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Der Bergtester

Wanderpapst Manuel Andrack ist wieder in der Sächsischen Schweiz unterwegs – diesmal nur auf legalen Wegen.

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© Marko Förster

Von Dirk Schulze

Wehlen. Am Fuße des Byrrhus-Felsens, der an den Wehlener Insektenforscher Friedrich Märkel erinnert, stehen die Wanderer am Scheideweg: Wollen sie weiter auf dem bequemen Malerweg entlangspazieren oder in den Teufelsgrund abbiegen. „Da wird’s ein bisschen anspruchsvoller“, kündigt Tourenguide Arndt Noack von IG Stiegen- und Wanderfreunde an. Fragende Blicke in der Runde. „Da muss man mal die Beine heben und den Kopf mal einziehen.“ Aber keine Angst, nichts Gefährliches. „Dafür sind wir hergekommen“, sagt eine Wanderin aus Potsdam. Also ab in den Teufelsgrund.

Das ist sie, die Abenteuerschleife, die Manuel Andrack knapp zwanzig Minuten zuvor beim Start der Tour an der Wehlener Kirche angekündigt hat. Dort hat der Wanderpapst seine Gäste in Empfang genommen. Sie haben die Tour mit dem Promi, der früher an der Seite von Harald Schmidt allabendlich über den Fernsehbildschirm flimmerte, in einem Preisausschreiben der Firma Rotkäppchen gewonnen – der Käse, nicht der Sekt. Sie sind extra dafür in die Sächsische Schweiz gereist, teils aus dem 500 Kilometer entfernten Heilbronn.

Kurze Zeit später steht die 20-köpfige Gruppe am Eingang zu den Teufelsschlüchten und weiß, was mit „Kopf einziehen“ gemeint war. Die Felsspalten sind so eng, dass man nur gebückt hindurchpasst. „Wer kleinwüchsig ist, hat hier Vorteile“, sagt Andrack. Einer nach dem anderen zwängt sich hindurch. Wer sich traut, klettert weiter oben noch durch eine kleine, stockdunkle Höhle. Oben angekommen, wird kurz verschnauft, dann geht es über feuchte Stufen zurück zum Ausgangspunkt. „Wunderbar“, sagt die Wanderin aus Potsdam.

Die Abenteuerschleife durch die Teufelsschlüchte ist ein offiziell ausgeschilderter Pfad. Doch die IG Stiegen- und Wanderfreunde mit der Manuel Andrack und seine Gäste heute das Elbsandsteingebirge erkunden, wollen mehr. Der lose Zusammenschluss hat es sich zum Ziel gesetzt, alle historischen Wege in der Sächsischen Schweiz wieder begehbar machen – auch die in der Kernzone des Nationalparks, die für Besucher gesperrt sind.

Für sein neues Buch „Schritt für Schritt“ war Manuel Andrack mit Stiegenfreund Arndt Noack unter anderem auf solchen nichtlegalen Pfaden unterwegs. Auf einem verbotenen Weg hinauf zum Papststein sei er sich vorgekommen wie Indiana Jones bei der Entdeckung eines verschollenen Mayatempels, schreibt Andrack. „Schlingpflanzen links und rechts des Pfades, hohe Farne am Wegesrand und vermooste Stufen.“ Ein Auszug des Buches erschien Mitte Juni auch im Magazin der Sächsischen Zeitung.

Die Nationalparkverwaltung ist von Andracks unerlaubten Extratouren alles andere als begeistert. Das heute gültige Wegenetz in der Kernzone sei ein Interessenausgleich zwischen Naturschutz- und touristischen Belangen, sagt Nationalparkchef Dietrich Butter. Nach dem Wegestreit in den Neunziger Jahren sei das Wegekonzept in einer noch heute bestehenden Arbeitsgruppe festgelegt worden – im Konsens mit den Wander- und Bergsportverbänden. Das Konzept bestehe nunmehr seit 15 Jahren.

Manuel Andrack kennt die Position des Nationalparks. Er habe nicht dazu aufgerufen, die verbotenen Wege zu gehen, sagt er bei seiner Tour am Sonntag. Und auch extra erwähnt, was nicht erlaubt ist. In den fortwährenden Clinch der Stiegenfreunde mit der Parkverwaltung wolle er sich auch gar nicht einmischen. Von außen betrachtet, finde er zuallererst die Konstellation spannend: „Es ist für Deutschland ungewöhnlich, dass eine kleine anarchische Wandergruppe da andere Vorstellungen hat.“ Mit der Mitgliedsnummer 99 ist Andrack mittlerweile Ehrenmitglied bei den Stiegenfreunden. Die 100 hat sich Kartograph Rolf Böhm gesichert.

Andrack ist fasziniert von der Sächsischen Schweiz, ihrer Landschaft und der Geschichte. Der hauptberufliche Wanderexperte – auf seiner Visitenkarte steht „Moderator, Autor, Wanderer“ – bezeichnet sie sogar als seine Lieblingsregion. Das nächste Mal kommt er im Herbst mit dem Hauptgewinner der Verlosungsaktion. Die Tour führt dann um Bad Schandau – selbstverständlich nur auf erlaubten Wegen.