Bautzen. Als die Anfrage für die Dreharbeiten kam, hat Nancy Grohmann nicht lange überlegt. „Ich hatte recht schnell zugesagt“, sagt die zweifache alleinerziehende Mutter aus dem Stadtteil Gesundbrunnen. „Ich habe mitgemacht, weil ich neugierig war.“ Nancy Grohmann stand im vorigen Jahr mehrere Drehtage lang für eine Dokumentation über Bautzen vor der Kamera, die jetzt in der Arte-Mediathek und ab dem 28. September im Fernsehen zu sehen ist. Die Anfrage kam über die "Kuchenstube" in Gesundbrunnen und Nancy Grohmanns ehrenamtliche Arbeit bei diesem Projekt.
In acht von insgesamt zehn Folgen ist die Bautzenerin zu sehen, allein, mit ihrer Mutter, ihren Kindern. Sie wird zu Hause, im Garten, unterwegs, beim Schuleingang und einer Logopädie-Sitzung mit ihrer Tochter und wie andere Hauptfiguren auch bei Sofa-Gesprächen gezeigt. „Bei den normalen Dreharbeiten konnte man die Filmleute ausblenden. Komisch haben sich die Szenen auf dem Sofa angefühlt, als man direkt in die Kamera gesprochen hat", sagt Nancy Grohmann.
Ursprünglich sei gar nicht so viel Drehzeit mit ihr eingeplant gewesen. Dass es am Ende deutlich mehr geworden ist, habe sich so entwickelt. Wer sich alle Folgen anschaut, kann durchaus den Eindruck gewinnen, dass Nancy Grohmann die Hauptfigur der Serie ist.
Letztlich entstehe eine Montage, für die es einen dramaturgischen Plan gebe. Der wiederum basiere auf dem gedrehten Material. „Da ist uns auch aufgefallen, dass Richard Juros oder Nancy Grohmann mehr auftauchen als andere, aber sie hatten auch etwas zu sagen“, so Mathias von der Heide. Nancy Grohmann kennt alle zehn Folgen und findet die Serie authentisch. Zu sehen ist dabei etwa der Austausch verschiedener Meinungen im Vorfeld der sächsischen Landtagswahl zwischen ihr und ihrer Mutter. „Die Authentizität macht einen Menschen doch aus“, sagt Liane Grohmann.
Positive Resonanz hat Mathias von der Heide auch am vergangenen Sonnabend von anderen Beteiligten aus Bautzen bei der Vorpremiere mit den ersten beiden Folgen im Deutsch-Sorbischen Volkstheater bekommen. „Sie fühlen sich gut behandelt und dargestellt, und mir geht’s auch gut beim Zuschauen.“
Kritik an Schmidt und Drews
Nancy Grohmann findet die Dokumentation gelungen, „weil viele Seiten angesprochen und gezeigt werden“. Die zehn Folgen sind etwa mit den Titeln „Reden und streiten“, „Heimat und Zuhause“ oder „Einheimische und Fremde“ überschrieben. „Zuschauer, die Bautzen nicht kennen, bekommen ein neutrales Bild und könnten den Eindruck gewinnen, dass die Menschen hier aufgeschlossen sind“, sagt Nancy Grohmann, die das Verhalten mancher Beteiligter nicht nachvollziehen kann. „Ich hatte das Gefühl, dass Annalena Schmidt provozieren will, und manche Stadträte haben sich kindisch verhalten.“
Hentschke-Bau-Chef Jörg Drews hätte sich aus Sicht von Nancy Grohmann beim Richtfest des Bahnhofs anders verhalten können. „Entweder wir sind offen oder nicht. Es war zum Beispiel nicht gut, dass Herr Drews nur ausgewählte Medien reingelassen hat.“ Das Arte-Team etwa musste das Gelände wieder verlassen. Sächsische.de wurde bereits vorab ausgeladen.
Nancy Grohmann sagt, dass jeder angehört werden sollte und die Doku etwas bei den Menschen in der Stadt bewirken könne, wie das Beispiel von der Vorpremiere zeige. „Eine Zuschauerin im Theater sagte, sie habe ein paar Schubladen auskehren können. Vielleicht geht es ein paar anderen auch so.“