Merken

Boxbergs Welt

Am ersten Unternehmerstammtisch gibt es großes Interesse. Aber es wird auch Kritik laut.

Teilen
Folgen
NEU!
© André Schulze

Von Carla Mattern

Boxberg. Wer hätte das gedacht? Es gibt tatsächlich Unternehmer in Boxberg, die mit dem Firmenstempel zum Stammtisch kommen. Im Saal des Tourismus-informationszentrums (Tiz) sind am Dienstagnachmittag etwa 70 Frauen und Männer versammelt. Auf den Sechsertischen stehen Frühlingssträußchen mit gelber Forsythie und Getränke, die am Rand platzierten Stehtische sind in gelbem und blauem Stoff verhüllt. Selbst die bequemen Sessel und das Sofa am großen Fenster zum See sind besetzt.

Erwartungsvoll, so lässt sich die Stimmung in dem Raum am besten beschreiben. Denn an diesem Nachmittag treffen sich zum ersten Mal Unternehmer, Geschäftsinhaber, Dienstleister aus der Gemeinde mit den 18 Ortsteilen in solch einer Runde. Der Boxberger Bürgermeister Achim Junker hat eingeladen und damit eine Ankündigung aus seinem Wahlkampf im vergangenen Jahr umgesetzt. Näherrücken: das Angebot trifft den Nerv der Anwesenden. In seiner Begrüßung stellt der Bürgermeister kurz seine Amtsleiter vor, spricht über die energiepolitische Fehlausrichtung („Nur ein Dummling lässt die einheimischen Ressourcen ungenutzt“) und verkündet, dass die Gemeinde trotz aller finanziellen Sorgen die Gewerbesteuer auf dem attraktiven Hebesatz von 390 Prozent belassen will.

Da der angekündigte Hauptredner noch nicht da ist, informiert Boxbergs Hauptamtsleiter Arian Leffs die Unternehmer über eine Kooperation mit 20 deutschen und polnischen Partnern zum Thema Sicherheitslage im Grenzgebiet und das Boxberger Vorhaben, über dieses Projekt ein neues Feuerwehrauto für Klitten anzuschaffen. Für den Fördermittelantrag seien viele Unterstützungsunterschriften - „bitte möglichst mit Firmenstempel“- von Boxberger Unternehmern hilfreich, sagt Arian Leffs und schickt einen vorbereiteten Brief in die Unternehmerrunde. Beispielsweise Steffen Söll von der SKM Group holt tatsächlich aus der Tasche den Firmenstempel raus und vervollständigt so seine Unterschrift.

Armin Hoffmann vom Porenbetonwerk Europor schickt ebenfalls eine Unterschriftenliste in den Saal. Bei ihm geht es um das Bekräftigen und Unterstützen der Forderung von Spremberg und Schwarze Pumpe nach einer Südanbindung an die B97. „Die ist auch für uns wichtig“, begründet er seine Bitte. Am Ende bekommt er die Liste mit 32 Unterschriften zurück und ist darüber nicht unzufrieden. Für die Hauptredner des Abends, den neuen Geschäftsführer der Marketinggesellschaft Oberlausitz und den für das Standortmarketing zuständigen Mitarbeiter Christoph Pilz findet der Kringelsdorfer Armin Hoffmann dagegen kein Lob.

Die Marketingfachleute haben die 15-jährige Gesellschaft vorgestellt, die sich um Tourismusvermarktung und Wirtschaftsförderung für die Kommunen, Anbieter und Unternehmen der Landkreise Görlitz und Niesky kümmert. Momentan sei man unterwegs, um zu hören, welche Aufgaben die Gesellschaft erfüllen soll. Zu den Vorträgen gibt es zwar einige Fragen, aber für viele Boxberger sind die zu regional. Auch Versicherungsmakler Volker Grabarek aus Klitten ist unzufrieden. „Das ist mir zu viel große Politik“, sagt er, nachdem der Teil mit Reden und Vorträgen vorüber ist. Auch Doris Hussock aus Nochten hätte sich mehr Boxberger Themen gewünscht.

Mit den drei Buchstaben MGO hätte sie nichts anfangen können, doch erst nach geraumer Zeit sei der Name Marketinggesellschaft Oberlausitz gefallen. Als Zimmervermieter in Nochten findet sie jedoch die Diskussion um ein einheitliches Logo und die Begrifflichkeit Oberlausitz und Lausitz für das Werben interessant. „Es war keine verlorene Zeit, durch die Gespräche lernt man Gesichter zu Namen kennen“, sagt Doris Hussock.

Das geschieht beim zweiten Teil. Lockere Gesprächsrunden an den Tischen, am kalten Büfett, im Stehen: Vielerlei Informationen werden ausgetauscht, Verabredungen getroffen. Auch ohne alkoholische Getränke stellt sich tatsächlich so was wie eine Stammtischatmosphäre ein. Gut drei Stunden nach dem Start des ersten Treffens dieser Art in Boxberg verlassen die Letzten das Tourismusinformationszentrum.