Bautzen. Zwei Jahre Bauzeit stehen im aktuellen Bundesverkehrswegeplan. 24 Monate vom ersten Spatenstich bis zur Verkehrsfreigabe der Ortsumfahrung von Niedergurig. Die Bundesstraße 156 soll künftig nicht mehr mitten durch den Ort führen, sondern westlich daran vorbei. Nur: Wann die 24 Monate Bauzeit beginnen, kann im Moment niemand sagen.
Derzeit laufe die Planfeststellung, hieß es jüngst aus dem sächsischen Wirtschafts- und Verkehrsministerium. Planfeststellung heißt: Skizzen und Unterlagen zu dem Vorhaben werden öffentlich ausgelegt, diskutiert, möglicherweise überarbeitet, wieder diskutiert und irgendwann beschlossen. In der Regel dauert so ein Verfahren ein bis zwei Jahre. Führen Straßen oder Bahnstrecken durch besonders schutzwürdige Gebiete oder nahe an Siedlungen vorbei, kann es auch länger dauern. Zuständig ist im Fall von Niedergurig die Landesdirektion Sachsen, das ehemalige Regierungspräsidium.
Geld kommt aus dem Fördertopf für Kohlereviere
Im Gespräch ist die Ortsumfahrung des Malschwitzer Ortsteils schon seit rund zwei Jahrzehnten. Einen ersten Vorentwurf erarbeitete das Bundesverkehrsministerium bereits im Oktober 2009, doch dabei blieb es seinerzeit. Erst jetzt steht fest, dass es für die geplante Trasse auch Geld gibt. Das kommt aus dem Fördertopf, den das Strukturstärkungsgesetz des Bundes möglich macht.
Das Gesetz schreibt die Förderung der Kohlereviere und ihres Umlandes bis 2038 fest. In dem Jahr sollen die letzten Kohlekraftwerke in Deutschland vom Netz gehen. Niedergurig liegt zwar nicht direkt im Lausitzer Braunkohlerevier, doch die Bundesstraße 156 verbindet Bautzen mit Kohle-Orten wie Boxberg, Weißwasser, Schwarze Pumpe und Großräschen. Ihr Ausbau - nicht nur in Niedergurig - steht deshalb im Bundesverkehrswegeplan in der Rubrik "Vordringlicher Bedarf".
Mehrere Varianten für die Trasse untersucht
Das Bundesverkehrsministerium veranschlagt für den Bau der gut zwei Kilometer langen Umgehungsstraße etwa 6,2 Millionen Euro. In seiner Prognose geht das Ministerium davon aus, dass hier täglich etwa 4.000 Fahrzeuge rollen.
Für die Trasse waren mehrere Varianten untersucht worden. Am Ende blieb die Variante übrig, die jetzt im Bundesverkehrswegeplan steht. Andere würden zu sehr in die Landschaft eingreifen, argumentiert das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv).
Mehrere Anwohner, aber auch der Malschwitzer Bürgermeister Matthias Seidel (CDU) sähen lieber eine Trassenführung noch etwas weiter westlich: "Unsere Wunschvariante ist die geplante Straßenführung nicht." Das Gemeindeoberhaupt ist sich aber im Klaren, dass eine andere Trasse nicht genehmigt würde. Zu nahe wären gleich zwei Naturschutzgebiete von europäischer Bedeutung und die Staumauer der Talsperre Bautzen.
Vogelschutzgebiet wird beeinträchtigt
Das Bundesverkehrsministerium erklärt, die gewählte Variante stelle "nach Abwägung der verkehrstechnischen, wirtschaftlichen und umweltfachlichen Belange die günstigste Lösung dar". Auch diese greife schon gewaltig in die Umwelt ein: "Das Neubauprojekt quert Ackerland nördlich der Talsperre Bautzen. Es liegt vollständig in einem Vogelschutzgebiet, das voraussichtlich erheblich beeinträchtigt wird."
Die Trasse ist also klar, die Baukosten sind es ebenso. Am Ende bleibt eine entscheidende Frage offen: Wann können die Niederguriger sowie Hunderte Autofahrer mit einem Baustart rechnen? Diese Frage konnte das Wirtschafts- und Verkehrsministerium in Dresden bislang nicht beantworten. Das Planfeststellungsverfahren läuft weiter.
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