es deshalb zu einer kontroversen Debatte im Gemeinderat. Auch ist in anderthalb Wochen Bürgermeisterwahl. Auf dem Wahlzettel stehen Amtsinhaber Thomas Martolock (CDU) und ein Kandidat der AfD.

Dem Bürgermeister ging es in dieser Situation um ein klares Signal: eine geschlossene Stellungnahme des  Gemeinderats gegen jede Form von Extremismus. Ausdrücklich nahm er in seinem Textentwurf auf die Pläne von Zloch alias Ares Bezug. Die meisten Gemeinderäte folgten diesem Wunsch. Eine Fraktion stimmte jedoch nicht zu: die AfD rund um deren Bürgermeisterkandidaten Jürgen Schulz.

Hitzige Debatte im Gemeinderat

Der Abstimmung voraus gingen hitzige Diskussionen. So sagte Gemeinderätin Claudia Zimmermann (FWVC): "Ich bin froh und erleichtert, dass dieses Thema angesprochen wird. Es beschäftigt uns seit Tagen und Wochen. Was Bautzen und Bischofswerda geschafft haben, sollten wir auch schaffen." In Bischofswerda gab es eine gemeinsame Erklärung aller Fraktionen des Stadtrats gegen die Ansiedlung eines "patriotischen Jugendtreffs". In Bautzen unterschrieben rund 3.000 Menschen zwei Petitionen gegen die Pläne von Ares. 

CDU-Gemeinderatsmitglied Dr. Michael Hanisch erklärte: "Hier kann man nicht unterschiedlicher Meinung sein. Hinter so eindeutigen Worten muss man geschlossen stehen." 

Geschäftspartner gilt als rechtsextrem

Die AfD-Fraktion berief sich hingegen auf das Grundgesetz. Niemand dürfe wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Das gelte auch für Ares. Die Fraktion beantragte deshalb, die namentliche Erwähnung des Musikers aus der Erklärung zu streichen. "Für Extremismus ist die Justiz verantwortlich", sagte Bürgermeister-Kandidat Schulz. Dem konnte Thomas Martolock nicht folgen. "Die Justiz wird erst tätig, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist", betonte er.  

Konkret ging der Bürgermeister dabei auf den örtlichen Geschäftspartner von Ares ein. Markus Baumgart betreibt in Cunewalde das rechte Modelabel Isegrim und ist Vermieter der Räumlichkeiten, in denen das Tattoostudio entstehen soll. Der sächsische Verfassungsschutz zählt ihn zur rechtsextremen Szene. "Wir kennen die Biografie des Vermieters", sagte Martolock. So sei gegen Baumgart bereits wegen Körperverletzung, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung ermittelt worden. 

Betreiben will das Tattoo-Studio in Cunewalde Jan David Fautz, ein Vertrauter von Chris Ares. Eine Genehmigung zur Ausübung des Gewerbes liegt laut Gemeinde noch nicht vor. So werde zum einen noch geprüft, ob das Vorhaben baurechtlich zulässig sei. Zum anderen müsse wegen der Corona-Pandemie das Gesundheitsamt zustimmen, da es sich bei Tätowierungen um eine "körpernahe Dienstleistung" handle. Hierüber zu entscheiden sei nicht Sache des Gemeinderates.

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