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Dem Kapitän fehlt ein großes Netzwerk

Alfons Hörmann ist der neue starke Mann im deutschen Sport. Er muss sich nun auch an den eigenen Ansagen messen lassen.

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© dpa

Von Jörg Mebus

Vom kleinen Verkäufer zum Vorstandsboss, vom Hobby-Skifahrer zum Top-Funktionär: Alfons Hörmann weiß, wie man Karriere macht. Nicht von ungefähr steht er seit Sonnabend an der Spitze des deutschen Sports. Der zweite Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Nachfolger von Thomas Bach, ist Macher und Machtmensch, verfügt aber (noch) über ein überschaubares Netzwerk in der großen Sportpolitik. In dieser Gemengelage muss er sich an einstigen eigenen mutigen Ansagen messen lassen.

„Wenn es im deutschen Sport an einem fehlt“, hatte er 2005 im Zuge seiner Wahl zum Präsidenten des Deutschen Skiverbandes (DSV) gesagt, „dann an Leuten mit Stallgeruch, die gleichzeitig professionell und unternehmerisch handeln.“ Dass er zu großen Würfen in der Lage ist, deutet sein beeindruckender Lebenslauf an.

Der Allgäuer arbeitete sich in seiner Heimat in mehreren Firmen klassisch hoch. Mittlerweile führt er die Geschäfte der zufällig namensgleichen Hörmann-Gruppe mit rund 3 500 Mitarbeitern aus 25 Einzelunternehmen und nahezu einer halben Milliarde Euro Jahresumsatz.

Diesen Job wird er auch als ehrenamtlicher DOSB-Präsident behalten – wenn er darf. Das Kartellamtsverfahren gegen ihn wegen angeblicher Preisabsprachen, an denen er als Vorstandsvorsitzender des Tonziegelherstellers Creaton (bis 2010) beteiligt gewesen sein soll, läuft noch. Was ein möglicher Schuldspruch und eine im Raum stehende Bußgeldzahlung von 150 000 Euro noch so alles nach sich ziehen würden, ist nicht absehbar.

Ob als AG-Vorstand und Aufsichtsratsmitglied in weiteren Unternehmen, ob als CSU-Mitglied im Kreistag Oberallgäu, als Ehemann und Vater von drei erwachsenen Söhnen, als Vorsitzender seiner eigenen, gemeinnützigen Stiftung – Hörmann hat mehr als gut zu tun. „Laute und offensive Forderungen sind weniger hilfreich als offene Gespräche in einem partnerschaftlichen Geist“, lautet seine Maxime.

Sein Amt als Präsident des Deutschen Skiverbandes und einige weitere Posten im Alpin-Bereich gibt er ab. Ein grober Blick auf den Terminkalender 2014 in der vergangenen Woche hat ihn schon positiv gestimmt, dass er alle wichtigen Sporttermine erfüllen kann. Dennoch stellt sich die Frage, ob er den Kopf frei hat für den ganz großen Sport – zumal er nicht mal ansatzweise das Hintergrundwissen, die Kontakte und das Standing seines Vorgängers Bach hat. Hörmann hat diese Defizite erkannt und sieht es als eine seiner wichtigsten Aufgaben an, sich im DOSB und darüber hinaus zu vernetzen.

„Man muss anpacken können, Einsatzbereitschaft zeigen, zuverlässig und bodenständig sein – das sind alles Allgäuer Tugenden“, sagt Hörmann. Er wird wissen, dass das allein nicht ausreicht.

Ähnliches wie im Dezember 2007 sollte ihm als DOSB-Boss nicht passieren. Damals wäre die sportpolitische Laufbahn Hörmanns beinahe mit einem Schlag beendet gewesen. Der DSV stand unter seiner Führung plötzlich am Rande des Ruins, als der Privatsender RTL nach zähen Verhandlungen aus dem TV-Vertrag ausstieg, der dem Verband märchenhaften Reichtum beschert hatte – 15 Millionen Euro im Jahr. Nicht wenige warfen Hörmann damals das arrogante Gehabe eines zu selbstsicheren Pokerspielers vor. Unter anderem Skisprung-Olympiasieger Dieter Thomas forderte seinen Rücktritt. Hörmann blieb und kam mit einem blauen Auge davon. (sid)