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Bewegung am rechten Rand

Während es um Heimatschutz und NPD immer stiller wird, macht eine neue Gruppe von sich reden.

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© Marko Förster

Von Peter Anderson

Meißen. Sie vermehren sich wie Klone im Dresdner Raum. Seit dem Spätsommer vergangenen Jahres tauchen bei Facebook immer neue fremdenfeindliche Gruppen auf. Der Name ist Programm: Die Laubegaster Wellenlänge, Pirnaer Wellenlänge und Meißner Wellenlänge eint vor allem eines: Sie setzen sich in verdächtig trautem Einklang mit Worten und Taten gegen Ausländer ein. Einer vor wenigen Tagen verbreiteten Erklärung zufolge sind die Wellenlängen „eigenständige Gruppierungen und dahinter wirkende Personen.“ In erster Linie sehen sie sich als „einen informierenden Protest“. Die Wellenlängen möchten eigenen Angaben zufolge „Informationen an die Leser bringen und Einblicke in komplexe Vorgänge geben.“

Wie das in der Praxis aussieht, zeigte die Meißner Wellenlänge am 18. August. Mit einem Schockfoto behauptete sie, ein Asylsuchender sei nach einem Streit aus dem zweiten Stock seiner Wohnung auf die Rauhentalstraße gefallen. Tatsächlich war der Mann in einem verwirrten Zustand selbst aus dem Fenster gesprungen. Unter dem Eintrag häuften sich menschenfeindliche Kommentare. So fragte etwa Willy Rüger aus Meißen, ob der Fußweg beschädigt sei. Bis heute sind die gehässigen Einträge nachzulesen, da sie von den Betreibern der Seite nicht gelöscht wurden.

Den Worten bei Facebook folgen mittlerweile Taten. So veranstalteten die Wellenlängen am 23. August in Pirna eine Solidaritätskundgebung für den umstrittenen Neustädter Friedensrichter Lothar Hoffmann. Am 14. September möchte die Heidenauer Wellenlänge vor der Zentrale der Sächsischen Zeitung in Dresden gegen die „Lügenpresse“ demonstrieren.

Das Muster der dezentralen Proteste, die häufig mit unpolitischen Themen wie dem Einsatz für die Linden auf dem Meißner Theaterplatz oder für alte Gaslaternen in Laubegast verknüpft sind, ähnelt stark der Strategie der rechtsextremen Identitären Bewegung. Diese hatte jüngst mit der Besetzung des Brandenburger Tores in Berlin auf sich aufmerksam gemacht. Die Bewegung arbeitet intensiv mit neuen Medien wie Facebook und setzt auf eine frische Optik. Statt in Schwarz-Weiß-Rot wie bei traditionellen rechtsextremen Gruppen sind etwa die Seiten der Heidenauer Wellenlänge in Gelbblau gestaltet.

Während die Identitären mittlerweile die Aufmerksamkeit des Verfassungsschutzes auf sich gezogen haben, sieht der Sächsische Verfassungsschutz bei den Wellenlängen offenbar noch keinen Anlass. Wie aus einer Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Juliane Nagel hervorgeht, sind dem Landesamt „keine Verbindungen der Laubegaster Wellenlänge zu rechtsextremistischen Bestrebungen bekannt. Die Laubegaster Wellenlänge ist kein Beobachtungsobjekt des LfV Sachsen.“

Welche Rolle spielt die AfD?

Bei Veranstaltungen wie jüngst in Heidenau wird dagegen eine hohe Schnittmenge mit Pegida und der AfD deutlich. So begleitete Pegida-Anwalt Jens Lorek die Demonstration, als Sprecherin trat Cati Bundesmann von der Jungen Alternative auf. Ein Bindeglied zwischen den einzelnen Wellenlängen scheint zudem die in Meißen wohnende AfD-Frau Madeleine Feige zu sein. Häufig taucht ihr Name auf den verschiedenen Facebookseiten auf. Nach Angaben des stellvertretenden AfD-Landesvorsitzenden Thomas Hartung tut Madeleine Feige dies aus privaten Gründen. Einen offiziellen Auftrag seitens der AfD gebe es dazu nicht. Allerdings passt das Engagement bei den Wellenlängen zur erklärten Strategie der AfD, freie Kräfte am rechten Rand an sich zu binden.

Abgezogen zu haben scheint die AfD dagegen ihre Hilfe für die Initiative „Heimatschutz“ (IHS) in Meißen. Im vergangenen Jahr konnten die Rechtsextremisten rund um die Meißnerin Nancy Kanzok wöchentlich mehrere Hundert Sympathisanten zu Stadtspaziergängen und Kundgebungen mobilisieren. Die Lautsprecheranlage für Redner wie den bayerischen Islamkritiker Michael Stürzenberger stellte die AfD. Nancy Kanzok hat für die plötzliche Ruhe eine ganz eigene Erklärung. „Sicher ist die IHS noch aktiv“, schreibt sie auf SZ-Nachfrage. Die selbst ernannten Heimatschützer entwickelten „Lösungen und Aktivitäten für die Zeit, wenn es richtig rund geht im Osten und nicht nur hier.“

Ähnlich still wie um die IHS, ist es um die NPD geworden. Der Riesaer NPD-Funktionär Jürgen Gansel erklärt das mit dem laufenden Verbotsverfahren. Deshalb stagnierten die Mitgliederzahlen seit einiger Zeit, so Gansel auf SZ-Nachfrage. Nach der erwartbaren Einstellung des Verfahrens im Oktober würden die Mitgliederzahlen aber wieder steigen, da sich viele Interessenten wegen der Karlsruher Entscheidung noch abwartend verhielten.