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Blaue Phase und offenes Haus im Sommer

Zu Pfingsten standen in Sachsen über 200 Künstlerateliers offen. In Radebeul und Sörnewitz hat die SZ hineingeschaut.

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© Norbert Millauer

Von Beate Erler

Radebeul. Kurz vor zehn werden vor dem Atelier von Christa Günther letzte Vorbereitungen getroffen. Sie hat ihre Arbeitsstätte in der Alten Radebeuler Schuhfabrik auf der Gartenstraße. Ohne das Aufstellschild mit den roten Luftballons, die gerade noch angebunden werden, würden viele sicher vorbeilaufen. Oben angekommen, heißt es erst einmal Steinchen aus Kreta sammeln. Jeder Besucher wird gebeten, eines mit ins Atelier zu nehmen, damit die Gäste am Ende gezählt werden können.

Die Künstlerin Nadja Blottner (M.) erläutert den Gästen Brigitte und Edgar Macke aus Schwerin zum Tag des offenen Ateliers in der Grauen Presse in Sörnewitz das Bild „Die kleine Erde“.
Die Künstlerin Nadja Blottner (M.) erläutert den Gästen Brigitte und Edgar Macke aus Schwerin zum Tag des offenen Ateliers in der Grauen Presse in Sörnewitz das Bild „Die kleine Erde“. © Norbert Millauer

Trotz des schlechten Wetters am Sonntag waren immerhin 25 Leute da. „Leider sind keine Kinder gekommen“, sagt Christa Günther. Die ehemalige Lehrerin, die auch Kunst unterrichtet hat, wollte den kleinen Besuchern die Encaustic-Malerei zeigen und mit ihnen ausprobieren. Auf dem kleinen Tisch in ihrem Atelier stehen Bügeleisen bereit, die für diese Maltechnik gebraucht werden.

Extra für den Tag des offenen Ateliers und damit sie viele ihrer Bilder zeigen kann, hat ihr der Vermieter noch den langen Gang vor ihrem Atelier zur Verfügung gestellt. Hier finden sich links und rechts ihre Bilder, die vor allem mit Eitempera und Öl gemalt sind. Einige tragen schon die roten Klebepunkte, das Zeichen für verkauft.

„Meine Farbe ist blau“, sagt die Künstlerin, die als Quereinsteigerin seit fast 20 Jahren malt. 1998 hat sie den Lehrerberuf an den Nagel gehängt und zum Pinsel gegriffen. Vor allem ihre neueren Arbeiten stellt sie an diesem Wochenende aus. Ihre blaue Phase nennt sie eine Serie von Bildern in dem melancholischen Farbton.

Die lokalen Künstler sollen bekannter und die Menschen durch Gespräche an den Umgang mit Kunst herangeführt werden, erklärt Christa Günther das Ziel des Kunstwochenendes. Bereits zehnmal war sie bei der Aktion Kunst:offen dabei. Etwas enttäuschend findet sie es, dass in diesem Jahr nur zwei weitere Ateliers in Radebeul mitmachen.

Dann schaut ein Ehepaar aus Dresden vorsichtig hinein. Über die Sendung Sachsenspiegel haben die Eheleute von den offenen Ateliers erfahren. Sie wollen eine kleine Tour machen und sich mehrere Stätten ansehen, an denen Kunst entsteht. Wer am Pfingstwochenende keine Zeit zum Schauen fand: Die Bilder von Christa Günther und anderen Künstlern der Radebeuler Künstlergruppe „Kunstspuren“ werden im August in der Sparkasse in Radebeul-West zu sehen sein.

Kühle, offene Räume empfangen die Besucher im Atelier Graue Presse in Sörnewitz. Hinter dem kleinen Tresen wird frischer Kaffee zubereitet. Nadja Blottner und Bert W. Becker verbinden in dem alten Haus direkt an der Elbe Kunst mit Wein und kleinen Leckereien. „Für uns ist es die vierte Beteiligung an den offenen Ateliertagen“, sagt Nadja Blottner, die Malerin der Künstlergemeinschaft. Ihr Kollege, der Bildhauer Bert W. Becker, ist gerade beruflich unterwegs.

Im Jahr 2005 haben sie das Haus entdeckt: eine Vierergruppe aus Künstlern, Architekten und Bildhauern. Im Untergeschoss gibt es zwei kleine Ausstellungsräume, im Obergeschoss wohnen sie. Am Sonntag und Montag stand ihr Arbeits- und Lebensraum für Besucher offen. „Ich bin sehr zufrieden, denn am Sonntag waren 40 Leute da“, sagt Nadja Blottner. Die Bilder im Untergeschoss hat sie extra für das Wochenende aufgehängt. Eines ist erst vergangene Woche fertig geworden. „Der kleine Raum wirkt schnell überladen“, sagt sie, „deshalb ist es wichtig, dass die Bilder gut miteinander korrespondieren.“

Bis Ende September bleiben sie hängen, denn auch an den kommenden Wochenenden steht das Haus von 14 bis 18 Uhr offen. Besucher können vorbeikommen, zum Kunstgucken und Kaffee- und Weintrinken. Für diesen Nachmittag haben sich noch sechs Familien angekündigt. Nadja Blottner arbeitet als Kunstpädagogin an der Freien Werkschule in Meißen. Ihre Schüler kommen selbst am Feiertag gern zu ihr.

In dem kleinen Garten hinter dem Haus zeigt sie den Kindern, wie Handpuppen aus altem Papier hergestellt werden. Die Marionetten sitzen auch in einem alten Schrank in ihrem Atelier, das die Besucher sich ansehen können. Einige der Handpuppen waren vergangenes Jahr im Dresdner Stadtmuseum ausgestellt.

„Das Schöne an den Ateliertagen ist die Aufmerksamkeit, die wir erhalten“, sagt Nadja Blottner. Außerdem sei es immer wieder überraschend, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.