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Cottbus geht gegen Chaoten vor

Das Ost-Duell muss zweimal unterbrochen werden, weil aus dem Energie-Block Böller und Bengalos fliegen. Beide Trainer verurteilen die Vorfälle scharf. Und Energies Präsident kündigt Konsequenzen an.

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© Robert Michael

Sven Geisler

Randalierende Fans haben am Wochenende in Deutschland zwei bedeutende Fußballspiele überschattet. Sowohl beim Erstliga-Revierderby als auch beim Ostduell der zweiten Liga zischten Feuerwerkskörper bedrohlich durch das Stadion. Die Chaoten verbreiteten mit massivem Pyrotechnik-Einsatz Schrecken. Und sie entfachten eine neue Sicherheitsdiskussion.

Das Ruhrpottderby zwischen Schalke und Dortmund wurde nach Ausschreitungen im Gästeblock mit Verspätung angepfiffen. In Dresden drohte ein Spielabbruch. Schiedsrichter Felix Brych aus München musste die Partie bereits in der 65. Minute unterbrechen, weil aus dem Cottbuser Block Böller und bengalische Feuer aufs Spielfeld geworfen wurden. Energie-Kapitän Uwe Möhrle und Verteidiger Alexander Bittroff versuchten, beschwichtigend auf die Zündler einzureden. Doch nach dem 1:0 für Dynamo durch Mickael Poté krachte und loderte es erneut auf den Stehplätzen für Gäste-Fans. Diesmal schickte Brych die Mannschaften in die Kabine. Auf dem Rasen war ein großer Brandfleck zu sehen.

„Er hat seine Arbeit sehr gut gemacht“, lobte der Cottbuser Trainer Rudi Bommer den Schiedsrichter, der gut eine Woche nach dem Phantom-Tor wieder eine schwierige Entscheidung zu treffen hatte. „Er hat die Situation sehr gut beruhigt, indem er diese Auszeit gegeben hat.“ Brych forderte Möhrle auf, deeskalierend zu den Fans zu sprechen. Erst nach einer rund zehnminütigen Pause konnte das Spiel weitergehen, der Unparteiische ließ die Stadionuhr zurückdrehen.

Trotz der Freude über den Heimsieg ärgerte sich auch Dynamo-Coach Olaf Janßen über die Zwischenfälle. „Ich finde das zum Kotzen“, erklärte der 47-Jährige drastisch. „Ich wehre mich dagegen, dass solche Vollchaoten Anhänger eines Vereins sein sollen, egal, in welcher Kurve sie stehen oder welches Trikot sie tragen.“ Das seien vielmehr Menschen, die den Fußball als Plattform benutzen, um aufzufallen. „Für mich gehören diese Leute brutalst bestraft“, meinte Janßen. „Ihnen sollte nicht nur einen Monat oder ein Jahr der Weg zum Stadion verwehrt werden, sondern sie müssen lebenslang draußen bleiben.“

Energie-Präsident Ulrich Lepsch kündigte ein konsequentes Vorgehen an. „Das ist katastrophal, für das Image des Vereins extrem schädlich. Wir distanzieren uns entschieden davon“, erklärte er auf Nachfrage der SZ. Drei Täter seien bereits identifiziert worden. „Wir werden alles Mögliche tun, um in Zusammenarbeit mit der Polizei und Dynamo weitere Namen und Adressen herauszubekommen, um Stadionverbote auszusprechen. Das hat mit Fußball nichts zu tun, sondern ist gefährlich und verantwortungslos. Dagegen muss man rigoros vorgehen.“ Lepsch wies jedoch auch darauf hin, dass die Vereine an Grenzen stoßen. „Das Wochenende hat erneut gezeigt, dass wir trotz verschärfter Kontrollen nicht in der Lage sind, alles zu finden, was ins Stadion geschmuggelt wird.“

Am Freitag hatte der Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) beschlossen, dass die Sportgerichtsbarkeit verstärkt täterorientiert urteilen soll, das heißt: Die Mithilfe der Vereine und ihrer Fans, die Vorfälle aufzuklären und die Randalierer, Schläger und Zündler zu überführen, soll sich „stärker als bisher strafmildernd auswirken“, erklärte der für Rechtsfragen zuständige DFB-Vizepräsident Rainer Koch. Dadurch werde „verhindert oder zumindest erschwert, dass sich die schuldigen Täter in der Masse rechtstreuer Fans verstecken können“. (mit sid)