Merken

„Billig, billiger, Ausbeutung!“

SZ-Leser kritisieren den voraussichtlichen Müllentsorger-Wechsel. Riesa-Großenhain ist nicht der einzige Fall.

Teilen
Folgen
NEU!
© dpa

Von Jörg Richter, Stefan Lehmann und Domokos Szabó

Großenhain/Pirna. Statt Remondis soll ab Oktober die Firma Knettenbrech und Gurdulic den Müll im Raum Riesa-Großenhain entsorgen. Der Zweckverband Abfallwirtschaft Oberes Elbtal (ZAOE) will dem hessischen Familienunternehmen den Zuschlag erteilen, weil das beste Angebot der ursprünglichen Ausschreibung, das Remondis abgab, immer noch zu teuer war. Bei vielen Verbrauchern ruft der angekündigte Wechsel Kritik und Skepsis hervor – nicht zuletzt, weil die Firma aus Wiesbaden auch schon anderswo für Kritik gesorgt hatte (SZ vom 12. Juli).

Nutzer Schmodti Langosh befürchtet, der Abfallzweckverband verändere damit ein funktionierendes System, nur um Kosten zu sparen. „Es ist echt traurig, dass es in dieser Gesellschaft größtenteils nur noch ums Geld geht.“ Die Mitarbeiter von Remondis hätten indes „einen super Job gemacht, vielen Dank dafür!“

Auch Leserin Sabine Schaffer kritisiert, dass der Altkreis nun zu einem „Billiganbieter“ wechsle. „Da sind massive Probleme vorprogrammiert, die hinten heraus noch teuer werden dürften“, schreibt sie auf dem Facebook-Auftritt der SZ. Mirko Steiner fürchtet ebenfalls, dass sich der Wechsel noch rächen könnte: „Zu geringer Personaleinsatz in Verbindung mit Ortsunkenntnis. Da freut man sich direkt schon auf die ersten Monate.“

Viele Kommentatoren sehen das ähnlich, bezeichnen die Entscheidung als kopflos und weisen stets auf die Ortskenntnis hin, die sich neue Müllfahrer erst aneignen müssten, sofern Knettenbrech und Gurdulic die ehemaligen Remondis-Fahrer nicht direkt anstellt. Glücklich scheint niemand über den Wechsel – obwohl auch in der Vergangenheit ab und an über nicht abgeholten Müll geschimpft wurde.

Alexandra Schneider weist auf jene Remondis-Mitarbeiter hin, die durch die Neuvergabe zunächst ihre Arbeitsplätze verlören. „Das gesparte Geld wird dann direkt bei der Agentur für Arbeit wieder ausgegeben, um die Leute mit den dadurch verlorenen Arbeitsplätzen zu unterstützen. So ein Schwachsinn!“ Und Rick Schulz bringt seinen Ärger kurz auf den Punkt: „Der ganze Stress wegen ein paar Euro weniger. Billig, billiger, Ausbeutung!“

Unterdessen hat der ZAOE bestätigt, dass nicht nur Remondis vor der Vergabekammer Leipzig gegen die Aufhebung einzelner Lose der ursprünglichen Ausschreibung klagt. Es gebe insgesamt drei Vergabenachprüfungsverfahren. So lange diese nicht abschließend geklärt sind, werden keine neuen Verträge abgeschlossen. Weder mit Remondis noch mit Knettenbrech und Gurdulic.

SZ-Informationen zufolge stehen auch in der Sächsischen Schweiz und im ehemaligen Weißeritzkreis Anbieterwechsel an. Auch diese Regionen gehören zum ZAOE-Verbandsgebiet. Aber anders als im Raum Riesa-Großenhain handelt es sich bei der Kühl Entsorgung & Recycling GmbH & Co. KG (für die Sächsische Schweiz) und der Alba Sachsen GmbH (für den Weißeritzkreis) um Firmen aus der Region, die bereits von 2007 bis 2011 für den ZAOE in Meißens Nachbarlandkreis tätig waren. „Beide Unternehmen bringen umfangreiche Erfahrungen mit und kennen bereits die örtlichen Besonderheiten“, sagt Verbandssprecherin Ilka Knigge. Kühl und Alba sollen jeweils die Firma Becker Umweltdienste GmbH ablösen, die Niederlassungen in Freital und Sebnitz hat. Im linkselbischen Bereich der Sächsischen Schweiz arbeitet Kühl bereits für Becker als Subunternehmen. Dort wird es vermutlich die wenigsten Probleme bei einem möglichen Wechsel der Müllentsorger geben.

Etwas anders sieht es mit Alba aus. Der große Recyclingkonzern aus Berlin hat Niederlassungen in Leipzig, Torgau, Wurzen und Oschatz. Letztere liegt noch am Nähesten zum Gebiet um Dippoldiswalde. Aber immerhin kann Alba schon Standorte in Sachsen vorweisen. Ganz im Gegensatz zu Knettenbrech und Gurdulic. Das Wiesbadener Unternehmen hat sich noch nicht öffentlich dazu geäußert, wo es sich in Sachsen oder Südbrandenburg sesshaft machen will. Dass die Hessen sich ansiedeln, wo sie einen Zuschlag erhalten, zeigen die Erfahrungen in Karlsruhe und Kitzingen. Zweieinhalb Monate vor dem anvisierten Start gibt es aber noch keine Hinweise im Landratsamt Meißen und auch nicht in den Stadtverwaltungen Riesa und Großenhain.