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„Cäse, Milch, Butter bedeutet das“

Der rote Umhang war mal eine westdeutsche Gardine, der braune hing im Speisesaal eines Altenheims. Dass beide nicht in der Altkleidersammlung landeten, sondern mit Bordüren verziert noch die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, ist Elisabeth Lukasch zu verdanken.

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Von Melanie Ermscher

Der rote Umhang war mal eine westdeutsche Gardine, der braune hing im Speisesaal eines Altenheims. Dass beide nicht in der Altkleidersammlung landeten, sondern mit Bordüren verziert noch die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, ist Elisabeth Lukasch zu verdanken. Dies und noch mehr. Denn die katholische Gemeindereferentin in Kamenz hat nicht nur mit Bekannten die Umhänge in Kostüme verwandelt, sondern auch viele der Jugendlichen, die diese als Sternsinger tragen, zusammengetrommelt. Mittlerweile ziehen sie und Kaplan Andreas Jaster in den ersten Wochen eines Jahres mit 16 Mädchen und Jungen im Alter zwischen sieben und 15 Jahren durch die Lessingstadt.

Insgesamt 2400 Euro sammelten im vergangenen Jahr die 25 Sternsinger der Kirchgemeinde für bedürftige Kinder in aller Welt – ehrenamtlich wohl gemerkt. In Kamenz kamen allein 1500 Euro zusammen. Organisiert wird die bundesweite Spendenaktion zentral vom deutschen Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ in Aachen und dem Bund der deutschen katholischen Jugend (BDKJ). Die Umsetzung liegt bei den Pfarreien: „Wir gehen durch die Häuser und singen, dann spenden uns die Leute was“, erklärt Rebekka Spitzweg (15), die für die goldfarbene Sammelbüchse verantwortlich ist.

Doch die Jugendlichen singen nicht nur, sie spielen auch Flöte, sprechen einen Haussegen und schreiben am Ende ihres Besuches mit gesegneter Kreide die Jahreszahl und die Buchstaben „C M B“ an den Sturz der Haustür. „Christus mansionem benedicat (Gott segne dieses Haus) heißt das“, erklärt Andreas Domschke (15). „Cäse, Milch, Butter bedeutet das“, meint Rebekka grinsend.

Die Sternsinger

sind fast schon Profis

Die Sternsinger sind entweder Ministranten oder besuchen die wöchentliche Mädchenstunde der Gemeindereferentin. Mittlerweile sind sie fast schon Profis – die meisten von ihnen sind schon mehrere Jahre oder sogar von Anfang an dabei – wie Antonia Lukasch: „Ich mache das schon elf Jahre lang.“ Auch wenn sich die 15-Jährige nicht mehr verkleiden mag, ihren Beitrag leistet sie trotzdem beim Singen.

„Die ersten Male haben Autos angehalten und Jugendliche uns ausgelacht“, erinnert sich Elisabeth Lukasch. Denn das Sternsingen ist kein ostdeutscher Brauchtum. „Was bedeutet das?, wollten die Leute wissen.“ Mittlerweile zählen die als die Drei Heiligen Könige Caspar, Melchior und Balthasar verkleideten Jugendlichen mit Anhang und Holzsternen zu Beginn des Jahres zum Alltagsbild.

Zum Alltag gehört auch, dass sich unter den Kostümen keine Engel befinden. „Kick Ass“ steht auf einer Baseball-Kappe, die vor dem Auftritt der königlichen Krone weichen muss. „Damit bist Du kein König, sondern ein Rowdy“, lautet die erwachsene Beurteilung. „Das ist doch auch eine Verkleidung“, kommt die Antwort des Sternsingers. Und Alltag ist ebenfalls, dass die Sternsinger nach ihrem Aufbruch um 9 Uhr morgens zum Mittagessen im Pfarramt St. Maria Magdalena in der Talstraße zusammenkommen. Nach dem selbst gekochten Mittagessen können sie sich ausruhen, gemeinsam ein Video ansehen, bevor es dann nachmittags wieder mit dem Sternsingen weitergeht. An zwei Tagen waren sie bislang unterwegs. Morgen, Dienstagnachmittag, am Tag der Heiligen Drei Könige, steht der anderthalbstündige Abschluss im Kamenzer Malteser-Krankenhaus St. Johannes an.

Im Durchschnitt absolvieren die Sternsinger 30 Besuche in zwei Tagen. Besucht werden diejenigen, die sich vorher auf einer Liste eingetragen haben. Außerdem führt jedes Jahr auch eine Tour durch die Kamenzer Innenstadt: Auf der so genannten „reichen Tour“ statten die Jugendlichen den Geschäftsleuten eine Stippvisite ab.

Einige Spender besuchen die Jugendlichen jährlich

Einige Menschen besuchen die Sternsinger fast jedes Jahr, beispielsweise Angela und Johannes Skiba aus Kamenz. Zwischen den Liedern „Alle Jahre wieder“, „irischem Segen“ und „Ihr Kinderlein kommet“ erklärt die Gemeindereferentin in der guten Stube des Rentnerehepaares worum es bei der aktuellen Sternsinger-Aktion eigentlich geht: „In diesem Jahr sind wir für Ruanda unterwegs. Wir unterstützen zwei Projekte – eine Gehörlosenschule und ein Krankenhaus.“ Aber auch andere Projekte sollen gefördert werden, beispielsweise die Katastrophenhilfe im Iran.

Nüchtern betrachtet sagt Elisabeth Lukasch über das Sternsingen: „Jede Pfarrei ist verpflichtet zu gehen.“ In der Realität steckt für sie und die Sternsinger jedoch viel mehr dahinter: „Es ist anstrengend, aber auch immer wieder sehr schön.“