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Das perfekte Großenhainer Fußball-Lexikon

Dieter Kührt hütet seine umfangreichen Archive wie seinen Augapfel. Heute wird der Fußballchronist 80 Jahre alt.

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© Matthias Kost

Von Thomas Riemer

Großenhain. Steffen Kührt ist schon so etwas wie ein Großenhainer Original. Mit sieben Jahren, also 1963, hat er angefangen, in Großenhain Fußball zu spielen. Fortschritt und Turbine, später natürlich der Großenhainer Fußballverein 1990, waren die wichtigsten Stationen. Und: Steffen Kührt ist das älteste Gründungsmitglied des Großenhainer FV. Dass auch seine Söhne Christopher und Cornelius eine Fußballkarriere in der Röderstadt begannen, wundert daher natürlich nicht.

Wie viele Tore Vater und Söhne für die „Erste“ erzielt haben, dürften sie auf Anhieb nicht wissen. Warum auch. Das „perfekte Fußball-Lexikon“ haben sie in der eigenen Familie. Steffens Vater Dieter Kührt ist seit vielen Jahren der Chronist des Großenhainer Fußballs schlechthin. Heute wird das Urgestein 80 Jahre alt. Zum vormittäglichen Brunch werden allerdings nicht nur Weggefährten rund ums runde Leder erwartet. Auch Briefmarken- und Skatfreunde von Dieter Kührt werden dem Jubilar ihre Glückwünsche überbringen. Dass es auch dazu umfangreiche Aufzeichnungen gibt, ist aus Sicht von Dieter Kührt selbstverständlich.

„Fußball war immer die Nummer eins in unserer Familie“, erzählt Sohn Steffen. Zwar habe sein Vater niemals selbst aktiv gespielt oder als Schiedsrichter agiert. Aber dafür penibel Buch geführt. „Montags ruft er meist die Übungsleiter der GFV-Mannschaften an und holt sich alle Informationen – also Aufstellungen, Torschützen etc.“, sagt Steffen. Zwei bis drei Stunden verbringe Dieter Kührt täglich mit der Arbeit an der Chronik. Die hütet er wie seinen Augapfel. „Er gibt da nichts raus“, weiß auch Steffen. Zum Tag der Sachsen 2014 in Großenhain beispielsweise habe es eine Anfrage zu einer Ausstellung mit Chronik-Inhalten Kührts gegeben. „Wird das auch alles bewacht?“ hat Vater Kührt da gefragt. Weil dafür niemand garantieren konnte, kam die Präsentation letztlich nicht zustande.

Anfang der 1950er Jahre ist Dieter Kührt von Zella-Mehlis nach Großenhain gekommen, lernte hier seine Frau kennen, heiratete 1957. Er gehörte zur damaligen kasernierten Volkspolizei, dem Vorläufer der NVA, arbeitete später in der Dresdner Flugzeugwerft. „Auch darüber gibt es natürlich eine Chronik“, sagt Sohn Steffen und muss schmunzeln.

Auf den Fußballplätzen der Region ist Dieter Kührt natürlich im Laufe der Jahre fast so etwas wie Stammgast gewesen. Steffen Kührt erinnert sich, dass sein Vater bei einem Spiel des GFV in Kreinitz mal völlig aufgelöst aufs Feld lief, weil er mit einer Schiedsrichterentscheidung nicht zufrieden war. Irgendwo wurde danach geschrieben, dass „ein 83-jähriger Fan aus Großenhain“ für eine Spielunterbrechung sorgte. Steffen Kührt muss wieder lachen. „Da war er höchstens 75“, erinnert er sich.

Bei den Heimspielen der GFV. 1 gehört Dieter Kührt noch immer zum Stammpublikum. Zu Auswärtsbegegnungen fährt er mit, wenn sich eine günstige Mitfahrgelegenheit ergibt. Und wenn es nicht klappt, dann greift Dieter Kührt eben danach wieder zum Telefonhörer, um akribisch alle Details für die Chronik festzuhalten. Um deren Zukunft muss er sich keine Sorgen machen. „Ich werde die Chronik später mal weiterführen, das ist schon verabredet“, bestätigt Sohn Steffen. Dann wird ein Kapitel mit Sicherheit nicht fehlen: die Feier zum 80. Geburtstag von Urgestein Dieter Kührt am 29. Juli 2016.