Merken

Bundeswehr-Umbau: Marine wirbt mit Abenteuer

Die Vorgänge auf dem Segel-Schulschiff "Gorch Fock" haben die Marine in die Schlagzeilen gebracht. Ganz anders allerdings, als gewünscht. Mit dem Wegfall der Wehrpflicht muss die Marine ihre Werbung um Nachwuchs verstärken - und setzt auch auf den Traum vom Abenteuer.

Teilen
Folgen
NEU!

Von Joachim Mangler

Rostock. Wenn der Wehrdienst nahe rückte, ließen sich bislang junge Leute oft von der "Exotik" des Dienstes auf dem Wasser locken, der zudem mehr Abenteuer versprach als der Alltag bei der Infanterie. Und so sei die Rekrutierung recht einfach gewesen, berichtet der "Personalchef" vom Marineamt in Rostock, Kapitän zur See Michael Möding. "Die Wehrpflichtigen machten ihr Kreuz bei Marine und waren bei uns." Das funktioniert nicht mehr.

Mit der Bundeswehrreform und dem Umbau zu einer Freiwilligenarmee müssen sich die Personalplaner der Deutschen Marine mehr denn je mit der Frage beschäftigen: "Wie kommen wir zu unserem Nachwuchs?". Wie stark die Marine vom geplanten Personalabbau bei den Streitkräften von derzeit 235 000 auf 185 000 betroffen sein wird, ist noch unklar. Doch angesichts der wachsenden Konkurrenz um wehrdienstfähige und auch -willige junge Leute will die Marine bei der Werbung verstärkt auf die Kameradschaft auf Kriegsschiffen setzen. Und das nicht nur in den Küstenregionen, in denen bislang der Großteil der Marine-Soldaten rekrutiert wurde, auch in südlichen Bundesländern.

Die Marine ist von "Landratten" überzeugt. "Marinesoldaten aus Baden-Württemberg, Bayern oder Sachsen sind "Überzeugungstäter"", sagt Möding. Sie wüssten genau, warum sie sich zur Marine melden. "Sie wollen gerne Abenteuer erleben." Das Leben auf einem Kriegsschiff erfülle auch im 21. Jahrhundert noch jede jungen- oder mädchenhafte Vorstellung vom Leben auf See. "Man lebt für lange Zeit auf engem Raum zusammen, man kann sich an Bord nicht verstecken", zählt Möding auf. Das führe dazu, dass jede Crew "eine eingeschworene Kampfgemeinschaft" bilde und eine innige Beziehung zu "diesem Stück Stahl" habe.

"Soldaten aus den Südländern sind häufig überzeugter bei der Sache", berichtet auch Fregattenkapitän Markus Nolte, der Kommandant der Fregatte "Sachsen" mit Heimathafen Wilhelmshaven und "Chef" von knapp 220 Männern und Frauen. Gerade weil sie fern vom Meer aufgewachsen sind, übe die See eine Faszination auf sie aus. Dabei gebe es für manchen, der aus einer Gemeinde in den Bergen kommt, einen besonderen Reiz. "Wenn er zum ersten Mal in Matrosenuniform in den Bayerischen Wald oder ins Erzgebirge heimkehrt, ist er "die" Attraktion."

Marineamtssprecher Gunnar Wolff geht nicht davon aus, dass die Vorgänge auf dem Segelschulschiff "Gorch Fock" junge Leute künftig davon abhalten werden, zur Marine zu gehen. Eine 25 Jahre alte Kadettin war aus der Takelage gestürzt und gestorben. Anschließend hatten Offiziersanwärter das Verhalten der Vorgesetzten massiv kritisiert und von Schikanen und fragwürdigen Ritualen berichtet. Der Untersuchungsbericht wird mit Spannung erwartet. Medienberichten zufolge soll die kurzfristige Abberufung des Schiffskommandanten aber unbegründet gewesen sein.

Den Reiz der Marine machten für junge Menschen oft auch die Auslandseinsätze aus. Die hätten aber mit Träumen vom Abenteuerleben auf großer See und in fernen Häfen wenig zu tun. Kriegsschiffe übernähmen heute die Aufgabe, auf den Weltmeeren für Sicherheit zu sorgen, macht Nolte klar. Gefahren für Leib und Leben der Matrosen eingeschlossen. Der Dienst auf einem Kriegsschiff sei in erster Linie Pflicht. Jeder sei fest in ein System eingebunden, in der Werte wie Zuverlässigkeit und Tüchtigkeit ganz oben stehen. Das schweiße die Truppe ebenso zusammen wie das gemeinsame Überstehen eines heftigen Sturms auf hoher See, sagt der Fregattenkapitän. (dpa)