Merken

Citybus auf Jungfernfahrt

Montagmorgen war Premiere für Pirnas neue Innenstadtlinie. Reporter und Offizielle waren zahlreich, Fahrgäste eher rar.

Teilen
Folgen
NEU!
© Norbert Millauer

Von Jörg Stock

Pirna. Ein Hoch auf den Busfahrer! Er hat noch gar nicht aufs Gas gedrückt, da hält Egbert Seffner schon ein Fläschchen Sekt in der Hand. Überreicht hat es ihm Gabriele Seiler-Wenzel. „Ich freue mich, dass Sie uns durch Pirna schippern wollen“, sagt sie. Der Anlass wäre für ein Schlückchen gut, denn es ist eine Jungfernfahrt. Mit dem Anstoßen muss Herr Seffner freilich bis Feierabend warten. Und auch Frau Seiler-Wenzel, sein erster Fahrgast, ist noch nicht vollends in Feierlaune. Von außen sieht der Bus ja ganz schön aus, sagt sie. „Aber jetzt muss ich ihn noch testen.“

Hat Lust auf Altstadttrubel: Egbert Seffner (62) am Steuer des Minibusses.
Hat Lust auf Altstadttrubel: Egbert Seffner (62) am Steuer des Minibusses. © Norbert Millauer
© Grafik: SZ

Es ist Montag halb neun, als der Citybus, Pirnas neue Innenstadtlinie, am Busbahnhof in die Spur geht. Viele Jahre schon hat Pirnas Stadtführung den Plan dafür in der Schublade gehabt. Doch, so erklärt Rathaussprecher Thomas Gockel, fehlte Geld im Haushalt für die Betriebskosten. Hochwasserbaustellen verzögerten den Start außerdem. Man habe nicht andauernd die Route ändern wollen. Jetzt steht die Kofinanzierung. Bis zu 180 000 Euro wird die Stadt der Oberelbischen Verkehrsgesellschaft OVPS in den nächsten beiden Jahren für den Citybus zuschießen. Steffen Möhrs, als Stadtentwicklungschef im Rathaus mit an Bord, hofft, dass der Bus nach Fristende ein Selbstläufer wird, der ohne Finanzspritze auskommt. „Das ist der Idealfall“, sagt er.

Das Interesse an der ersten Fahrt ist immens. Seitens der Reporter jedenfalls. Sogar das Fernsehen ist da. Gabriele Seiler-Wenzel nimmt als einziger regulärer Fahrgast auf den grün geblümten Sitzen des Mercedes Sprinter Platz. Die 63-jährige Pirnaerin leitet eine Selbsthilfegruppe von Tumorpatientinnen in der Stadt. Sie will sich das neue Verkehrsmittel vor allem mit den Augen behinderter und älterer Menschen ansehen, sagt sie.

Der Bus, etwa sieben Meter lang, ist geräumig und beinahe neu. Voriges Jahr von der OVPS angeschafft, hat er bislang auf kleineren Schulbuslinien gedient. Er bietet 15 Sitzplätze und einen Rollstuhlplatz mit ausklappbarer Rampe. Außen gibt er sich nüchtern. Abgesehen von der Leuchtschrift weist nichts auf den Citybus hin. Aber das wird noch, sagt Solveig Großer vom OVPS-Marketing. In den nächsten Wochen soll das Fahrzeug auffällig beklebt werden, die Motive seien gerade in der Abstimmung. Auch Handzettel mit Reklame und Fahrplan soll es geben.

Die Jungfernfahrt beginnt. Vom Busbahnhof geht es nach links auf die Altstädter Brückenrampe und von da rechts ab, runter zur Elbe. „Nächste Haltestelle: Fährstelle“. Der Stopp ist gut gewählt. Er stellt via Fähre den Anschluss nach Copitz her. Auch der folgende Halt an der Langen Straße hat Sinn. Hier können Leute vom „Atrium“, dem betreuten Wohnkomplex des Arbeiter-Samariter-Bundes, zusteigen und Autofahrer, die ihren Wagen im Parkhaus am Steinplatz abgestellt haben.

Dass der Citybus die Altstadt von Autos entlastet, ist die große Hoffnung. Pirnas Mitte wird geplagt vom Parkplatzsuchverkehr, den Stadtsprecher Gockel „gigantisch“ nennt. Viele Fahrer tuckern durchs Zentrum in der Hoffnung, irgendwo eine Lücke zu finden, sagt er. „Denen wollen wir eine Alternative bieten.“ Durch die Lange Straße zum Markt. Wie immer ist die Fahrbahn dicht mit Autos gesäumt. Egbert Seffner muss zirkeln, um mit dem Bus vorbeizubekommen. Jahrelang hat er große Busse übers Land gelenkt. Dass er nun täglich durch die engen Straßen manövrieren wird und wohl manchen Querparker zur Seite bitten muss, macht ihm keine Sorge. Mit Ruhe und guter Kommunikation lässt sich alles klären, findet er. Langweilig wird ihm das Kreiseln durch die City auch nicht werden. Man sieht doch jeden Tag neue Leute, sagt er. „In der Stadt ist immer was los.“

Es ist was los, aber an den provisorischen Citybushalteschildern steht diesen Morgen niemand. Erst an der Burgstraße steigt Petra Kienitz zu. Die 58-Jährige will einfach mal schauen, wie das läuft mit dem Citybus, hat sich aber schon ein Urteil gebildet. „Ich finde das ideal“, sagt sie, „für Arztbesuche und andere Wege.“ Weil sie eine Monatskarte hat, muss sie nichts extra zahlen, kann so oft und so lange im Bus sitzen, wie sie will. Andernfalls kostet die einfache Fahrt 2,30 Euro pro Stunde, genau so viel wie in einem normalen Bus. Eigentlich war ein Sonderpreis für den Citybus geplant – 1,50 Euro für den ganzen Tag. Doch das, so heißt es von der OVPS, habe die Verkehrsbehörde nicht mitgetragen. Stadtsprecher Gockel sagt, die Verhandlungen würden fortgesetzt, um den billigeren Tarif doch noch zu erreichen.

Fünf Haltestellen später ist der Bus wieder am Bahnhof. Gabriele Seiler-Wenzel ist zufrieden. Sie findet die Verbindung gut, wird Mundpropaganda machen. „Das wird sich herumsprechen“, sagt sie. Kritiker finden, die Linie sollte wenigstens einen größeren Einkaufsmarkt direkt ansteuern. Auch das Parkhaus an der Königsteiner Straße ist nicht angebunden. Laut Steffen Möhrs von der Stadtentwicklung ist die jetzige Fahrstrecke nicht in Stein gemeißelt. Während der zweijährigen Probephase würden Fahrgastzählungen und -befragungen genutzt, um die Strecke zu überprüfen.

Citybus Pirna: Alle 30 Minuten Mo-Fr 8.30-18.30 Uhr, Sa. 8.30-14.30 Uhr. Die Einzelfahrt kostet 2,30 Euro. Auch Kurzstrecke ist möglich, die 4er-Karte zu 5,50 Euro.