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Betreuen statt bespaßen

Kann man eine Tagespflege für Senioren mit einer Kita vergleichen? Definitiv nicht, sagt Unternehmer Daniel Kunze.

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© André Schulze

Von Alexander Kempf

Die Dominosteine im Flur der neuen Tagespflege in der Nieskyer Schulstraße haben Übergröße. Gleiches gilt für die Spielfiguren von Mensch ärgere Dich nicht. Auch mit schlechten Augen und zittrigen Händen kann man sie gut bewegen. Vielleicht werden die Spielsachen den einen oder anderen Besucher beim Tag der offenen Tür am Freitag an die eigene Kindheit erinnert haben. Mit einer Kita wird die Tagespflege des Familienunternehmens Kunze dennoch niemand vergleichen. Zumindest dann nicht, wenn er die Worte von Geschäftsführer Daniel Kunze zur Eröffnung nachvollziehen kann.

Der nennt es nämlich ein „Riesendrama“, wenn eine Tagespflege mit einem „Kindergarten für Senioren“ gleichgesetzt wird. „Alle, die hier herkommen, haben eine Lebensgeschichte und verdienen einen anderen Umgang. Das ist eine völlig andere Qualität“, sagt Daniel Kunze. Denn anders als in einer Kita würden die Älteren selbst entscheiden, welche Dinge sie in Anspruch nehmen. Niemand werde in einer Tagespflege bespaßt. Sie sei vielmehr die beste Möglichkeit, Leute zu treffen, und so Alterseinsamkeit vorzubeugen.

Dass sich niemand im Erdgeschoss des Neubaus einsam fühlen wird, das ist auch Aufgabe von Bettina Spalke, welche die Tagespflege leiten wird. Noch keinen ganzen Monat arbeitet die 44-Jährige beim Familienunternehmen Kunze und übernimmt nun schon viel Verantwortung. Sechs Mitarbeiter zählt ihr Team. Und es könnte sogar noch größer werden. Das hängt davon ab, wie gut das Angebot der Tagespflege in Niesky angenommen wird. Bisher gibt es neun Anmeldungen. Insgesamt ist aber Platz für bis zu 20 Patienten.

Dass der Bedarf an Pflegeangeboten in den nächsten Jahren eher steigt als sinkt, kann Bettina Spalke in ihrem Heimatdorf Wurschen bei Weißenberg beobachten. Sie selbst lebe noch in einem Mehrgenerationenhaus. „Wir haben uns immer alle selbst unterstützt“, sagt sie. Doch mit zunehmender Landflucht würde dieses Modell mehr und mehr aussterben. Wenn die Kinder fehlen, hängt die Selbstständigkeit der Älteren dann sehr stark vom Auto ab. Das braucht es für Einkäufe und Arztbesuche.

Fällt die eigene Mobilität weg, treten viele Fragen auf. „Da ist es doch schön, dass eine Tagespflege gibt“, sagt Bettina Spalke. Auch weil Ältere Kontakte benötigen, um nicht abzubauen. Mit seinem Fahrdienst bietet das Familienunternehmen Kunze sogar an, die Senioren erst abzuholen und dann wieder heimzubringen.

Bettina Spalke arbeitet schon seit zehn Jahren in der Pflege. Sie ist Quereinsteigerin und kommt ursprünglich aus der Gastronomie. Doch als sie ihren Bruder während einer schweren Krankheit pflegt, entdeckt sie den neuen Beruf für sich. Viele Fortbildungen später besitzt sie seit Februar den Abschluss als Pflegedienstleiterin und hat prompt eine passende Stelle für sich gefunden.

Das Familienunternehmen Kunze ist stets auf der Suche nach Fachkräften. In Niesky hat es kräftig expandiert. Im Stockwerk über der Tagespflege sind großzügige Räume für eine Intensivpflege entstanden. Dort könnten einmal bis zu sechs Schwerkranke rund um die Uhr betreut werden. Außerdem hat der ambulante Pflegedienst des Familienunternehmens nun seinen Sitz im Neubau an der Schulstraße.