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Das weiße Gold der Halloren

Die Hallischen Salzsieder haben Waldheim ihre Aufwartung gemacht. Kommen sie jetzt öfter?

Von Jens Hoyer
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Die Hallischen Salzsieder Detlef Hey (l.) und Manfred Lehnert zeigen den Gästen, wie das Salz aus der Siedepfanne in den Salzkorb kommt. Gunter Zetzsche (r.) vom Heimatverein hilft dabei. Hartmut Machts, Präsident des Vereins Alte Salzstraße Halle-Prag ha
Die Hallischen Salzsieder Detlef Hey (l.) und Manfred Lehnert zeigen den Gästen, wie das Salz aus der Siedepfanne in den Salzkorb kommt. Gunter Zetzsche (r.) vom Heimatverein hilft dabei. Hartmut Machts, Präsident des Vereins Alte Salzstraße Halle-Prag ha © Foto: Thomas Kube

Bei Halloren denken die Waldheimer bisher wahrscheinlich eher an süße Pralinen – aber das könnte sich in den nächsten Jahren ändern. Die Salzsieder aus Halle – oder besser diejenigen, die diese Tradition aufrechterhalten – haben der Stadt ihre Aufwartung gemacht.

Im Hof des Museumshauses am Niedermarkt ist am Sonnabend beim Stadtfest sicher einer der wärmsten Orte. Und das nicht ohne Grund. Dort steht die Salzpfanne, in der auf einem Bett aus glühender Holzkohle die Sole leise vor sich hin köchelt. Detlef Hey im weißen Kittel schöpft mit einer gelöcherten Schaufel die Salzkristalle ab, die sich auf der Oberfläche bilden. Sie setzen sich auch in einer Schicht am Boden der Pfanne und wandern Schippe für Schippe in einen spitzen Salzkorb, der über der Pfanne in einer Halterung schwebt. So wurde über Jahrhunderte Salz in Halle gewonnen – und wird es in der Schausaline bis heute. „Ich war 30 Jahre lang Siedemeister“, sagt Hey.

Er und die anderen Salzsieder gehören zum Verein Alte Salzstraße Halle-Prag, der Mitglieder in Deutschland und Tschechien hat. Jahrhundertelang fuhren die Salzfuhrleute mit ihren Wagen auch durch Waldheim. „Der Waldheimer Heimatverein ist Mitglied. Wir hatten schon überlegt, ob wie wieder austreten, dann haben wir und das in Halle mal angeschaut“, sagte Albrecht Hänel, Chef des Waldheimer Heimatvereins, der die Sieder nach Waldheim eingeladen hatte. „Wir möchten die Halloren gern zum Heimatfest 2023 nach Waldheim holen. Sie sollen den Festumzug anführen“, sagte Hänel. Auch die Stadtfeste könnten die Sieder bereichern. Auch Barbara Hengst, Chefin des Museums, ist vom Schausieden begeistert. „Wir können das auch einmal am Museumstag oder dem Tag des offenen Denkmals zeigen“, sagte sie.

Hinter dem Salzsieden steht die lange Tradition der Halloren, die seit 1491 ununterbrochen in der Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle organisiert sind. Die Regeln gelten bis heute – auch bei der Kleiderordnung. Die Halloren machen optisch was her. Hartmut Machts, Präsident des Vereins, und sein Vize Bernd Bieler haben die Festkleidung der Bruderschaft angelegt. Dreispitz auf dem Kopf, eine lange blaue Jacke und eine prachtvolle Weste mit runden silbernen Knöpfen. 18 an der Zahl – und jeder hat eine Bedeutung, erklärt Machts. Ihre Form und Größe erklärt dann auch, wie die Schoko-Hallorenkugeln zu ihrem Namen gekommen sind.

Etwa 19 000 Tonnen Salz pro Jahr haben die Hallischen Sieder Mitte des 16. Jahrhunderts gewonnen – das wollte verteilt sein. Auf zwölf Routen wurde das Salz früher in alle Himmelsrichtungen gebracht. Bis nach Danzig – und nach Prag. Ein ganzes Bündel Wege, die alle den Namen Salzstraße trugen, führten übers Erzgebirge nach Böhmen. Waldheim liegt an einer Salzstraße, die von Leipzig über Dürrweitschen, Leisnig, Oederan und Sayda ins heutige Tschechien führte. In Waldheim überquerte die Salzstraße die Zschopau über eine Brücke. Die Fuhrleute mussten Brückenzoll bezahlen. Nicht pro Ladung, sondern pro Pferd, erklärte Bernd Bieler, der einen Vortrag über die Salzgewinnung und den Salztransport hielt. Pro Jahr seien damals vier bis sechs Salzzüge mit zehn bis 15 Wagen über die Straße gekommen, jeder beladen mit 40 „Stück Salz“. Ein Maß hallisch Salz hatte etwa 26 Kilo. Zurück brachten die Fuhrleute unter anderen Holzkohle. Denn die Salzsiederei war eine energieaufwendige Angelegenheit.

Die Tanzperlen des Zschopautals, hier die Gruppe Blickfang mit dem Vogelscheuchentanz, zeigten auf der Bühne auf dem Oberwerder ihr Repertoire. 
Die Tanzperlen des Zschopautals, hier die Gruppe Blickfang mit dem Vogelscheuchentanz, zeigten auf der Bühne auf dem Oberwerder ihr Repertoire.  © Foto: Jens Hoyer

Das Salzsieden auf dem Museumshof ist beim Waldheimer Stadtfest eine Randerscheinung geblieben – es ist noch nicht einmal auf dem Werbeflyer erwähnt. Die Gäste vergnügten sich eher auf dem Obermarkt und dem Oberwerder mit seinem Rummel. Dort standen zwei Bühnen, auf denen Bands die verschiedenen Musikgeschmäcker der Gäste bedienten. Auch die Lokalmatodoren, die Tanzgruppen der Perlen des Zschopautals kamen zum Zuge. Am Sonnabendnachmittag und am Abend zeigten insgesamt sieben Gruppen Auszüge aus ihrem Repertoire. „Wir mussten die Choreografie etwas anpassen, weil viele wegen der Ferien nicht da sind“, sagte Susanne Möller, Schatzmeisterin der Tanzperlen.

Viele Gäste schlenderten ganz in Familie über den Rummel auf dem Oberwerder, auf dem die Schausteller allerlei Attraktionen anboten. 
Viele Gäste schlenderten ganz in Familie über den Rummel auf dem Oberwerder, auf dem die Schausteller allerlei Attraktionen anboten.  © Foto: Thomas Kube