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Den Stadtplan selbst gemacht

Ingrid Zobelt hat in Eigeninitiative eine topaktuelle Orientierungshilfe für Touristen herausgebracht. Manche Stellen ordern schon nach.

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© Norbert Millauer

Von Ulrike Keller

Radebeul. Ein Stadtplan ist für Ingrid Zobelt nicht einfach ein Stadtplan. „Ich bin Kartenfan, und ich bin Radebeulfan“, sprudelt es aus der Touristikfachfrau. „Ich möchte Radebeul auf die beste und damit auf diese Weise repräsentieren.“ Dabei entfaltet sie das Ergebnis eines Herzensprojekts, dem sie viereinhalb Jahre Entstehungszeit gewidmet hat. Einen nigelnagelneuen Radebeuler Stadtplan. Gezielt auf Fremde ohne Ortskenntnis zugeschnitten, sehr übersichtlich gestaltet und in Sachen Schriftgröße selbst im Dusteren noch gut lesbar.

Seit Mai ist er auf dem Markt und an 26 Stellen Radebeuls erhältlich, an denen für Touristen kaum ein Vorbeikommen ist. Es handelt sich um Hotels, Cafés, Gaststätten, Läden, Bäckereien, Banken, Museen und Kirchen. Auch bei der Radebeuler Tourist-Info liegt Ingrid Zobelts „Baby“ mit aus. Neben zwei anderen Stadtplänen, die schon länger im Angebot sind. „Am Ende entscheidet immer der Gast, was ihm zusagt“, erklärt Mitarbeiterin Antje Lantsch.

Denn die drei unterscheiden sich durchaus. Jener von der Stadt ist der, der an Haltestellen und Wegweisern aushängt. Er entsteht in Zusammenarbeit mit der Firma Sachsen Kartographie und erscheint in jährlicher Aktualisierung. Eine Besonderheit ist sein komplettes Straßenverzeichnis. Er enthält einige Infos zu wichtigen Sehenswürdigkeiten. Ihn gibt es kostenfrei. Der zweite etablierte Plan stammt vom Städte-Verlag aus Fellbach. Er ist deutlich größer und für 3,50 Euro zu haben.

Genau dazwischen liegt nun der Stadtplan von Ingrid Zobelt. „Er verzichtet auf ein Straßenverzeichnis, enthält aber mehr Textpassagen und Erklärungen zu Sehenswürdigkeiten und auch mehr Bilder“, vergleicht die Mitarbeiterin der Tourist-Info. „Er ist eigentlich ein bisschen mehr als ein Stadtplan.“ Ingrid Zobelt hat sich beim Ausschnitt auch nicht streng an die Radebeuler Ortsgrenzen gehalten, sondern zum Beispiel eine Gaststätte am Rande Coswigs und Boxdorfs mit ausgewiesen. Ihr Gedanke: „Wenn Touristen eine Radtour machen und Hunger bekommen, sollen sie wissen, wo sie auch dort anhalten können.“

Ingrid Zobelt gibt ihre Karte gegen eine Schutzgebühr von einem Euro ab. „Das hilft, die roten Zahlen abzutragen“, verrät sie. Denn zuerst einmal hat sie zugeschustert bei dem Projekt. Hätte sie es über einen Verlag realisiert, hätte die Karte 4,90 Euro kosten müssen, erzählt sie. Undenkbar. Also suchte sie nach Unterstützern. Touristische Radebeuler Unternehmen von der Apotheke bis zur Autovermietung, die einen kleinen Obolus beisteuerten. Es sind die Unternehmen, die auch auf dem Plan markiert sind und nun als erste Vertriebsstellen die Karte an Gäste weitergeben. Das Netz ist noch im Wachstum begriffen.

„Das muss ein Profi machen“

Die Idee zu einem Radebeuler Stadtplan schlummert schon seit vielen Jahren in Ingrid Zobelt. „Wenn ich draußen unterwegs bin, werde ich oft von Touristen angesprochen“, erzählt sie. „Und ich habe immer überlegt, was ich ihnen mit an die Hand geben könnte, womit ich persönlich gut klar käme.“ Denn Dutzende Karten hat sie selbst schon auf Reisen studiert und mit der Zeit eine sehr konkrete Vorstellung davon entwickelt, was ein Vorzeige-Exemplar ausmacht. Als sie dann einmal mit Freunden beim Wein zusammensaß, verkündete sie übermütig: „Wenn ich in Rente bin, mache ich meine eigene Karte.“

Nebenbei fing die damalige Endfünfzigerin schon mal mit der Recherche an und steckte schnell mittendrin im Projekt. Denn am Anfang standen knifflige Fragen: Woher bekommt sie Daten, auf denen sie die Karte aufbauen kann? Zunächst versuchte sie sich daran, selbst eine am Computer nachzuzeichnen. Das Vorhaben gab sie schnell auf. Binnen weniger Wochen wusste sie: „Das muss ein Profi machen.“

Ingrid Zobelt vertiefte sich ins Redaktionelle und Organisatorische. Von allen Spielplätzen etwa machte sie sich selbst ein Bild, bevor sie diese in die Karte aufnahm. Alle Fotos schoss sie selbst. Das Titelblatt ließ sie malerisch von Dorothee Kuhbandner in Szene setzen: die Steillagen Radebeuls mit strahlender Sonne und markantem Indianerkopf. Vorn ein Foto wollte Ingrid Zobelt auf gar keinen Fall. „Wir haben so viele Künstler in der Stadt“, so die Touristikerin. Das musste sich auch auf dem Plan widerspiegeln. Selbst zum Andruck der Karte stand sie mit an der Maschine. Quasi zum Geburtstermin.

Schönste Bestätigung nun für ihre Arbeit: Sie trifft schon Leute mit der Karte in der Hand. Und manche Straußwirtschaften ordern bereits nach, erzählt sie. Auch Antje Lantsch von der Radebeuler Tourist-Info zieht den Hut: „Es ist aller Ehren wert, dass sich jemand so engagiert.“

Wer eine weitere Vertriebsstelle für den Stadtplan werden möchte, erreicht Ingrid Zobelt unter 0351 8314644 und [email protected]