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Das Scheitern der Christa Müller

Die 57-Jährige verlor gestern ihr Amt als Fraktionsvorsitzende der CDU. Ausgerechnet ihr langjähriger Wegbegleiter Georg Böhme-Korn stieß Müller vom Thron.

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Christa Müller ist am Ende. Nur 10 der 23 CDU-Stadträte wollten sie weiter als Fraktionschefin mittragen. Zwölf Stimmen sicherte sich in einer hoch emotionsgeladenen Kampfkandidatur ihr Herausforderer: Neuer Fraktionschef ist ausgerechnet Müllers langjähriger Weggefährte Georg Böhme-Korn. Ein Stadtrat enthielt sich. Der 60-Jährige will nun die völlig zerrüttete Fraktion einen. Böhme-Korn war es, der hochoffiziell vor zwei Wochen erklärte: „Ich trete an. Der personelle Wechsel an der Fraktionsspitze ist unumgänglich.“

Diese Ansage war für Christa Müller der Anfang vom Ende. Diesem Schritt waren eine systematische Demontage durch ihre Fraktion vorausgegangen, an der sie sich selbst durch Fehler und Pannen beteiligte. Alles fing im Februar an. Die Chefin eines Recycling-Unternehmens stand plötzlich als Lügnerin da, weil sie heimlich die Abwahl des ungeliebten Parteifreunds, Baubürgermeister Jörn Marx , für Oberbürgermeisterin Orosz zu organisieren versucht hat. Mit dem Bekanntwerden löste sich eine Lawine aufgestauter Frustration, die Müller nun endgültig überrollte.

Müller wurde für einen selbstherrlichen und Orosz-treuen Führungsstil gescholten. Die Fraktion wollte nicht aus der Zeitung erfahren, was sie zu denken habe. Die CDU zerfiel intern in zwei Lager. Diese konnte auch der von Alt-Landesvater Georg Milbradt vermittelte Burgfrieden nicht wieder zusammenführen.

Stattdessen ein neuer Paukenschlag: „Ich stehe nicht mehr als Spielball für Pöstchengeschacher und Steigbügelhalter des Verwaltungssozialismus zur Verfügung“ – mit diesem Satz in einer E-Mail an die Fraktion erklärte CDU-Stadtrat Joachim Stübner Mitte April seinen Austritt aus der Fraktion. Eine Woche dauerte es, bis er eingefangen war. Seitdem wurde Müllers politisches Ende als Fraktionschefin offen gefordert. Nachfolger wurden öffentlich platziert oder platzierten sich selbst. Als das Störfeuer gegen Müller abzuebben schien, löste ihr ärgster Widersacher, Fraktionsvize Lars Kluger, mit öffentlich gewordenen Postenabsprachen einen neuen Eklat aus. Müller soll mit FDP-Chef Holger Zastrow gekungelt und die Besetzung zweier Posten heimlich ausgehandelt haben. Daraufhin erklärte sogar Ministerpräsident Stanislaw Tillich die Dresdner Fraktion zum Problemfall für die ganze sächsische CDU.

Aber damit nicht genug. Die Grünen erstatteten wegen dieser Mauscheleien sogar Anzeige. Die Staatsanwaltschaft nahm sich des Falls an. Während der tagelang andauernden Prüfung der Vorwürfe empfahlen sogar engste Vertraute Christa Müller, im Juni nicht mehr anzutreten. Ihre parteiinternen Gegner nutzten die Stimmung und wollten ihr mit einem neuen Vorwurf den politischen Dolchstoß verpassen. Sie soll den Kulturausschuss zugunsten einer besser dotierten Aufsichtsratssitzung der Sparkasse versäumt haben. In einer Fraktionssitzung flogen Stühle, es flossen Tränen und Schreie erschreckten sogar räumlich benachbarte Fraktionen.

Müller wehrte sich gegen all die Vorwürfe. Doch vergebens. Sie schaffte es nicht, sich davon überzeugend zu befreien. Moralische wie menschliche Verfehlungen blieben hängen, auch wenn der Kampf ihrer politischen Gegner einer Intrige glich.

Zu früh verkündete sie ihre Kandidatur, konnte für sich selbst nicht mehr zurückziehen. Sie warb in etlichen Einzelgesprächen um jede Stimme. Schickte mit Patrick Schreiber und Anke Wagner junge Gesichter für die Posten des Fraktionsvize und des Sprechers ins Rennen. Doch sie verlor knapp. Aus der Partei war gestern vor allem eines zu vernehmen. Erleichterung.