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Container als Eigenheim

Eine Coswiger Firma hat sich auf besondere Behausungen spezialisiert. Bauarbeiter, Kinder und Soldaten arbeiten, spielen wohnen so. Bald aber auch Familien.

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© Norbert Millauer

Peggy Zill

Coswig. Von außen ist es ein Blickfang. Auch wenn für manchen das knallige Rot gewöhnungsbedürftig sein mag. Im Inneren ist es mit Laminatfußboden, Strukturtapete, komplett eingerichtetem Bad und kleiner Einbauküche wohnlicher als gedacht. Wie ein Containerhaus sieht das nicht aus.

Drin im Eigenheim: Geschäftsführer Karlheinz Frosch in einem Containersystem für Wohnzwecke, das auf dem ProContain-Gelände in Neusörnewitz steht: Hinter ihm geht’s ins Bad, um die Ecke ist die Einbauküche.
Drin im Eigenheim: Geschäftsführer Karlheinz Frosch in einem Containersystem für Wohnzwecke, das auf dem ProContain-Gelände in Neusörnewitz steht: Hinter ihm geht’s ins Bad, um die Ecke ist die Einbauküche. © Norbert Millauer
In der Fertigung wird der Fußboden eines Containers isoliert.
In der Fertigung wird der Fußboden eines Containers isoliert. © Norbert Millauer

Ist es auch nicht, wie Karlheinz Frosch betont. Er bevorzugt die Bezeichnung Raumsysteme. Denn mit Containern verbinden die meisten entweder Schrott- oder Seecontainer. Was ProContain in seinem Werk in Neusörnewitz herstellt, hat damit nichts zu tun. Doch auch dem Chef rutscht es immer mal wieder raus. Aus sechs Containern bestehe das Haus, das seit Kurzem auf dem Firmengelände präsentiert wird und dem Unternehmen ein neues Geschäftsfeld eröffnen soll. Denn Bauarbeiter, Kindergartenkinder und Bundeswehrsoldaten arbeiten, spielen und wohnen schon lange in Containern. „Doch wenn es ums Hausbauen geht, denken die meisten noch an Massivbau“, so Karlheinz Frosch. Dabei stünden die Containersysteme den Steinbauten in fast nichts mehr nach, sind gut isoliert und langlebig. „Der Innenzuschnitt ist frei wählbar, die gesamte Raumeinheit beliebig erweiterbar. Man könnte sie auch um weitere Etagen erweitern, von außen verkleiden, ein Dach aufsetzen oder Oberlichter einbauen. Und wenn man umzieht, kann man alles mitnehmen.“ Der Vorteil: Die Kosten sind kalkulierbar, Termine können eingehalten werden, weil die Containersysteme witterungsunabhängig im Werk gefertigt werden.

Vom Wohncontainer gibt es bisher nur den Prototypen. Sollte in Serie produziert werden, würde das Partnerunternehmen Fagsi den Vertrieb übernehmen. „Im Moment prüfen wir den Markt“, sagt Frosch. Er ist überzeugt, dass sich die Raumsysteme auch im Wohnungsbau bald etablieren.

Bis es so weit ist, haben die 130 Mitarbeiter auch mit der Fertigung von Sanitär-, Kita- oder Bürocontainern genug zu tun. Im vergangenen Jahr verließen knapp über 2 000 die Produktion, in diesem Jahr sind es 2 500. Dass durch den Zustrom der Flüchtlinge und der damit nötigen Unterkünfte die Zahl der Aufträge gestiegen ist, kann Frosch bestätigen. Da die Raumeinheiten an Händler gehen, wisse ProContain aber nicht immer, wofür sie konkret eingesetzt werden. „Aber 2015 war ein Rekordjahr“, so Frosch.

Die Container sind zwischen sechs und 14,5 Meter lang und werden in ganz unterschiedlichen Bereichen eingesetzt. Es gibt sie einzeln oder ganze Gebäude aus gestapelten Containern. Sanitärcontainer kommen komplett mit Toilette und Dusche, Bürocontainer mit Miniküche und Möbeln. „Alles, wie es der Kunde wünscht“, so Karlheinz Frosch. Und auch die Bundeswehr kauft in Neusörnewitz für ihre Feldlager ein. „Im Moment sind wir mit der Aufbereitung von Bestandscontainern, die aus Einsatzgebieten zurückkommen, beschäftigt“, sagt der Chef.

Die Auftragsentwicklung führt auch dazu, dass es in den Büros an der Köhlerstraße – natürlich auch ein Containersystem – eng geworden ist. Im kommenden Jahr soll angebaut werden. „Wir sind von dem Standort überzeugt und investieren in den Ausbau“, sagt Frosch, der seit knapp elf Jahren Geschäftsführer in Neusörnewitz ist. Seit 1991 werden mobile Räume in dem Werk hergestellt. Damals hatte Firmengründer Albert Holschbach, der noch heute Seniorchef ist, das ehemalige Metallleichtbaukombinat Coswig mit einem Gelände von 100 000 Quadratmetern übernommen. Auch die Mitarbeiter durften bleiben.

Teile der bestehenden Gebäude wurden umgebaut und zwei Fertigungsstraßen eingerichtet. Mit 66 Mitarbeitern begann die Produktion unter dem Namen Alho Systembau Sörnewitz GmbH. Schritt für Schritt entwickelte man das Konstruktionsprinzip weiter und benannte den Containerhersteller 2004 in die heutige ProContain GmbH um. Seit 20 Jahren gehört auch das Partnerunternehmen Fagsi zum Standort, das sich um den Vertrieb und die Vermietung kümmert. Produktion und Verwaltung bieten heute über 160 Arbeitsplätze.

Mit den Mitarbeitern wurde vor Kurzem das 25. Firmenjubiläum gefeiert. Ihnen ist es laut Frosch maßgeblich zu verdanken, dass der Containerbau vorangebracht wurde. Und dass sie sich wohlfühlen, beweise die niedrige Fluktuationsrate. „Bei uns feiern regelmäßig Mitarbeiter ihr rundes Jubiläum von zehn oder 20 Jahren Betriebszugehörigkeit.“