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„Ich finde die Bautzen-Serie authentisch“

Nancy Grohmann ist in fast allen Folgen der zehnteiligen Arte-Doku zu sehen. Das war anfangs nicht so geplant, hat aber gute Gründe.

Von David Berndt
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Nancy Grohmann (rechts) sowie ihre Mutter Liane und ihre Tochter sind neben vielen anderen Bautzenern in der zehnteiligen Arte-Doku über die Stadt zu sehen.
Nancy Grohmann (rechts) sowie ihre Mutter Liane und ihre Tochter sind neben vielen anderen Bautzenern in der zehnteiligen Arte-Doku über die Stadt zu sehen. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Als die Anfrage für die Dreharbeiten kam, hat Nancy Grohmann nicht lange überlegt. „Ich hatte recht schnell zugesagt“, sagt die zweifache alleinerziehende Mutter aus dem Stadtteil Gesundbrunnen. „Ich habe mitgemacht, weil ich neugierig war.“ Nancy Grohmann stand im vorigen Jahr mehrere Drehtage lang für eine Dokumentation über Bautzen vor der Kamera, die jetzt in der Arte-Mediathek und ab dem 28. September im Fernsehen zu sehen ist. Die Anfrage kam über die "Kuchenstube" in Gesundbrunnen und Nancy Grohmanns ehrenamtliche Arbeit bei diesem Projekt.

In acht von insgesamt zehn Folgen ist die Bautzenerin zu sehen, allein, mit ihrer Mutter, ihren Kindern. Sie wird zu Hause, im Garten, unterwegs, beim Schuleingang und einer Logopädie-Sitzung mit ihrer Tochter und wie andere Hauptfiguren auch bei Sofa-Gesprächen gezeigt. „Bei den normalen Dreharbeiten konnte man die Filmleute ausblenden. Komisch haben sich die Szenen auf dem Sofa angefühlt, als man direkt in die Kamera gesprochen hat", sagt Nancy Grohmann.

Ursprünglich sei gar nicht so viel Drehzeit mit ihr eingeplant gewesen. Dass es am Ende deutlich mehr geworden ist, habe sich so entwickelt. Wer sich alle Folgen anschaut, kann durchaus den Eindruck gewinnen, dass Nancy Grohmann die Hauptfigur der Serie ist.

Positive Resonanz bei Premiere

Dem sei nicht so, erklärt Produzent und Regisseur Mathias von der Heide, der sich bereits in einem Interview mit Sächsische.de ausführlich zur Doku geäußert hat. Die Protagonisten müsse man aber als Ensemble sehen. „Es war von vornherein ein offenes Konzept. Wir sind beim Dokumentarfilm darauf angewiesen, was sich ergibt.“ Es sei klar gewesen, dass einige Personen mehr und andere weniger zu Wort kommen werden. „Manche Dinge funktionieren besser als erwartet, und wir haben festgestellt, dass wir mit Nancy Grohmann mehr drehen können.“

Letztlich entstehe eine Montage, für die es einen dramaturgischen Plan gebe. Der wiederum basiere auf dem gedrehten Material. „Da ist uns auch aufgefallen, dass Richard Juros oder Nancy Grohmann mehr auftauchen als andere, aber sie hatten auch etwas zu sagen“, so Mathias von der Heide. Nancy Grohmann kennt alle zehn Folgen und findet die Serie authentisch. Zu sehen ist dabei etwa der Austausch verschiedener Meinungen im Vorfeld der sächsischen Landtagswahl zwischen ihr und ihrer Mutter. „Die Authentizität macht einen Menschen doch aus“, sagt Liane Grohmann.

Positive Resonanz hat Mathias von der Heide auch am vergangenen Sonnabend von anderen Beteiligten aus Bautzen bei der Vorpremiere mit den ersten beiden Folgen im Deutsch-Sorbischen Volkstheater bekommen. „Sie fühlen sich gut behandelt und dargestellt, und mir geht’s auch gut beim Zuschauen.“

Kritik an Schmidt und Drews

Nancy Grohmann findet die Dokumentation gelungen, „weil viele Seiten angesprochen und gezeigt werden“. Die zehn Folgen sind etwa mit den Titeln „Reden und streiten“, „Heimat und Zuhause“ oder „Einheimische und Fremde“ überschrieben. „Zuschauer, die Bautzen nicht kennen, bekommen ein neutrales Bild und könnten den Eindruck gewinnen, dass die Menschen hier aufgeschlossen sind“, sagt Nancy Grohmann, die das Verhalten mancher Beteiligter nicht nachvollziehen kann. „Ich hatte das Gefühl, dass Annalena Schmidt provozieren will, und manche Stadträte haben sich kindisch verhalten.“

Hentschke-Bau-Chef Jörg Drews hätte sich aus Sicht von Nancy Grohmann beim Richtfest des Bahnhofs anders verhalten können. „Entweder wir sind offen oder nicht. Es war zum Beispiel nicht gut, dass Herr Drews nur ausgewählte Medien reingelassen hat.“ Das Arte-Team etwa musste das Gelände wieder verlassen. Sächsische.de wurde bereits vorab ausgeladen.

Nancy Grohmann sagt, dass jeder angehört werden sollte und die Doku etwas bei den Menschen in der Stadt bewirken könne, wie das Beispiel von der Vorpremiere zeige. „Eine Zuschauerin im Theater sagte, sie habe ein paar Schubladen auskehren können. Vielleicht geht es ein paar anderen auch so.“

Das sagen andere Protagonisten zur Doku

Alexander Ahrens: „Die Motivation für die Teilnahme an der Doku ist einfach erklärt: Entgegen der ja leider weit verbreiteten Annahme, dass wir hier in der rückständigen ostdeutschen Provinz leben, würde eine Dokumentation klarstellen können, dass auch hier vor Ort lebhafte Diskussionen geführt werden und mit viel Leidenschaft über gesellschaftspolitische Fragestellungen gestritten wird. Ich habe es noch nicht geschafft, mir das Ergebnis anzusehen, bin allerdings gespannt.“
Alexander Ahrens: „Die Motivation für die Teilnahme an der Doku ist einfach erklärt: Entgegen der ja leider weit verbreiteten Annahme, dass wir hier in der rückständigen ostdeutschen Provinz leben, würde eine Dokumentation klarstellen können, dass auch hier vor Ort lebhafte Diskussionen geführt werden und mit viel Leidenschaft über gesellschaftspolitische Fragestellungen gestritten wird. Ich habe es noch nicht geschafft, mir das Ergebnis anzusehen, bin allerdings gespannt.“ © Steffen Unger
Richard Juros: "„Es war eine Gelegenheit zu zeigen, dass Bautzen vielfältiger denkt und lebt, als es von außen wahrgenommen wird. Ich hatte mir vorgenommen, Dinge anzusprechen und dabei zu zeigen, dass es auch ohne ständige Polarisierung geht.
Im großen Ganzen finde ich, die Serie liefert eine andere Perspektive auf diese Stadt und ihre Akteure. Man hat einen guten Kontrast durch dieses Schema, in dem verschiedene Positionen zu gleichen Themen aneinandergeschnitten sind.“
Richard Juros: "„Es war eine Gelegenheit zu zeigen, dass Bautzen vielfältiger denkt und lebt, als es von außen wahrgenommen wird. Ich hatte mir vorgenommen, Dinge anzusprechen und dabei zu zeigen, dass es auch ohne ständige Polarisierung geht. Im großen Ganzen finde ich, die Serie liefert eine andere Perspektive auf diese Stadt und ihre Akteure. Man hat einen guten Kontrast durch dieses Schema, in dem verschiedene Positionen zu gleichen Themen aneinandergeschnitten sind.“ © SZ/Uwe Soeder
Maxi Hoke: „Meine Motivation war es nicht, ein anderes Bild von Bautzen zu kreieren. Dass Bautzen als ‚braunes Nest‘ wahrgenommen wird, kommt nicht von ungefähr. Es war mir wichtig zu zeigen, dass es eine Vielzahl von sehr engagierten, weltoffenen und toleranten Menschen gibt, die sich für eine bunte Stadtgesellschaft einsetzen. Einige Charaktere dominieren die Dokumentation, was dramaturgisch bestimmt Sinn macht, aber dadurch Bautzen weniger vielfältig zeigt.“
Maxi Hoke: „Meine Motivation war es nicht, ein anderes Bild von Bautzen zu kreieren. Dass Bautzen als ‚braunes Nest‘ wahrgenommen wird, kommt nicht von ungefähr. Es war mir wichtig zu zeigen, dass es eine Vielzahl von sehr engagierten, weltoffenen und toleranten Menschen gibt, die sich für eine bunte Stadtgesellschaft einsetzen. Einige Charaktere dominieren die Dokumentation, was dramaturgisch bestimmt Sinn macht, aber dadurch Bautzen weniger vielfältig zeigt.“ © Uwe Soeder
Andreas Thronicker: „Meine Motivation für die Teilnahme war die Spannung, ob tatsächlich ein Querschnitt der verschiedenen Meinungen der in der Stadt wohnenden oder arbeitenden Menschen gezeigt wird. Den in extremer Weise diffamierenden Aussagen der Stadtverordneten der Grünen bezüglich des Bürgerbündnisses Bautzen wurden keine gegenteiligen Meinungen, wie zum Beispiel von mir hervorgehoben, gegenübergestellt und damit das verzerrende Bild der Stadt bekräftigt.“
Andreas Thronicker: „Meine Motivation für die Teilnahme war die Spannung, ob tatsächlich ein Querschnitt der verschiedenen Meinungen der in der Stadt wohnenden oder arbeitenden Menschen gezeigt wird. Den in extremer Weise diffamierenden Aussagen der Stadtverordneten der Grünen bezüglich des Bürgerbündnisses Bautzen wurden keine gegenteiligen Meinungen, wie zum Beispiel von mir hervorgehoben, gegenübergestellt und damit das verzerrende Bild der Stadt bekräftigt.“ © Uwe Soeder
Annalena Schmidt: „Ich hatte die Hoffnung, dass mit der Dokumentation ein multiperspektivisches Bild der Stadt Bautzen gezeichnet wird. Sehr ärgere ich mich darüber, dass die Serie nicht wie zugesagt schon Ende 2019 ausgestrahlt wurde. Der zeitliche Abstand zu den Dreharbeiten ist viel zu groß. Ich habe die Dokumentation bis Folge 5 geschaut und gehe davon aus, dass ich mir die anderen Teile nicht mehr anschauen werde. Deshalb kann ich mir kein wirkliches Urteil dazu erlauben.“
Annalena Schmidt: „Ich hatte die Hoffnung, dass mit der Dokumentation ein multiperspektivisches Bild der Stadt Bautzen gezeichnet wird. Sehr ärgere ich mich darüber, dass die Serie nicht wie zugesagt schon Ende 2019 ausgestrahlt wurde. Der zeitliche Abstand zu den Dreharbeiten ist viel zu groß. Ich habe die Dokumentation bis Folge 5 geschaut und gehe davon aus, dass ich mir die anderen Teile nicht mehr anschauen werde. Deshalb kann ich mir kein wirkliches Urteil dazu erlauben.“ © Steffen Unger
Stephan Juros: „Meine Motivation war, dass das verzerrte und einseitige Bild von Bautzen und seinen Einwohnern berichtigt wird. Die Serie empfinde ich als sehr gut gelungen. Natürlich hätte die Breite der Mitwirkenden mit unterschiedlichem sozialen Status noch größer sein können, zum Beispiel mit Beschäftigten aus Handwerk oder Produktion. Die Konfliktsituation in Bautzen wird in der Dokumentation durch die Hauptpersonen sowie den Kreis der Mitwirkenden wirklich gut dargestellt.“
Stephan Juros: „Meine Motivation war, dass das verzerrte und einseitige Bild von Bautzen und seinen Einwohnern berichtigt wird. Die Serie empfinde ich als sehr gut gelungen. Natürlich hätte die Breite der Mitwirkenden mit unterschiedlichem sozialen Status noch größer sein können, zum Beispiel mit Beschäftigten aus Handwerk oder Produktion. Die Konfliktsituation in Bautzen wird in der Dokumentation durch die Hauptpersonen sowie den Kreis der Mitwirkenden wirklich gut dargestellt.“ © Uwe Soeder
Lutz Hillmann: „Mir liegt Bautzen am Herzen, deshalb habe ich mitgewirkt. Ich hatte von Anfang an die Hoffnung, dass dieses Projekt mehr von Bautzen erzählt als einige andere Berichterstattungen der vergangenen Zeit. Ich bin sehr froh über das Ergebnis, weil es einerseits nach außen ein differenziertes Bild abgibt und aus schwarzweiß farbig macht. Andererseits eröffnen sich neue Blickwinkel auf die handelnden Personen. Das eröffnet die Chance für einen anderen Umgang miteinander.“
Lutz Hillmann: „Mir liegt Bautzen am Herzen, deshalb habe ich mitgewirkt. Ich hatte von Anfang an die Hoffnung, dass dieses Projekt mehr von Bautzen erzählt als einige andere Berichterstattungen der vergangenen Zeit. Ich bin sehr froh über das Ergebnis, weil es einerseits nach außen ein differenziertes Bild abgibt und aus schwarzweiß farbig macht. Andererseits eröffnen sich neue Blickwinkel auf die handelnden Personen. Das eröffnet die Chance für einen anderen Umgang miteinander.“ © SZ/Uwe Soeder
Andrea Spee-Keller: „2019 vor den Wahlen und danach war die Stimmung in unserer Stadt sehr angespannt. Ich habe den gegenseitigen Respekt und die Wertschätzung unserer demokratischen Strukturen vermisst. Mein Anliegen war und ist Menschen zu stärken, die sich auf vielfältige Weise engagieren und sich nicht in den Vordergrund drängen. In dem Film werden viele Themen und Konflikte aufgezeigt, die uns als Stadtgesellschaft beschäftigen, das finde ich sehr wichtig.“
Andrea Spee-Keller: „2019 vor den Wahlen und danach war die Stimmung in unserer Stadt sehr angespannt. Ich habe den gegenseitigen Respekt und die Wertschätzung unserer demokratischen Strukturen vermisst. Mein Anliegen war und ist Menschen zu stärken, die sich auf vielfältige Weise engagieren und sich nicht in den Vordergrund drängen. In dem Film werden viele Themen und Konflikte aufgezeigt, die uns als Stadtgesellschaft beschäftigen, das finde ich sehr wichtig.“ © Stadt Bautzen

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