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Büffeln fürs Büro

Eine Löbauerin hat an der Volkshochschule eine Premiere geschafft – und für ihren Abschluss auch online gelernt.

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© Matthias Weber

Von Anja Beutler

Löbau. Nora Mengel kann ihre Lehrbücher zuklappen. Mit zufriedenem Lächeln und einer gehörigen Portion Stolz, denn die 30-jährige Löbauerin hat etwas erreicht, was bislang an der Volkshochschule Dreiländereck noch keinem gelungen ist: Sie hat alle Kurse zur Finanzbuchhalterin komplett absolviert und den Abschluss erhalten. „Diese Zusatzqualifikation für die Buchhaltung ist gefragt, aber alle Kurse samt Abschluss hat noch keiner bei uns geschafft“, freut sich Ines Schicht, die Nora Mengel als Dozentin in den vergangenen Jahren betreut hat. Vor dem langen Atem der jungen Mutter zieht auch sie den Hut.

Viel Freizeit hat die junge Frau schließlich geopfert. Bei den ersten Kursen hat sie einmal wöchentlich von 17 bis 21 Uhr die Schulbank gedrückt, später zweimal wöchentlich von 19 bis 21 Uhr. Das alles nach der Arbeit und mit zwei kleinen Kindern. „Dazu kamen noch die Hausaufgaben“, sagt Frau Mengel, die ohne die Hilfe ihres Mannes wohl nicht so gut alles unter einen Hut bekommen hätte. Richtig gelernt habe sie vor allem vor den Prüfungen – im Alltag blieb dafür eher wenig Zeit. Im Büroalltag hingegen merkte sie schnell, wie richtig ihre Entscheidung war, als gelernte Bürokauffrau ein bisschen mehr aufzusatteln.

Denn der Lernantrieb kam mit ihrem neuen Job in Löbau. „Ich habe erst in Bautzen gearbeitet, aber nach der Geburt meines zweiten Kindes wollte ich ein bisschen näher an Löbau ran“, erzählt sie. Bei der Fleischerei Richter erhielt sie eine Stelle und war zunächst mehr als Sekretärin eingesetzt. „Als sich abzeichnete, dass die Buchhaltung Unterstützung braucht, hat mich mein Chef ermuntert, mich darauf zu spezialisieren“, sagt sie. Auch eine Anschubfinanzierung habe sie für den ersten Kurs erhalten, die anderen dann aus eigener Tasche bezahlt. „Ich habe im Büro immer erst erzählt, dass ich den Kurs gemacht habe, wenn ich es geschafft hatte“, erinnert sie sich und muss ein wenig über ihre Taktik schmunzeln. So hat sie sich selbst keinen unnötigen Druck gemacht.

Der Druck kam mit der Zeit von ganz allein: In der Buchhaltung des Unternehmens wuchs ihr leider schneller als geplant mehr Verantwortung zu. „Ich habe den Unterschied wirklich gemerkt. Das, was wir im Kurs besprochen haben, konnte ich im Alltag nutzen“, betont die Absolventin. Das habe ihr Sicherheit gegeben: „Schließlich geht es um Zahlen und Geld, da sollte man wirklich nichts falsch machen“, sagt sie.

Nebenbei hat die Löbauerin auch gleich den Sprung auf die digitale Schulbank gemacht. Denn die Themen Kosten-Leisten-Rechnung und Bilanzierung büffelte sie per Online-Seminar. „Man schaltet sich im Internet zu und kann während der Vorlesung auch Fragen stellen“, erklärt sie. „Während der Vorlesung noch den Chatverlauf zu verfolgen, war anstrengend, aber man traut sich doch eher, eine Frage zu stellen – die anderen sehen und kennen einen ja nicht“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Noch einen weiteren Vorteil hatte der Online-Kurs: Die junge Frau musste dafür nicht in die Volkshochschule nach Löbau oder Zittau kommen, sondern konnte die Vorlesung zu Hause verfolgen.

Verfolgt haben auch die beiden Kinder den Lerneifer der Mama. Immerhin hat sich die Weiterbildung über sechs Jahre hingezogen und den Familienalltag mitgeprägt. „Unsere Kinder haben schon vor ihrem Schulanfang miterlebt, dass man lernen muss, wenn man in die Schule geht“, bestätigt die zweifache Mutter, deren Kinder heute zehn und acht Jahre alt sind.

Nach allen bestandenen Prüfungen will Nora Mengel nun erst einmal Pause machen. „Aber ich würde nicht ausschließen, dass ich mich noch einmal für eine Weiterbildung an der Volkshochschule einschreibe“, sagt sie. Ihr Chef und die Kollegen haben sich jedenfalls mit ihr gefreut. „Wenn man so etwas anfängt, muss man es durchziehen“, bilanziert sie.