Leicht wiegen die graugrünen Pflanzen im warmen Sommerwind, aber bald ist es mit ihrer Herrlichkeit vorbei. Denn der Traktor naht. Mit lautem Brummen fährt er über die Salbeifelder der Freitaler Bombastus-Werke zwischen und Oberhermsdorf. „Das ist alles Eigenbau“, sagt Joachim Günther und winkt, ihm zu folgen. Günther ist technischer Vorstand des Naturheilmittelproduzenten und stapft zwischen den Feldern hindurch. Es duftet, der Geruch von Kräutern liegt in der Luft.
Und der Traktor nähert sich. Vor seiner Motorhaube ist ein riesiger Anbau montiert. Aus ihm strömt Luft über die Pflanzen und presst deren Stängel gegen das Schneidewerk. Ritsch, ratsch – weg ist die Salbeipracht und verschwindet in einem langen Kunststoffrohr, welches hinter dem Traktor in eine große Gitterbox mündet. Etwas mehr als 600 Kilo Salbei passen da hinein, locker und luftig gelagert, das ist wichtig für die Qualität. „Das haben wir alles selbst entwickelt und gebaut“, sagt Joachim Günther und schaut der Arbeit des Traktoristen zufrieden zu.
Theoretisch kann die Maschine sogar ohne Fahrer unterwegs sein. Praktisch setzt man lieber noch einen Arbeiter ein. Der Großteil der Salbeiernte ist ohnehin Handarbeit. Günther dreht sich herum und zeigt auf ein weiteres Feld. Es ist mit einem Blütenschimmer in Blauviolett bedeckt. „Die Blüten brauchen wir aber nicht“, sagt Günther. Deshalb müssen vor der Ernte Arbeiter durch die Reihen gehen, die Blüten kappen und auch gleich das Unkraut beseitigen. Reihe um Reihe ackern sie sich täglich durch 40 Hektar Anbaufläche. Bombastus geht es um die Triebspitzen, die obersten knapp 15 Zentimeter des Salbeis. In den zarten Trieben steckt die meiste Kraft. Es ist eine Mischung aus mehreren ätherischen Ölen sowie Rosmarinsäure, die die Pflanze begehrt und wirkungsvoll macht.
Bombastus wurde 1904 gegründet und pflanzt den Salbei seit 1914 bei Wurgwitz an. Das Freitaler Unternehmen gilt als einer der größten Anbaubetriebe von mehrjährigem Salbei in Europa. Die Kräuterpflanze ist das Herzstück des Unternehmens. Zwischen 12 und 15 Tonnen Blätter werden hier jährlich zu Tees verarbeitet. Aus den Blüten und Wurzeln werden zudem weitere Extrakte gewonnen.
Joachim Günther folgt dem Auto mit einer gut gefüllten Gitterbox zur nahe gelegenen Trocknungshalle. Die Luft in dem Gebäude ist warm und staubig, es riecht intensiv nach Salbei. Mitarbeiter schaufeln mit Heugabeln die frisch geernteten Blätter in einen großen Schlund. Von dort verschwinden die Triebspitzen im Zerkleinerer. Die geschnittenen Salbeistängel kommen anschließend in ein Trocknungsregal.
Dort lagern sie auf luftdurchlässigen Geweben, die Förderbändern gleich den Salbei im Viertelstundenrhythmus auf die nächste untere Ebene transportieren. Acht Etagen gibt es insgesamt. Ganz unten angekommen, geht es für den Salbei im Lift wieder nach oben. Das ständige Umlagern dient der Belüftung und Trocknung der Blätter bei Temperaturen um die 35 Grad. Bereits nach zwei Tagen werden sie in eine Trockungswanne umgelagert, wo sie nochmals 48 Stunden bei stetiger Luftzufuhr nachtrocknen.
Im letzten Schritt wird der Salbei gerebelt. Das geschieht maschinell: Der Salbei kommt in eine große Trommel, in der Bürsten rotieren und die wertvollen Blätter von den Steilen trennen. Anschließend wird der Tee in große Papiersäcke gefüllt und ins Lager geschafft. Nach Bedarf kann er nun abgefüllt werden – lose oder in Filterbeuteln. Nach dem Kamillentee rangiert der Salbei auf Platz zwei der Verkaufs-Hitliste bei Bombastus. Ein Aufguss aus Salbeitee wird entzündungshemmend, antibakteriell, verdauungsfördernd und schweißhemmend.