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"90 Prozent der Teilnehmer sind friedlich"

Seit Wochen ist die Polizei jeden Montag bei den Corona-Protesten in Bautzen im Einsatz. Wie sie die Lage einschätzt – und wann sie schärfer durchgreift.

Von Theresa Hellwig
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Bei den Corona-Protesten in Bautzen waren zuletzt jeden Montag mehrere Hundertschaften der Polizei im Einsatz.
Bei den Corona-Protesten in Bautzen waren zuletzt jeden Montag mehrere Hundertschaften der Polizei im Einsatz. © Lausitznews

Bautzen. Viele Polizeiautos prägen seit Wochen jeden Montagabend das Bild in Bautzen. Für die Einsätze bei den Corona-Demos verantwortlich ist Polizeidirektor Mario Steiner, der das Revier in Bautzen leitet. Mit Sächsische.de sprach der 57-Jährige darüber, wie er die Lage einschätzt – und warum die Polizei nicht schärfer durchgreift.

Herr Steiner, bei den Protesten, die wir in den letzten Wochen erlebt haben, gab es immer wieder Angriffe auf Polizisten. Einige wurden verletzt. Wie geht es Ihnen in dieser Situation?

Ich bin in Bautzen für den Einsatz verantwortlich und natürlich wünsche ich uns, dass wir alle abends gesund wieder heimreisen. Ich habe das jetzt nicht zusammengerechnet, aber diesen Montag sind vier Polizisten verletzt worden, in einer der Vorwochen hatten wir sieben verletzte Beamte. Zum Glück ging es bisher nicht um schwere Verletzungen, sondern eher um Knalltraumata, Prellungen und Ähnliches. Dennoch: Es ist schlimm, wenn jemand im Dienst verletzt wird.

Wie bereiten Sie sich auf die Einsätze vor?

Wir planen unsere Einsätze für den folgenden Montag immer ab Dienstag in der Vorwoche. Dazwischen liegen aber immer auch noch andere Einsätze, die wir zu verantworten haben. Der Montag ist aber definitiv ein Einsatz-Höhepunkt: Wir müssen rechtzeitig Kräfte anfordern, die uns unterstützen. Aus dem Streifendienst, aus dem Kriminaldienst, aus Dresden, Leipzig, Chemnitz, aus anderen Bundesländern, von der Bundespolizei.

Mit wie vielen Kräften sind Sie denn in der Regel vor Ort?

Wir geben keine genaue Zahl heraus, aber es sind mehrere Hundertschaften.

Polizeidirektor Mario Steiner leitet das Polizeirevier in Bautzen und ist auch für die Einsätze montags bei den Corona-Protesten verantwortlich.
Polizeidirektor Mario Steiner leitet das Polizeirevier in Bautzen und ist auch für die Einsätze montags bei den Corona-Protesten verantwortlich. © SZ/Uwe Soeder

Trotzdem entsteht manchmal der Eindruck, dass nicht durchgegriffen wird. An diesem Montag, zum Beispiel, gab es nach dem angemeldeten Aufzug einen zweiten, der nicht angemeldet war. Aus diesem wurde Pyrotechnik geworfen. Warum geht die Polizei da nicht schärfer vor?

Erstmal muss man sagen: Nur, weil der Aufzug nicht angezeigt war, heißt das nicht, dass er nicht stattfinden durfte. Wenn Aufzüge friedlich sind, gibt es erstmal keinen Grund, diese aufzulösen. Das Problem, wenn Aufzüge nicht angemeldet sind, ist, dass wir diese nicht absichern können. Da kann es dann zum Beispiel zu Verkehrsunfällen kommen.

Aus diesem zweiten Aufzug wurde Pyrotechnik geworfen…

Das stimmt, ja. Auch ein Polizeifahrzeug ist beschädigt worden. Wir haben den Tatverdächtigen angezeigt. Wenn aus einem Aufzug mit vielleicht 300 Personen einer einen Knaller wirft, wird allerdings nicht der gesamte Aufzug gleich unfriedlich. Wenn das nur ein oder zwei Leute sind, muss die Polizei diese Leute herausziehen, um das Recht auf Versammlungsfreiheit zu gewährleisten. Montag haben wir bei diesem zweiten Aufzug dann dennoch entschieden, dass er nicht mehr als friedlich anzusehen ist. In der Töpferstraße haben wir ihn dann gestoppt. Dort gab es dann auch mehrere Widerstände gegen Vollstreckungsbeamte.

Warum ist geduldet worden, dass sich wochenlang – trotz der Beschränkung auf zehn Teilnehmer – Hunderte um den Kornmarkt versammelten?

Man muss festhalten, dass es sich beim Kornmarkt um eine Innenstadtlage handelt. Dort sind auch Unbeteiligte unterwegs. Es ist schwierig zu differenzieren, wo eine Versammlung anfängt – und wo es sich um jemanden handelt, der einfach nur mit seiner Familie zum Einkaufen gegangen ist. Die Leute haben ja zum Beispiel auch keine Transparente in der Hand.