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Das Franziskaneum macht sich schlau

Besonders leistungsstarke Kinder werden dank eines Bundesprogramms besser gefördert – unter anderem mit einer Drehtür.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Meißen. Maria Böttcher gehört zu den Drehtürkindern. Sprachen sind ihr Faible. Vor zwei Jahren, in der siebenten Klasse, wurde es ihr mit zwei Fremdsprachen langweilig. Die Lehrer am Städtischen Meißner Gymnasium Franziskaneum bemerkten das und öffneten ihr eine Drehtür. Maria durfte mit den Achtklässlern zusätzlich Spanisch lernen. Der Stundenplan wurde so koordiniert, dass alles funktionierte. Ab Mai wollen Lehrer und Maria gemeinsam überlegen, ob und wie die Drehtür-Aktion bis zum Abitur weitergeführt werden soll.

Der Sprung um eine Klassenstufe gehört zu rund einem halben Dutzend von Projekten, mit denen es die Schule jetzt als eine von zehn sächsischen Gymnasien in das Bund-Länder-Programm „Leistung macht Schule“ geschafft hat. Ziel des Vorhabens ist es, besonders leistungsstarke Kinder frühzeitig zu erkennen und zu fördern. Deutschland möchte damit ein Defizit beheben. Internationale Vergleichsstudien wie Pisa zeigen, dass in der Bundesrepublik eher wenige Kinder und Jugendliche Spitzenergebnisse erzielen. 125 Millionen Euro fließen über zehn Jahre, um das zu ändern, heißt es in einer Presseinformation des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

Tim Zönnchen ist einer der Franziskaner, der einen der Bausteine der Begabtenförderung bereits kennen- und schätzenlernen durfte. Der Siebtklässler besuchte eines der dreitägigen Begabtencamps, welche das Meißner Gymnasium alljährlich zusammen mit dem Gymnasium Dresden-Plauen und dem Humboldt-Gymnasium Radeberg in der Landeshauptstadt organisiert. Vor ihm liegt ein A 3-großer Ablaufplan. Das Studieren der Nebelkammer des Helmholtz-Zentrums Rossendorf wird dort aufgeführt. Diese zeigt Spuren elektrisch geladener Teilchen und gibt Auskunft über deren Art und Entstehung. Eher historisch-mathematisch orientiert ist ein Termin in den Staatlichen Kunstsammlungen. Dabei geht es um geheime Botschaften und einen Geheimschriftzirkel aus dem 17. Jahrhundert.

Über zwei volle Seiten ziehen sich die Mitmach-Angebote aus den verschiedensten Wisssensbereichen. Tim hat beim Begabtencamp vor allem die Robotertechnik interessiert. Informatik ist sein Steckenpferd. „Ich fand es toll, andere Leute zu treffen, die das Thema genauso spannend finden, wie ich“, sagt der Siebtklässler.

Zugehört hat ihm die Leiterin des Franziskaneums Heike Zimmer. Sie kennt die Vorgeschichte zur Aufnahme der Schule in das Bundesprogramm. Angefangen habe alles mit der Evaluation des Gymnasiums 2009. Als eines der Ergebnisse kam heraus, dass leistungsschwächeren Schülern am Franziskaneum sehr gut geholfen werde. Wer schneller vorwärtskommen und tiefer eindringen wolle, stoße dagegen an Grenzen. In der Konsequenz sei schrittweise ein Konzept mit verschiedenen Bausteinen entwickelt worden, so Heike Zimmer. Neben Drehtür und Begabtencamp zählen hierzu die Möglichkeit eines Frühstudiums für angehende Abiturienten an der Hochschule, eine breite Wettbewerbskultur und die sogenannte Blue Card. Wer sie besitzt, wird mit seinen Mitstreitern für eine Doppelstunde pro Woche vom regulären Unterricht freigestellt, um sich im Team konzentriert auf einen Wettbewerbsbeitrag vorzubereiten.

Neben den Effekten für die Kinder und Jugendlichen kommen mit „Leistung macht Schule“ Vorteile für Lehrer hinzu. Für sie gibt es ein zusätzliches Stundenkontingent sowie Fortbildungs- und Austauschmöglichkeiten. Heike Zimmer zufolge wird ein Kollege vertieft in Diagnostik geschult, um herauszufinden, wie sich ein Schüler am passendsten fördern lässt. Wissenschaftlich begleitet wird das Vorhaben durch die Universität Münster. Die am Franziskaneum gewonnenen Erkenntnisse sollen kein Geheimwissen bleiben. Das äußert sich bereits im Titel „Konsultationsschule“ für das Gymnasium. Ziel sei es, die eigenen Erfahrungen an Grund- und Oberschulen sowie andere Einrichtungen weiterzugeben und die Übergänge für Schüler optimaler zu gestalten, so Heike Zimmer.