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Gift im Wein auch bei Meißner Winzergenossenschaft

Nach Hinweisen auf mit Pflanzenschutzmitteln belastete Weine in Meißen prüft Sachsens größter Weinhersteller vorbeugend alle seine Weine auf Giftrückstände. Er findet auch welche.

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© Claudia Hübschmann

Peter Anderson

Meißen. Die Sächsische Winzergenossenschaft Meißen hat sich entschlossen, umfangreiche eigene Analysen der Weine des 2015er Jahrgangs sowie aller derzeit verfügbarer Sorten zu veranlassen. Wie das Unternehmen am Donnerstagnachmittag mitteilte, sei dies vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen zu Rückständen von Pflanzenschutzmitteln in sächsischen Weinen entschieden worden. Geprüft werde im Rahmen des betriebsinternen Qualitätsmanagements.

„Wir arbeiten eng mit der Lebensmittelüberwachung des Landkreises zusammen, warten nicht erst staatliche Anweisungen ab, sondern gehen auf eigene Initiative diesen sehr kosten- und zeitintensiven Weg. Dies wird getan, um den größtmöglichen Verbraucherschutz zu erreichen und weiteren Imageschaden vom Weinanbaugebiet Sachsen abzuwenden“, sagt der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Lutz Krüger.

Aus diesem Grund werde auch der 2015er-Jahrgang noch nicht auf die Flaschen gezogen, sondern bleibe solange in den Tanks, bis zweifelsfrei durch Untersuchung in einem akkreditierten Labor geklärt ist, ob eine Belastung mit nicht für den Wein zugelassenen Pflanzenschutzmitteln besteht oder eben nicht.

„Aktuell liegen erste Ergebnisse zum Jahrgang 2015 vor, die auch in unserem Haus auf belastete Weine hinweisen“, so Krüger. „Wir werden aber diese Weine in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden natürlich weder auf Flasche ziehen noch auf irgendeine Art und Weise in den Verkehr bringen.“

Unabhängig davon sei sein Unternehmen außerordentlich daran interessiert, schnellstmöglich herauszubekommen, wer und auch in welcher Menge das Mittel an welchem Ort angewendet hat, so Krüger weiter. Der Winzerchef verweist darauf, dass die Genossenschaft im letzten Jahr alle Anwender von Pflanzenschutzmitteln eingeladen hat. In zahlreichen Fortbildungen zum Pflanzenschutz seien über 500 Winzer und Traubenproduzenten intensiv zu diesem Thema geschult und mehr als 100 Winzer zu Sachkundigen für Pflanzenschutz ausgebildet worden. Deshalb könne er nicht nachvollziehen, wie die Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in den Wein gelangen konnten. Nach Angaben von Kellermeisterin Nathalie Weich wurden alle Weiterbildungen und Schulungen von der Genossenschaft finanziert und den Teilnehmern entstanden keinerlei Kosten. Das unterscheide Sachsen von vielen anderen deutschen Weinbauregionen.

Mit der Winzergenossenschaft erreicht das Giftproblem jetzt einen der Großerzeuger in Mitteldeutschland. Die Genossenschaft bewirtschaftet mit ihren 1 500 Winzer-Mitgliedern rund 145 Hektar und damit ein Drittel der sächsischen Anbaufläche. Dazu zählen Vorzeigelagen wie der Seußlitzer Schlossweinberg, der Königliche Weinberg in Pillnitz und der Radebeuler Weinberg Goldener Wagen unterhalb des Bismarckturmes.

Bislang hatten sich die Gift-Funde auf Weine des Privat-Weinguts Jan Ulrich aus Diesbar-Seußlitz beschränkt. Betroffen sind die Sorten Goldriesling und Müller-Thurgau. In beiden Weinen des Jahrgangs 2015 wurden Rückstände eines Insektenmittels mit dem giftigen Bestandteil Dimethoat festgestellt. „Der Wein wurde 2015 gesperrt. Er kam nicht in den Verkehr“, betonte gestern das Landratsamt Meißen. Der Most des belasteten Goldriesling hätte allerdings nicht weiter zu Wein ausgebaut werden dürfen. Sowohl die Goldriesling-Trauben als auch die Müller-Thurgau-Trauben stammten von dem gleichen Winzer. „Es handelt sich sehr wahrscheinlich um eine Direktbespritzung“, teilte Landratsamtssprecherin Kerstin Thöns mit. In den vergangenen Tagen war darüber spekuliert worden, ob das Insektengift von einer Obstplantage auf die Trauben abgedriftet sein könnte. Dies scheint nun ausgeschlossen.