Dresden. Dass es zu dieser Kampfabstimmung kommen würde, waberte schon mehrer Tage gerüchteweise durch Dresdner Politikkreise. Doch selbst während des Kreisparteitages der CDU am Sonnabend wussten bis wenige Minuten vor dem Wahlgang zum Wahlkreis 1/Altstadt nur Wenige, ob Hans-Joachim Brauns doch antreten wird. Erst am Montag hatte er öffentlichkeitswirksam erklärt, dass er nicht kandidiert, weil er nicht auf Listenplatz 1 gesetzt wurde. Dafür war der Landtagsabgeordnete Patrick Schreiber vorgesehen. Doch erst nachdem alle Kandidatennamen von der Wahlkreisliste verlesen waren, meldete sich Helfried Reuther zu Wort und schlug Hans-Joachim Brauns für den Spitzenplatz vor. Das hätte man auch eher ankündigen können, kritisierte Tagungsleiter Christian Piwarz. Doch nun war sie unvermeidlich, die Kampfabstimmung zwischen dem 59-jährigen Richter Brauns und dem hauptberuflichen Politiker Schreiber. Im Saal des Hotel Königshofes wurde es kurz still.
Beiden Kontrahenten war die Anspannung anzusehen. Während Brauns mit gerötetem Gesicht im Gang stand und wartete, schaute sich Schreiber immer wieder suchend im Saal um. Dann kam das Ergebnis: Von 178 gültigen Stimmen entfielen 104 auf Brauns, 74 auf Schreiber. Ein Paukenschlag, denn damit hatten die Wenigsten gerechnet. Ob Schreiber bereit sei, auf dem zweiten Listenplatz anzutreten, wollte der Tagungsleiter wissen. „Natürlich“, antwortete dieser.
Im Nachgang dieses Wahlganges gab es zahlreiches Schulterklopfen für beide Kandidaten. Aus Brauns brach es heraus: „Ich hatte keine Ahnung, wie das ausgeht.“ Doch er fühle sich in seiner Position bestätigt, nicht als Nummer zwei angetreten zu sein. „Ich bin ein altes Schlachtross, seit 1999 Stadtrat, aber ich möchte mit Respekt behandelt werden. Das habe ich vermisst“, sagte Brauns in Richtung Kreisvorstand.
Patrick Schreiber wollte seine Enttäuschung gar nicht verbergen. „Dieses Ergebnis war für mich nicht absehbar.“ Es ärgere ihn vor allem deshalb, weil Hans-Joachim Brauns das Problem nicht mit ihm und dem Kreisvorstand ausdiskutiert habe, sondern mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit gegangen sei, in dem er Schreiber persönlich angegriffen habe. „Ich erinnere daran, dass Herr Brauns ja zur letzten Stadtratswahl auch in einem anderen Wahlkreis als seinem eigenen angetreten ist. Und was für ihn legitim ist, muss es auch für mich sein“, sagte Schreiber. „Aber hätte ich das Risiko einer solchen Abstimmung nicht gewollt, wäre ich nicht angetreten“, sagte Schreiber. Es sei klar, dass er auch auf dem Listenplatz zwei kandidiere. Nun erwarte er jedoch eine Entschuldigung von Hans-Joachim Brauns.
Bereits einige Stunden zuvor hatte es eine Kampfabstimmung im Wahlkreis 10 Löbtau/Cotta gegeben. Die an 1 gesetzte Anke Wagner musste sich mit Maik Peschel messen. Die vor allem für ihr Engagement für den Sport bekannte Stadträtin siegte dabei klar mit 125 Stimmen gegen den Verfahrenstechniker. Dieser war vom Ortsverband favorisiert worden, weil man eigene Kandidaten aufbauen wolle, während Wagner vom Kreisverband vorgeschlagen war. „Ich bin ein Teamplayer“, sagte Wagner nach der Wahl in Richtung des Ortsverbandes. Peschel lobte die Abstimmung als absolut demokratische Entscheidungsfindung. „Wir unterstützen Anke Wagner voll“, sagt Peschel. Im Wahlkreis Löbtau/Cotta müssten vor allem Verkehrsprobleme gelöst werden.
Gleich mehrere Stadtratskandidaten führten in ihren Vorstellungsreden aus, dass sie nicht mit der AFD zusammenarbeiten wollen. Kreisvorsitzender Christian Hartmann erklärte in seiner Rede zu den Schwerpunkten, dass die CDU die letzte tatsächliche Volkspartei sei. Diese müsse auch unangenehme Fragen beantworten. Priorität für Dresden habe, dass sie eine sichere Stadt bleiben muss, dafür aber mehr im öffentlichen Raum getan werden müsse. Die Spaltung der Gesellschaft und die damit einhergehende Aggressivität müsse mit Diskussionen aufgebrochen werden. Dabei sei Meinungsfreiheit aber oberstes Gebot. Die interkommunale Zusammenarbeit müsse in allen Themenfeldern erweitert werden, vor allem auch auf dem Gebiet der Mobilität, so Hartmann.
Auch die Dresdner FDP hat ihre Kandidaten für die Stadtratswahl bestimmt. Das sind die Spitzenkandidaten: