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Bestes Brot aus altem Getreide

Lausitzer Landwirte entdecken die historischen Sorten wieder. Das ist gut für die Gesundheit und die Region.

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© Steffen Unger

Von Jana Ulbrich

Himmelsbäckers Heidekasten duftet köstlich. Andreas Hultsch hat das frische Roggenbrot gerade aus dem Ofen geholt. „Ein herrliches Brot“, schwärmt der Bäckermeister aus Neukirch in der Lausitz, „eine schöne feste Krume und eine wunderbare Kruste. Das ist wirklich was Gutes.“

Ein ganz besonderes Getreide: Maik Apelt, Vorstand der Agrargenossenschaft Klitten, zeigt den Norddeutschen Champagnerroggen, den der Landwirtschaftsbetrieb auf seinen Feldern anbaut.
Ein ganz besonderes Getreide: Maik Apelt, Vorstand der Agrargenossenschaft Klitten, zeigt den Norddeutschen Champagnerroggen, den der Landwirtschaftsbetrieb auf seinen Feldern anbaut. © André Schulze

Dass es so was Gutes noch gibt! Oder besser: wieder! In seinem Brot, das Hultsch liebevoll „Lausitzer Heidekasten“ nennt, steckt eine uralte Getreidesorte: Norddeutscher Champagnerroggen. Schon der Name ist klangvoll. Die Neukircher Himmelsbäckerei ist eine von nur vier kleinen Bäckereibetrieben in der ganzen Lausitz, die damit backen.

Ein schöner Anblick

Der Champagnerroggen wächst im Oberlausitzer Biosphärenreservat. Das Getreide steht prächtig. Maik Apelt ist sehr zufrieden. Der Chef der Agrargenossenschaft Klitten ist rausgefahren zu den Feldern in Kreba-Neudorf. Was für ein schöner Anblick: Keine hochgezüchtete Wintergetreidesorte könnte an diesem Morgen besser aussehen als die alte Roggensorte. Maik Apelt lächelt: „Dabei hat das Feld hier nicht mal Dünger abbekommen.“

Die Klittener Agrargenossenschaft ist einer von sechs Landwirtschaftsbetrieben im Heideland, die das Wagnis mit den alten Sorten eingegangen sind. Der Anbau ist ein Projekt des Biosphärenreservats. Das muss erst einmal in die Köpfe, ehe es in die Mägen gelangen kann. „Wir müssen da wirklich erst einmal sehr viel Überzeugungsarbeit leisten“, sagt Eva Lehmann. Die Diplom-Agraringenieurin betreut das vor neun Jahren ganz klein begonnene Projekt. Der Erfolg zeigt sich langsam.

Eine hohe Qualität

Dabei ist es seit Kurzem auch wissenschaftlich belegt, dass das alte Getreide aus dem Heideland viel gesünder und bekömmlicher ist, als die modernen Hochleistungszüchtungen. Eva Lehmann hat die neuesten Ergebnisse der Laboruntersuchungen gerade erst auf den Tisch bekommen. Sie bestätigen die hohe Qualität des alten Getreides: Der Proteingehalt ist höher und der Gehalt an essenziellen Aminosäuren, ebenso der Ballaststoffanteil. Das Mehl aus den alten Sorten ist damit besser verträglich und auch für Diabetiker und Allergiker geeignet. Und es hat nahezu Bioqualität, weil die Landwirte auf Dünger und Pflanzenschutzmittel fast ganz und gar verzichten können.

Das geht, weil die alten Sorten viel robuster und anspruchsloser sind als die Neuzüchtungen, erklärt Landwirt Maik Apelt. Das alte Getreide wurzelt mehr in die Tiefe, kann so auch mal eine längere Trockenheit überstehen und kommt auf den kargen Sandböden im Heideland viel besser zurecht. „Eigentlich ideal“, sagt Apelt.

Anbaufläche vergrößert

Nur: Vom Champagnerroggen erntet er um die 35 Dezitonnen je Hektar. Die hochgezüchteten Sorten würden von jedem Hektar zehn Dezitonnen mehr hergeben. „Das ist schon eine Größenordnung“, weiß der Landwirt. Trotzdem steht er zu dem Projekt: „Weil wir weitgehend auf Dünger und Pflanzenschutzmittel verzichten können, wird es finanziell dann doch wieder interessant“, sagt er.

Deswegen haben die Klittener ihre Anbaufläche für den Champagnerroggen inzwischen mehr als verfünffacht. Inzwischen bauen sie auch noch „Jägers Pommerschen Dickkopf“ an, einen alten Winterweizen, aus dem die Bäckerei Gerber in Förstgen Heidebrötchen bäckt.

Das Brot ist sehr gefragt

Im letzten Herbst haben die Klittener auch noch alte Braugerste ausgebracht, „Heines Goldthorpe“. Nur einen Abnehmer haben sie dafür bis jetzt noch nicht. Roggen und Weizen bringen sie nach der Ernte höchstpersönlich mit dem Traktor bis nach Spittwitz auf halber Strecke zwischen Bautzen und Bischofswerda. In der dortigen Rätze-Mühle, die auch einer der Projektpartner ist, werden die alten Sorten gesondert gemahlen.

Der Erfolg zeigt sich langsam auch stetig. Aus anfangs einem halben Hektar Anbaufläche im Biosphärenreservat sind inzwischen insgesamt 70 Hektar geworden. Und Bäckermeister Andreas Hultsch in Neukirch kommt mit dem Heidekasten-Backen kaum noch nach. An die 100 Brote verkauft er jede Woche. „Es spricht sich langsam herum“, schmunzelt er. „Immer mehr Kunden fragen auch gezielt nach gesunden Vollkornprodukten.

Alles ist Handarbeit

Nur sind es eben nur vier Kollegen, die sich den Umgang mit dem besonderen Mehl antun. Der Teig braucht nämlich länger zum Gehen und einen erfahrenen Bäckermeister zum Backen. Für Andreas Hultsch ist das kein Problem, sagt er. In seinem Betrieb ist ohnehin alles Handarbeit. Jeder Teig kriegt bei ihm die Zeit, die er braucht.

Vielleicht beteiligen sich künftig ja noch mehr Agrarbetriebe und Bäckereien an dem Projekt. Eva Lehmann vom Biosphärenreservat würde es sich wünschen. Sie hat die Ergebnisse der Laboruntersuchungen diese Woche der Bäckerinnung vorgestellt. Das Saatgut, das anfangs nur schwierig zu bekommen war, dürfte nicht mehr das Problem sein. Inzwischen produzieren es die Klittener Agrargenossenschaft und die anderen beteiligten Landwirtschaftsbetriebe selbst.